Forum PolitikLabor: Das bedeutet eine Reform für die Praxis

Die Fehlverteilung der Laborkosten zwischen Hausärzten und Fachärzten sorgt seit Jahren für scharfe ­Debatten. Doch welche Auswirkungen ergeben sich bei der bevorstehenden ­Reform überhaupt in der Hausarztpraxis?

Die Vergütung von Laborleistungen aus der gedeckelten Gesamtvergütung ist ein Problem, seit es eine Gebührenordnung für vertragsärztliche Leistungen, den EBM, gibt. Der Grund: Laborleistungen sind in erster Linie ein Kostenfaktor, der sich nur schwer quotieren lässt. Sie erzeugen so „chronisch“ ­eine Mengenentwicklung, die zu Lasten des Honorars für die übrigen vertragsärztlichen Leistungen geht. Alle bisherigen Versuche, dieser ­Entwicklung Einhalt zu gebieten, haben nur ­kurzfristig gewirkt.

Aktuell ist es wieder einmal so weit: Eine neue Reform soll helfen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat ­dafür einen Vorschlag vorgelegt. Noch ist dieser keine Realität – zum 1. April 2018 soll sie kommen, wie die KBV nach Redaktionsschluss für die Printausgabe bestätigte. Die Eckpunkte und ihre Folgen für die Praxis zeichnen sich ab. Fest steht dabei: Es ist fraglich, ob die Reform in der geplanten Ausgestaltung den Durchbruch bringt. Doch sie kann ein erster Schritt sein, hausärztliches Honorar vor dem „Laborzugriff“ zu schützen.

1999 war es die Einführung eines Wirtschaftlichkeitsbonus, der als eine Art Anreiz die Mengenentwicklung im Labor bremsen sollte. Das hat vorübergehend geklappt. Seit das Labor aber – wenn auch mit einer Quotenbegrenzung – in Euro vergütet wird und die Laborleistungen aus einem sogenannten Grundbetrag vor Trennung der Gesamtvergütung in den hausärztlichen und fachärztlichen Honoraranteil bezahlt werden, sind wieder alle Dämme gerissen. Daraus resultiert ein neues Problem: Obgleich der ­größte Teil des Laborgeldes in den fachärztlichen Honoraranteil fließt, sind die Hausärzte entsprechend dem Trennungsfaktor an dem Defizit beteiligt, das Quartal für Quartal im „Labortopf“ entsteht.

Auf diesem Weg fließt kontinuierlich Geld der Hausärzte in eine nicht ­gewünschte Richtung. Entscheidend für die „optische Ausgestaltung“ vor Ort ist, wie der Labortopf gefüllt wird: Einige KVen füllen den Laborgrundbetrag etwas großzügiger auf, dort entsteht kaum oder kein nachschusspflichtiger Unterschuss. Andere KVen machen das ­etwas knapper, was dann etwa in Nordrhein zu einem haus-/fachärztlichen ­Honorartransfer in siebenstelliger Höhe pro Quartal führt. Das Ergebnis ist in beiden Fällen gleich – beim letztgenannten Modell ist das lediglich transparenter. Die Reformschritte werden sich daher in allen KVen gleich auswirken.

Das Fundament für die angestrebte ­Reform bilden zwei Säulen, eine Neuordnung des Wirtschaftlichkeitsbonus und eine veränderte Vorgabe zum Ausgleich von Unterdeckungen im Grundbetrag Labor. Dabei muss die Mindestquote von 89 Prozent eingehalten werden. Im Falle einer weiteren Mengen­ausweitung muss der darüber hinaus gehende Leistungsbedarf mit 35 Prozent vergütet werden. Im Folgenden werden die Auswirkungen in der Hausarztpraxis erläutert – unter der Annahme, dass die Reform, wie im KBV-Kompromiss angelegt, kommt.

Reform des Wirtschaftlichkeitsbonus

Eine Arbeitsgruppe der KBV hat sich ­intensiv mit dem Thema beschäftigt. Dabei fiel bei der Auswertung von Daten aus der KV Hessen zur Wirkung des Wirtschaftlichkeitsbonus auf, dass sich dort die Auszahlung nicht homogen verteilt. Viele Praxen bekommen entweder 100 Prozent oder null Prozent des Wirtschaftlichkeitsbonus ­ausgeschüttet. Eine neue Mechanik soll deshalb eine homogenere Auszahlung und eine stärkere Wirkung des Wirtschaftlichkeitsbonus erzielen.

Die Budgets nach den Abschnitten 32.2 und 32.3 fallen künftig weg und Ziffernkränze ersetzen die Kennnummern, die zu einer Befreiung von diesem Budget geführt haben. Es gibt keine Saldierung mehr mit dem Laborbudget. Stattdessen wird ein arztindividueller (Labor-)Fallwert ermittelt und ein Wirtschaftlichkeitsfaktor durch den Bezug auf die Fallwerte der Arztgruppe festgelegt, der die Höhe des ausgezahlten Wirtschaftlichkeitsbonus bestimmt:

  • Unter dem Eckwert (25. Perzentil) wird der Bonus voll ausgezahlt,

  • über dem Eckwert (75. Perzentil) ­erfolgt keine Zahlung und

  • im Bereich dazwischen wird anteilig gezahlt (s. Abb).

