DigitalisierungRütteln an der Rolle des Hausarztes?

Auf ihrem Hausärztetag haben Mitglieder des Hausärzteverbands Rheinland-Pfalz die Folgen der Digitalisierung diskutiert. Gemeinsam mit Kassenvertretern und Gesundheitspolitikern haben sie wichtigen Konsens gefunden - während einer gemeinsamen "Kanutour".

Das Tablet in der Hausarztpraxis: Wie verändert die Digitalisierung das traditionelle Rollenverständnis von Arzt und Patient?

Mainz. Die Kanutour auf dem Gewässer „Gesundheitswesen“ hat sich für Hausärzte deutlich verändert: Statt in ruhigem Gewässer paddele man aktuell in allerhand Stromschnellen, mit immer neuen Innovations-Paddeln, die einem zugeschmissen würden, neuen Mitfahrern in Form von digital vorgebildeten Patienten und nicht zuletzt einem Steuermann – Sinnbild für das gewohnte Rollenverständnis des Hausarztes –, auf den kein Verlass mehr sei. Mit diesem Bild hat Dr. Barbara Römer, neue Vorsitzende des Hausärzteverbands Rheinland-Pfalz, die anwesenden Hausärzte während des Hausärztetags in Mainz zur Diskussion über die Digitalisierung eingeladen. „Hausärzte fühlen sich angesichts der zunehmenden Digitalisierung nicht selten überfordert“, erklärte sie aus eigener Erfahrung. Ein Besucher pflichtete bei: „Wir haben Medizin studiert, nicht IT!“

Auf zwei Kernpunkte einigten sich Hausärzte, Gesundheitspolitiker und Kassenvertreter auf der von Römer angestoßenen “Kanutour” schnell.

Erstens: Strukturdefizite können durch Digitalisierung nicht gelöst werden. „Wenn ich einen schlechten Prozess habe und diesen digitalisiere, dann habe ich nicht mehr als einen schlechten digitalisierten Prozess“, brachte es Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, auf den Punkt. Noch vor der Digitalisierung müssten daher die entsprechenden Rahmenbedingungen – etwa durch eine flächendeckend gute Internetversorgung – stehen. Wichtig sei, wirkliche Erleichterung im Praxisalltag zu schaffen und keine Doppelstrukturen wie jüngt bei der E-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die als „doppelter Boden“ vorerst weiter ausgedruckt werden soll.

Digitalisierung kann den Arzt nicht ersetzen

Zweitens: Die Digitalisierung kann immer nur ergänzend, nie jedoch Arzt-ersetzend Versorgung leisten. Peter Andreas Staub, „Digitalisierungsbeauftragter“ der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Land, plädierte vor diesem Hintergrund für mehr „Selbstbewusstsein“ bei Hausärzten. Anstatt sich von der Digitalisierung ziellos treiben zu lassen, sollten sie sich daran erinnern, dass das Gespräch ihre Kernkompetenz sei. Zusätzlich, ergänzte Datenschützer Michael Heusel-Weiss, sei für Hausärzte künftig jedoch „Data Literacy“ nötig – also die Fähigkeit, mit Daten kompetent umzugehen.

Michael Hübner, Leiter der Landesvertretung DAK, pflichtete bei: „Künstliche Intelligenz kann Diagnosen möglicherweise gut erkennen, aber eben nicht vermitteln oder erklären.“ Ohnehin sollten sich Hausärzte aber, so Hübner, mit ihren Gedanken auf Apps und Telemedizin konzentrieren; Künstliche Intelligenz und Algorithmen seien eher in anderen Versorgungsbereichen zu beobachten. Seine Kassen-Kollegen warnte er davor, zu viel steuern zu wollen. „Sonst kommt schnell der Verdacht auf, dass wir nur sparen wollen.“

Telemedizin für flächendeckende Versorgung

Landesgesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) sieht die Telemedizin ergänzend zu bestehenden Strukturen. „Wir können hochspezialisierte Versorgung nicht an jedem Ort im Land sicherstellen“, sagte sie mit Blick auf die Schlaganfall-Versorgung. Deutlich machte sie aber: Digitalisierung bedeute nicht nur Patient und PC auf zwei gegenüberliegenden Seiten, sondern – wie bei der telemedizinischen Betreuung von Schlaganfall-Patienten – eine enge ärztliche Begleitung.

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