Forum PolitikKBV fördert Erosion des Fachs Allgemeinmedizin

Mit geriatrischen Schwerpunktpraxen will die KBV die Versorgung älterer Patienten umkrempeln. Hausärzte sehen das kritisch, denn: Über die Jahre zieht die Körperschaft so immer mehr Kompetenzen aus den Hausarztpraxen ab. Fehlt der hausärztliche Überblick, schadet dies letztlich den Patienten.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat kürzlich einen „Entwurf für eine Vereinbarung zur spezifischen geriatrischen Versorgung“ als Anlage zum Bundesmantelvertrag vorgelegt. Nach Auffassung der KBV nimmt in einer älter werdenden Gesellschaft die Versorgung multimorbider Patienten an Bedeutung stetig zu. Insbesondere geriatrische Patienten würden dabei oft aufgrund altersbedingter oder multikausal bedingter Symptome und Syndrome sowie mehrdimensionaler Behandlungsansätze eine besondere diagnostische und therapeutische Herausforderung darstellen. Eine bedarfsgerechte, wohnortnahe geriatrische Versorgung erfordert eine berufsgruppenübergreifende Kooperation zwischen Ärzten, MFA, geriatrisch-spezialisierten Therapeutenteams und Pflegekräften.

Dies will die KBV mit der Vereinbarung ergänzend zur bestehenden Regelversorgung und unter Berücksichtigung regionaler Versorgungskonzepte erreichen. Geht es nach der KBV, soll der behandelnde Hausarzt künftig die Notwendigkeit einer spezifischen geriatrischen Versorgung feststellen und den Patienten für eine temporäre Mitbehandlung (Diagnostik und ggf. zeitlich befristete geriatrische Therapie) an einen an der Vereinbarung teilnehmenden Arzt in einer geriatrischen Schwerpunktpraxis überweisen. Diese soll eine spezifische geriatrische Diagnostik anhand eines geriatrischen Assessments durchführen und den Therapiebedarf feststellen.

Vertragsarzte, die eine solche geriatrische Schwerpunktpraxis führen wollen, müssen

  • entweder die Berechtigung zum Führen einer Facharztbezeichnung im Gebiet "Innere Medizin" mit der Schwerpunktbezeichnung "Geriatrie" oder die Berechtigung zum Führen der Zusatzbezeichnung "Geriatrie" besitzen oder

  • für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren die Facharztbezeichnung als Facharzt fur Allgemeinmedizin, als Facharzt fur Innere Medizin oder als Facharzt fur physikalische und rehabilitative Medizin erworben, fünf Jahre Berufserfahrung in der Niederlassung haben und den Nachweis der persönlichen und sachlichen Anforderungen und die Bereitschaft zur Erfüllung umfangreicher Aufgaben gewährleisten, die im Abschnitt IV der Vereinbarung naher definiert sind.

Es gibt auch Übergangsbestimmungen, die allerdings wie der beschriebene Zugang selbst so hohe Anforderungen stellen, dass es für einen bereits praktizierenden Hausarzt unmöglich ist, diese Berechtigungen berufsbegleitend zu erwerben, ohne seine hausärztliche Tätigkeit zu gefährden.

Bestrebungen sind nicht neu

So gesehen ist dieser Versuch, die Geriatrie aus dem Weiterbildungsinhalt des Fachs Allgemeinmedizin abzuspalten, ein recht subtiler Weg, einen Facharzt für Geriatrie durch die Hintertür zu erzeugen. Diese Tendenz ist allerdings nicht neu, seit Jahren versucht die KBV, die Erosion des Faches Allgemeinmedizin kontinuierlich voranzutreiben. Beispiele, die diesen systematischen Entzug allgemeinärztlicher Leistungen im EBM durch die KBV belegen, sind vielfältig:

  • Begonnen hat es mit den gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen. So können Hausärzte die Nr. 01730 EBM (Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen bei der Frau) nur dann berechnen, wenn sie nachweisen, dass sie diese Leistung bereits vor dem 31. Dezember 2002 abgerechnet haben oder über eine mindestens einjährige gynäkologische Weiterbildung verfügen.

  • Ähnliche Tendenzen gibt es bei den Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern (insbesondere U3 bis U9). Dort haben Regional-KVen auf Drängen des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte die Abrechnungsfähigkeit für Hausärzte eingeschränkt. Bei den neuen, bisher nur über Selektivverträge berechnungsfähigen Untersuchungen U10 und U11 wurde von Anfang an, hier allerdings von den vertragschließenden Kassen, Allgemeinärzten der Zugang verweigert.

Setzt sich diese Entwicklung fort, wird es in der hausärztlichen Versorgung zu einer Art Zweiklassen-Leistungsrecht kommen: Über Abrechnungsbeschränkungen wandern dann schrittweise hausärztliche Leistungen zu Spezialisten ab, für Hausärzte bleibt dann die zeitaufwändige Basisarbeit übrig. Ob diese Entwicklung förderlich ist, um den immer weiter steigenden Bedarf an Hausärzten künftig zu decken, müssten sich die KBV-Oberen langsam einmal ernsthaft fragen!

Lesen Sie dazu auch: Bittersüßer KBV-Vorschlag für ältere Patienten

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