Die arztgruppenspezifischen ­Eckwerte werden einmalig anhand der Abrechnungsdaten von 2015 neu festgelegt.

Mit der Neugestaltung des Wirtschaftlichkeitsbonus wächst für den hausärztlichen Bereich der Anreiz, hier ein Zusatzhonorar zu generieren. Die im ­Beispiel erwähnten 13.000 Punkte würden beim Punktwert von 2018 zu ­einem Honorar von 1.385 Euro führen. 75 Prozent wären noch ­immer 1.038,80 Euro. Inwieweit der Wegfall der budget­befreienden Indikationen sich hier negativ auswirkt, bleibt abzuwarten. Der Ziffernkranz, also die Liste von Labor-Abrechnungsleistungen, die sich künftig nicht auf den Wirtschaftlichkeitsbonus auswirken, ist bisher noch nicht veröffentlicht. In jedem Fall sollten Hausärzte prüfen, ob eine Laborleistung tatsächlich indiziert ist. Denn da keine wesentlichen Honoraranteile aus dem Labor generiert werden (können), kann man das individuelle Honorarvolumen über den Wirtschaftlichkeitsbonus bei weniger Laborleistungen erhöhen.

Neuordnung des Grundbetrags

Die Neuordnung des Wirtschaftlichkeitsbonus soll den Abfluss aus dem Labortopf bremsen. Eine weitere Maßnahme regelt den Ausgleich eines trotzdem noch vorhandenen Defizits im Laborgrundbetrag. Eine Unterdeckung dort wird künftig nicht mehr orientiert am Honoraranteil der Hausärzte und Fachärzte an der Gesamtvergütung (MGV) ausgeglichen, sondern nach dem Verursacherprinzip.

Eigenerbrachte oder per Überweisung veranlasste Laborleistungen der Abschnitte 32.2 und 32.3 des EBM werden künftig entsprechend der Zuordnung des erbringenden Arztes dem hausärztlichen oder fachärztlichen Grundbetrag zugeordnet. Laborgrundpauschalen (Nrn. 12210 und 12220 EBM) werden dem fachärztlichen Grundbetrag, Laborleistungen im organisierten Not(-fall)dienst dem Grundbetrag ärztlicher Bereitschaftsdienst zugeordnet.

Einschätzung des Autors

Diese Regelung ist das „heiße Eisen“ der Reform. Da die ­veranlasserbezogene ­Zuordnung einer Unterdeckung des Laborgrundbetrags sich nicht auf den einzelnen Arzt, sondern die jeweilige Versorgungsebene der Haus- und Fachärzte bezieht, ist solidarisches Handeln gefragt. Nur wenn jeder einzelne Hausarzt weiter nach den üblichen Kriterien sorgfältig abwägt, ob die von ihm vorgesehene Laborleistung angezeigt ist, kann sich diese Regelung honorarfördernd für alle auswirken. Je niedriger der hausärztliche Anteil am Laborhonorar ist, desto weniger muss bei einer Unterdeckung im Laborgrundbetrag aus dem hausärztlichen Honoraranteil ausgeglichen werden. Das wirkt sich dann positiv auf den hausärztlichen Punktwert und das Honorar des einzelnen Hausarztes aus.

Das Problem, das sich hier jedoch aufbauen wird: Fachärzte, die nach dem gleichen Grundsatz von dieser ­Regelung profitieren, könnten vermehrt versuchen, Leistungen auf den Hausarzt zu verlagern. Hier müssen wir konsequent sein! Wenn der Radiologe künftig Kreatinin und TSH vor einer Kontrastmitteluntersuchung anfordert, sollte man ihn darauf hinweisen, dass dies Bestandteil seines und nicht unseres Honorars ist. Ausnahmen sind Überweisungen nach Muster 10.

Ein wichtiger erster Schritt

Der Deutsche Hausärzteverband begrüßt, dass die Zeichen nach jahrelangen Diskussionen um die Laborvergütung nun auf Reform stehen. In den vergangenen Jahren haben die Hausärzte ­Millionen Euro draufgezahlt, um Leistungen zu finanzieren, die eindeutig zur fachärztlichen Versorgung gehören. Die Reform ist ein erster Schritt, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen. Zeitnah ist dann ein neues, tragfähiges System gefragt – das hat auch die KBV betont.

Fazit

  • Laborleistungen sind ein nur schwer zu quotierender Kostenfaktor – seit Jahren wird daher über eine Reform der Vergütung diskutiert.

  • Ein von der KBV eingebrachter Kompromiss fußt auf zwei Säulen: einer Neuordnung des Wirtschaftlichkeitsbonus und einer veränderten Vorgabe zum Ausgleich von Unterdeckungen im Grundbetrag Labor.

  • Für den Hausärzteverband ist die ­Reform, die zum 1. April 2018 in Kraft treten soll (Stand Redaktionsschluss), ein erster Schritt. Dass die Selbstverwaltung nach jahrelangem Druck der Hausärzte eine Reform verabschiedet hat, ist zu begrüßen – nun gilt es die Vergütung langfristig neu zu ordnen.

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