Forum PolitikGOÄ: Neujustierung statt Neustart

Bereits auf dem Außerordentlichen Ärztetag im Januar und dem Ärztetag im Mai beschäftigte die Neufassung der GOÄ die Ärzte. Was hat sich seitdem getan? Eine Standortbestimmung ein halbes Jahr später.

Schon sehr schnell nach dem Ärztetag in Hamburg hat die Bundesärztekammer (BÄK) Anhörungen zur GOÄ-Novelle mit den Berufsverbänden und Fachgesellschaften angesetzt, darunter auch der Deutsche Hausärzteverband. Ziel ist es, so zu jedem GOÄ-Kapitel einen Konsens herzustellen. Nach dieser Diskussionsphase werden dann die Änderungen an die PKV übermittelt, die ihrerseits die Änderungen in einem Ampelschema klassifiziert. Als rot und gelb eingestufte Gebührenordnungspositionen (GOP) sollen anschließend unter Moderation der BÄK in dreiseitigen Gesprächen zwischen betroffenem Verband und PKV diskutiert werden. Diese Ergebnisse werden dann die Grundlage für die Bewertung der Leistungen sein.

Am Ende dieses Verhandlungsmarathons soll im nächsten Jahr noch vor dem Deutschen Ärztetag im Mai 2017 die GOÄ einschließlich der Bewertungen mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) abschließend konsentiert werden. Beim Ärztetag selbst will die BÄK dann einen endgültigen Entwurf vorlegen.

Unabhängig von den Verhandlungen um die Legendierung und Bewertung sollen Gespräche stattfinden, die die BÄK mit den großen Ärzteverbänden, also vor allem auch mit dem Deutschen Hausärzteverband, zu übergeordneten Themen wie dem Paragrafenteil und Bundesärzteordnung (BÄO) führen wird.

Dieses Vorgehen war notwendig geworden, nachdem die Verhandlungen im Frühjahr überraschend ihr Ende gefunden und die Ärzte beim Ärztetag einen Neustart gefordert hatten.

Personell wurde dieser Neustart bereits deutlich durch einen Wechsel in der Verhandlungsführung. Dr. Theodor Windhorst als Vorsitzender der Gebührenordnungskommission in der BÄK trat zurück, Dr. Klaus Reinhardt aus Bielefeld ist ihm nachgefolgt (wir berichteten).

Neustart fängt nicht bei null an

Klar ist, dass der geforderte Neustart nicht bei null beginnen, sondern auf einigen bereits konsentierten Grundsätzen oder Vorgaben des BMG aufsetzen wird. So ist die Grundlage der Überarbeitung die bereits erstellte Fassung der GOÄ-Legendierung vom 16. April 2016.

Auch die Steigerungsmöglichkeiten sollen nach wie vor eingeschränkt bleiben und stattdessen ein "robuster Einfachsatz" gelten. Die Steigerung wird es nur in einem engen Rahmen einer Positivliste geben, in der Leistungen, bei denen besondere Erschwernisgründe vorliegen, aufgenommen sind. Zusatzaufwände bei der Leistungserbringung sollen nach Aussage der BÄK durch Zusatzleistungen abgebildet werden.

Um zukünftige Entwicklungen besser abbilden zu können, wird der die GOÄ betreffende Paragraf 11 der Bundesärzteordnung (BÄO), um eine "Gemeinsame Kommission" (GeKo) ergänzt, die aus Mitgliedern der Kostenträger, der BÄK und des BMG besteht. Die zunächst vorgesehene starke Stellung der GeKo wurde heftig kritisiert – und war letztlich der Auslöser für den Außerordentlichen Ärztetag im Januar 2016 in Berlin. Schlußendlich beschloss der Ärztetag im Mai in Hamburg, dass die GeKo künftig nur Empfehlungen geben darf.

Betont wird außerdem, dass im Paragrafenteil keine Bindung der Leistungserbringung an die Weiterbildungsordnung besteht. Stattdessen wird die allgemeinere und weichere Bezugnahme auf die Berufsordnung gewählt: Demnach können Ärzte nur die Leistungen erbringen, für die sie auch qualifiziert sind.

Die Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Kalkulationen bei der Leistungserbringung ist nach wie vor die Grundlage bei der Leistungsbewertung.

Es wird nach wie vor eine sog. Monitoringphase von drei Jahren geben, um die Effekte der GOÄ zu analysieren. Ein Korridor von 5,8 Prozent Honorarsteigerung (+/- 0,6 Prozent) muss dabei eingehalten werden.

Der Ärztetag hat den Verhandlern der BÄK mit auf den Weg gegeben, dass danach kein Budget von Seiten der GeKo festgesetzt werden dürfe.

Haltung des Hausärzteverbandes

Der Hausärzteverband hat seinen Verhandlungskorridor für die Gespräche mit der Bundesärztekammer und der PKV auf Basis von Delegiertenbeschlüssen der letzten anderthalb Jahre festgelegt. Diese Beschlüsse forderten einerseits eine Öffnung der Vertragsmöglichkeiten auch im GOÄ-Bereich und legen Gespräche mit der PKV nahe. Andererseits fordern die Delegierten des Hausärzteverbandes hausärztliche Zuschlagsziffern in der GOÄ sowie die Berücksichtigung einer VERAH® in der Hausarztpraxis.

Im Übrigen sind die Landesverbände über den aktuellen Entwurf der GOÄ informiert und gebeten worden, ihre Vorstellungen und Wünsche, die über die Beschlusslagen der Delegiertenversammlung hinausgehen, dem Bundesverband mitzuteilen, so dass wir diese mit in die Verhandlungen einfließen lassen können.

