Einstimmig haben die Delegierten des Bayerischen Hausärzteverbandes auf dem Bayerischen Hausärztetag in Erlangen die Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung aufgefordert, „die essenziell notwendigen Rahmenbedingungen in den Praxen des hausärztlichen Versorgungsbereichs für den nächsten pandemischen Herbst rechtzeitig und nachhaltig zu schaffen“ und einen detaillierten 15-Punkte-Plan vorgelegt.
„Seit Beginn der Pandemie werden rund 90 Prozent der COVID-19-Erkrankungen im ambulanten und hier schwerpunktmäßig im hausärztlichen Bereich behandelt“, erklärt Dr. Markus Beier, Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes, und fordert „konsequenterweise Hausärztinnen und Hausärzte in alle Gremien der Pandemiesteuerung“ einzubinden.
Weitere wichtigen Themenfelder auf dem Bayerischen Hausärztetag, waren der drohende Ausverkauf der medizinischen Versorgung über investorengesteuerte Medizinische Versorgungszentren (MVZ) durch profitgetriebene Privat-Equity-Gesellschaften, der zunehmende Nachwuchsmangel bei jungen Hausärztinnen und Hausärzten sowie bei Medizinischen Fachangestellten und die vielen Pannen bei der Digitalisierung.
Weiterhin groß war der Unmut bei den bayerischen Hausärztinnen und Hausärzten über die fehlende Anerkennung für die Medizinischen Fachangestellten (MFA) seitens der Politik. Nachdem alle Forderungen nach einem staatlichen MFA-Coronabonus auf taube Ohren gestoßen sind, forderten Bayerns Hausärztinnen und Hausärzte, dass Boni, die sie aus eigener Tasche an ihre Praxisteams zahlen, steuerfrei bleiben. Dr. Beier: „Es kann doch nicht sein, dass der Staat, der den MFA die kalte Schulter zeigt, auch noch davon profitiert, wenn wir unsere hohe Wertschätzung für die MitarbeiterInnen in Form eines Bonus ausdrücken.“ Zumindest hier gibt es gute Nachrichten: Nur wenige Tage später beschloss der Bundestag, dass nun auch freiwillige Bonuszahlungen an MFA im Zusammenhang mit der Pandemie nun bis zu einem Betrag von 4.500 Euro steuerfrei sind.
Anders bei dem Thema Digitalisierung. Mit Empörung haben die Hausärztinnen und Hausärzte zur Kenntnis genommen, dass das eRezept jetzt ab 1. September 2022 in Bayern und Schleswig-Holstein trotz aller Softwareprobleme zwangseingeführt wird. „Die Ankündigung der verantwortlichen Gematik, vor dem Roll-Out-Start 30.000 Test-Rezepte auszustellen, erfüllt in keinster Weise die Anforderungen einer seriösen Prüfung unter Volllast, nachdem in den deutschen Praxen pro Tag rund zwei Millionen Rezepte ausgestellt werden. Auch mit Blick auf den zu erwartenden Pandemie-Herbst, der die Praxen wieder an die Belastungsgrenzen bringen wird, ist das für uns eine Katastrophe“, so Dr. Beier. Wir sind für die Digitalisierung, wenn sie unseren Patienten und unseren Hausarztpraxen einen Mehrwert bietet. Wir verlangen aber, dass wir nicht als Betatester von der Industrie missbraucht werden“, sagt Dr. Beier.
Auf der Mitgliederversammlung am Samstag hatte sich Bayerns Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, den Fragen und Meinungen der bayerischen Hausärztinnen und Hausärzte gestellt. Ein weiterer Kritikpunkt war dabei das Impfen in den Apotheken, dass nach wie vor zu erheblichem Unmut unter den Ärztinnen und Ärzten führt. Er glaube, so der Minister auf Nachfrage, dass das Impfen in Apotheken in Zukunft nicht der Regelfall sein sollte. red