Berlin. Ob ihr Kind ein Down-Syndrom hat, sollen Schwangere künftig per Bluttest als Kassenleistung prüfen lassen können – unter engen Voraussetzungen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag (19. September) beschlossen. Möglich sein soll die neue Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung aber “nur in begründeten Einzelfällen” für Frauen mit Risikoschwangerschaften – etwa wenn ein familiäres Risiko vorliegt – und nach einer ärztlichen Beratung, verbunden mit verpflichtenden Informationen.
Die Inanspruchnahme der Bluttests, die bereits heute als Selbstzahlerleistung verfügbar sind, zulasten der GKV ist erst möglich, wenn die verpflichtend vorgesehene Versicherteninformation entwickelt und vom G-BA beschlossen wurde. Der Beschluss wird dazu voraussichtlich Ende 2020 gefasst. Voraussetzung ist zudem, dass das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Beschlüsse nicht beanstandet.
Durch die “sehr engen Voraussetzungen” werde klar und eindeutig geregelt, dass der Bluttest nicht als ethisch unvertretbares “Screening” eingesetzt werde, sagte der G-BA-Vorsitzende Prof. Josef Hecken am Donnerstag. Ärztinnen und Ärzte, die Schwangere vor und nach Durchführung des Tests aufklären und beraten, müssen über eine Qualifikation gemäß dem Gendiagnostikgesetz und den Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission verfügen. Im Zusammenhang mit der Fragestellung Trisomie müssen Ärzte auf Kontaktmöglichkeiten mit betroffenen Familien hinweisen.
Ziel: Zahl invasiver Eingriffe verringern
Ziel ist es, die zur Klärung der Frage des Vorliegens einer Trisomie 13, 18 oder 21 erforderlichen invasiven Untersuchungen – Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese – und das damit verbundene Risiko einer Fehlgeburt nach Möglichkeit zu vermeiden. Denn die invasive Gewinnung von Fruchtwasser oder Plazentagewebe mittels Punktion durch die Bauchdecke der Schwangeren hat laut G-BA-Angaben bei 5 bis 10 von 1000 untersuchten Frauen eine Fehlgeburt zufolge. “Angesichts dieses Schadenspotenzials und der belegten hohen Testgüte” habe man nun beschlossen, die risikofreien Bluttests zur Kassenleistung zu machen.
Nur wenn ein Befund der Tests auffällig ist, bedarf es auch künftig für eine gesicherte Diagnosestellung der Abklärung mittels eines invasiven Verfahrens. Liegen bereits Befunde vor, die eine Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie erforderlich machen, kann der Test nicht zulasten der GKV erbracht werden.
Abgeordnete beschweren sich per Brief
Der Beschluss, den Test als GKV-Leistung in die Mutterschaftsrichtlinie aufzunehmen, fiel mit zwölf Ja-Stimmen bei einer Enthaltung auf der GKV-Bank aus persönlichen Gründen und bei Enthaltung der Patientenvertretung.
Einstimmig hatten die Bänke einschließlich der Patientenvertretung zuvor jedoch dafür plädiert, trotz geäußerter Bedenken von Bundestagsabgeordneten einen Beschluss zu treffen. Hecken hatte von Briefen von Abgeordneten berichtet, die beklagten, dass der G-BA der politischen Grundsatzentscheidung zu den ethischen Aspekten vorgreifen würde, die für diesen Herbst geplant ist. Dem hielt Hecken entgegen, dass der Beschluss erst in Kraft trete, wenn die Patienteninformation zu diesem Test vom G-BA beschlossen sei. Mehrere Wortbeiträge begrüßten, dass dem Bundestag damit quasi eine Frist für dessen ethische Entscheidung gesetzt werde.
Im vergangenen Jahr hatten Bundestagsabgeordnete aus fünf Fraktionen eine breite gesellschaftliche Debatte zum Thema gefordert.