Konkrete Forderungen

Wie sieht nun der konkrete Vorschlag aus, der in die Anhörungen bei der BÄK als eine hausärztliche Forderung eingebracht worden ist? Die von der Delegiertenversammlung beschlossene Zuschlagsystematik ist altersgestaffelt ausdifferenziert worden. Momentan wird diskutiert, ob nicht stattdessen auch spezifische hausärztliche Gebührenpositionen denselben Effekt haben könnten. Zusätzlich fordert der Deutsche Hausärzteverband Zuschläge für die Behandlung von Patienten mit mehr als einer chronischen Krankheit und für die Tätigkeit einer VERAH®in der Praxis.

Als Grundsatzforderung ist wichtig, dass Hausärzte in allen Kapitelnauch zukünftig abrechnen können sollen. Diese Forderung korrespondiert im Übrigen mit der Tatsache, dass umgekehrt kein eigenes hausärztliches Kapitel, das nur für Hausärzte abrechenbar ist, mehr weiter verfolgt wird. Ein exklusives Kapitel würde automatisch viele andere für Hausärzte schließen, die sie heute noch abrechnen können. Stattdessen ist die Grundstrategie, hausärztliche Gebührenordnungs- positionen einzuführen, die in ihrer Legendierung eindeutig dem hausärztlichen Profil zugeordnet werden können. So wäre eine Abrechnung dieser Leistungen durch andere Facharztgruppen zwar formal nicht ausgeschlossen, aber aufgrund der Leistungsbeschreibung unwahrscheinlich.

Um die hausärztlichen Interessen auch in der GeKo vertreten zu können, wird der Deutsche Hausärzteverband fordern, einen Vertreter in die GeKo ggf. über den Umweg der BÄK entsenden zu können – mindestens jedoch, wenn Fragen verhandelt werden, die die hausärztliche Abrechnung betreffen.

Risiken

Es gibt jedoch Risiken, auf die man im weiteren Verlauf der GOÄ-Überarbeitung ein besonderes Augenmerk richten muss. Da ist zum einen die Black-Box der betriebswirtschaftlichen Kalkulation. Hier muss verhindert werden, dass die Kosten bei der Erbringung techniknaher Leistungen überbewertet werden, insbesondere bei Einsatz hochspezialisierter und teurer technischer Geräte zu Lasten anderer – patientennaher – Leistungen.

Beratungsleistungen sollen in Zukunft nicht mehr in den jeweiligen Fachkapiteln abgerechnet werden, sondern alle Fachgruppen sind auf das Kapitel B und die dort festgelegten Grundleistungen verwiesen. Diese Grundleistungen, deren Abrechnung den größten Teil der hausärztlichen Privatliquidation ausmachen, werden also von allen Subspezialisten ebenfalls angewendet. Es muss darum gehen, eine Differenzierungsmöglichkeit zu haben, um die eventuell stattfindende Mengendynamik bei den Beratungsleistungen den Fachgruppen zuordnen zu können. Ob dies die geplante Datenstelle leisten kann, die der GeKo zuarbeiten soll, ist nicht gesichert.

Die Umsetzung hausärztlicher Zuschläge für die Gesprächsleistungen erlaubt deren Zuord- nung und ist eine Möglichkeit, sich von der Mengendynamik anderer Fachgruppen statistisch abzukoppeln und Transparenz zu schaffen.

Zum jetzigen Zeitpunkt (Stand: Mitte Oktober) ist in den Anhörungen festzustellen, dass die BÄK relativ offen ist für die Wünsche mancher Fachgesellschaften nach neuen Leistungen. Ob die PKV diese neuen Leistungen in der GOÄ ablehnen wird, ist fraglich.

Wichtig wäre es auch hier, eine undifferenzierte Betrachtung der Leistungsmengendynamik zu verhindern und eine ggf. generelle Abwertung nach der Rasenmäher-Methode zu verhindern.

Forderungen

  • Zuschläge für die hausärztliche Betreuung

  • vom 7. bis 45. Lebensjahr

  • vom 46. bis 65. Lebensjahr

  • ab dem 66. Lebensjahr

  • bei Vorliegen von mehr als einer chronischen Krankheit

  • VERAH®-Zuschlag

  • Hausärzte müssen in allen Kapiteln abrechnen können

  • Abbildung hausärztlicher Tätigkeiten in allen relevanten Kapiteln

  • BÄO Paragraf 11: Der Hausärzteverband benennt, ggf über BÄK, Vertreter für die GeKo, mind. bei Verhandlung hausärztlicher Themen

Fazit

Die Novellierung der GOÄ hat wieder Fahrt aufgenommen. Die zahlreichen Anhörungstermine in der Bundesärztekammer für die Berufsverbände täuschen aber nicht darüber hinweg, dass noch viel zu tun bleibt. Die Verhandlungen mit der PKV haben nach dem Neustart noch nicht wieder begonnen und die Bewertungsgrundlage für die Honorarhöhen der Gebührenordnungspositionen ist nach wie vor unbekannt. Der Deutsche Hausärzteverband hat klare Forderungen und ist in alle Verhandlungen eingebunden – das ist eine Voraussetzung für hausärztliche Interessensvertretung, aber noch keine Garantie für deren Erfolg, angesichts der unterschiedlichen und zahlreichen Akteure und politischen Vorgaben.

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