Gütersloh. Nach Jahren mit Milliarden-Überschüssen drohen den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) einer Prognose zufolge in einigen Jahren wieder Defizite. Im Jahr 2040 werde sich das Minus auf fast 50 Milliarden Euro belaufen, wenn die Politik nicht frühzeitig gegensteuere, heißt es in einer am Mittwoch (9.10.) veröffentlichten Berechnung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.
Der Beitragssatz müsste demnach von derzeit 14,6 Prozent bis zum Jahr 2040 schrittweise auf 16,9 Prozent erhöht werden, um erwartete Ausgabensteigerungen zu decken.
Schere öffnet sich ab Mitte der 2020er Jahre
Es zeichne sich ab, dass sich spätestens ab etwa 2026 die Schere zwischen Gesundheitsausgaben und Beitragseinnahmen “wieder in Richtung Defizit” öffnen werde. Ein wesentlicher Treiber sei die demografische Entwicklung – mit einem steigenden Anteil älterer Menschen, die eher Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, wie die Autoren vom Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) schreiben. Vor allem aber sinke mit dem Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter deren Beitrag zu den GKV-Einnahmen.
Auf wichtige Einflussfaktoren für die Finanzsituation der GKV – Entwicklung der Beschäftigung und der Einkommen oder die Preisentwicklung im Gesundheitswesen – habe die Politik keinen direkten Einfluss, sagte Stiftungsexperte Stefan Etgeton. Es gebe aber wirkungsvolle politische Instrumente, um einem Defizit entgegenzuwirken: So könnten etwa Überkapazitäten im Klinikbereich abgebaut werden, um Kosten zu sparen.
Stiftung fordert höheren Bundeszuschuss
Der Bundeszuschuss für die GKV aus Steuermitteln von aktuell jährlich 14,5 Milliarden Euro solle stufenweise steigen, empfiehlt die Stiftung. Wolle man den allgemeinen Beitragssatz (ohne Zusatzbeitrag) stabil auf rund 15 Prozent halten, müsse der Zuschuss ab 2028 alle zwei Jahre erhöht werden – dieser würde dann 2040 rund 70 Milliarden Euro betragen, kalkuliert die Studie.
Derzeit liegt der Beitragssatz bei 14,6 Prozent. Die Kassen können zudem individuell einen Zusatzbeitrag festlegen. Für 2018 hatte das Bundesgesundheitsministerium für die gesetzlichen Krankenkassen einen Überschuss von zwei Milliarden Euro gemeldet, 2017 waren es drei Milliarden gewesen.
Ende 2018 betrugen die Rücklagen der Kassen 21 Milliarden Euro. Der GKV-Spitzenverband erwartete zuletzt trotz schwächerer Konjunkturaussichten vorerst weiter robuste Einnahmen, warnte im Sommer aber auch vor deutlichen Ausgabenrisiken.
Quelle: dpa