Berlin. Wenn das Masernschutzgesetz zum 1. März eine Impfpflicht unter anderem für medizinisches Personal bringt, bedeutet das für Hausärzte zunächst ein Mehr an Bürokratie. Denn: Die Abrechnung beruflich indizierter Impfungen und dabei vor allem die zweite Masern-Impfung sind noch nicht (bundesweit) geregelt.
Zur Erinnerung: Zum 1. März tritt das Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention – kurz Masernschutzgesetz – in Kraft. Demnach müssen Kinder und Personal in Kitas und Schulen, Bewohner und Angestellte in Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünften sowie Mitarbeiter in medizinischen Einrichtungen wie Arztpraxen, ambulanten Pflegediensten, Alten-/Pflegeheimen oder Krankenhäusern nachweisen, dass sie über einen ausreichenden Impfschutz verfügen. Wichtig: Die Impfpflicht gilt nur für Personen, die nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind.
Unabhängig davon hat die Ständige Impfkommission (STIKO) Anfang des Jahres ihre Empfehlung für die beruflich indizierte Masern-Impfung angepasst:
Abrechnung hinkt hinterher
Doch: In der Umsetzung kommen damit neue Stolpersteine. Diese sind in zwei administrativen Vorgängen begründet:
- Der Leistungsanspruch gesetzlich Versicherter wurde mit dem Terminservice- und Versorgungsstärkungsgesetz (TSVG) zwar gestärkt, die regionalen Impfvereinbarungen sind jedoch noch nicht angepasst. Das zeigte jüngst eine Umfrage von “Der Hausarzt” unter den 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). Damit sind – ganz generell – berufsbedingte Impfungen (Impfvergütung und Impfstoff) in weiten Teilen der Republik dem Patienten privat in Rechnung zu stellen; dieser kann sich die Kosten bei seiner Krankenkasse oder seinem Arbeitgeber erstatten lassen.
- Darüber hinaus hat die STIKO – im speziellen Fall der beruflich indizierten Masern-Impfung – jüngst ihre Impfempfehlung angepasst (Epidemiologisches Bulletin 2/2020): Bei beruflicher Indikation – also auch für medizinisches Personal – sind demnach künftig zwei statt einer Impfdosis vorgesehen (s. Kasten oben). Aber: Da die zweite Masernimpfung noch nicht in die Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aufgenommen wurde, liegt es noch im Ermessen der jeweiligen Krankenkasse, die Kosten ebenfalls im Rahmen einer Kostenerstattung zu übernehmen.
Eine entsprechende Anpassung der Schutzimpfungsrichtlinie ist jüngsten Angaben zufolge frühestens Anfang März vorgesehen (s. Update 5.3., Kasten oben).
Empfehlung für Ärzte: Vorgehen bei Impfungen
Ärzten empfehlen jene KVen, in denen die Verhandlungen zu den regionalen Impfvereinbarungen noch laufen (Übersicht), übergangsweise folgendes Vorgehen:
- Hausärzte erbringen berufsbedingte Impfungen als private Leistungen und stellen eine Rechnung nach GOÄ gegenüber dem Patienten.
- Auch der Impfstoff ist in diesem Fall privat zu verordnen.
- Mit dieser Rechnung kann der Patient dann zu seiner Kasse gehen, um eine Kostenerstattung nach Paragraf 13 SGB V zu erbitten, idealerweise mit Bezug auf das TSVG. “Der Hausarzt” stellt dazu eine Vorlage bereit.
Impfpflicht in der Praxis
Was bedeutet die Impfpflicht nun für die Praxis? Unabhängig davon, ob ein direkter Patientenkontakt besteht oder nicht, muss auch das eigene Praxispersonal einen vollständigen Impfschutz nach den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beziehungsweise eine Immunität gegen Masern nachweisen – also etwa auch Medizinische Fachangestellte (MFA), die lediglich im “Back Office” tätig sind.
Praxispersonal, das ab dem 1. März eingestellt wird, muss den Nachweis beispielsweise durch den Impfausweis oder ein ärztliches Attest direkt erbringen. Für Mitarbeitende, die bereits länger beschäftigt sind, endet die Frist, innerhalb der der Nachweis erbracht beziehungsweise die Impfung durchgeführt werden muss, am 31. Juli 2021. Diese Übergangsregelung gilt auch für andere betroffene Berufsgruppen sowie für Kinder, die bereits in eine Kita und Schulen gehen.
Titer-Bestimmung ist keine Kassenleistung
Bei Unklarheiten über den Impfstatus kann eine Titer-Bestimmung Auskunft liefern. In diesem Zusammenhang ist die Bestimmung des Impftiters für Masern allerdings keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung und muss vom Patienten privat bezahlt werden.
Neben dem Gesundheitsamt kann jeder Arzt – also nicht nur der die Impfung durchführende Arzt – Schutzimpfungen in einen Impfausweis nachtragen oder eine Impfbescheinigung ausstellen (siehe Abbildung). Voraussetzung ist, dass der Patient die Impfung nachweist. Darüber hinaus ist in der Impfdokumentation wie bisher verpflichtend über notwendige Folge- und Auffrischimpfungen mit Terminvorschlägen zu informieren, sodass der Versicherte diese rechtzeitig wahrnehmen kann.
Da es in Deutschland derzeit keinen zugelassenen monovalenten Masernimpfstoff gibt, kann gemäß einer STIKO-Empfehlung vorzugsweise ein Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln (MMR) verwendet werden.