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kurz + knappForscher stellen Antibiose-Dogma in Frage

Britische Ärzte haben eine Abkehr von der Regel gefordert, Antibiotika immer in der gesamten Packungsmenge einzunehmen. Vielmehr könne dieses Dogma die Entstehung von Resistenzen begünstigen, schreibt das Autorenteam um den Infektiologen Professor Martin J. Llewelyn von der Brighton and Sussex Medical School in einem Aufsatz im British Medical Journal (BMJ). Derzeitige Lehrmeinung ist bekanntlich, dass Patienten die verordnete Antibiotikamenge möglichst vollständig verbrauchen sollen. Ein verfrühtes Absetzen der Antibiose wird mit dem Risiko der Resistenzbildung durch nicht eliminierte Keime in Verbindung gebracht. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt dies so.

Llewelyn und Kollegen vertreten die gegenteilige Meinung: Gerade die prolongierte Antibiose könne den Selektionsdruck etwa auf Kommensale erhöhen, die so erst pathologisch bedeutsam würden. Bekannt ist die zunehmende Prävalenz etwa von Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus (MRSA) oder Carbapenem- resistenten Klebsiella pneumoniae (KPC).

Auf der anderen Seite monieren die Autoren, dass es keine hinreichende Evidenz für die derzeitigen Empfehlungen gäbe. Die gingen vielmehr auf frühe Beobachtungen aus der Zeit Alexander Flemings, dem Entdecker des Penicillins, zurück. Für die meisten Therapieindikationen, so Llewelyn et al., seien bis heute in Studien keine optimalen Therapiedauern ermittelt worden. Vielmehr gebe es gegenteilige Indizien, dass kürzere als die empfohlenen Intervalle ebenso wirksam sein könnten.

Beispielhaft nennen die Autoren Fluorchinolone bei Pyelonephritiden, bei denen eine verkürzte Therapiephase von fünf (Levofloxacin) bzw. sieben Tagen (Ciprofloxacin) ebenso effektiv sei wie die empfohlene zweiwöchige Dauer. Auch bei nosokomial erworbenen Pneumonien verweisen die britischen Mediziner auf zwei randomisiert-kontrollierte Studien, wonach kürzere Zyklen die gleiche klinische Wirksamkeit haben wie längere Antibiosen – mit gleichzeitig weniger rekurrenten Infekten und geringeren Resistenzraten.

Die größte klinische „Gefahr“, so die Autoren, gehe derzeit von opportunistischen Erregern aus wie den ESKAPE-Keimen (E. faecium, S. aureus, K. pneumoniae, Acinetobacter spp., Pseudomonas spp. und Enterobacter spp.). Ungefährliche Kommensale seien durch lange Antiobiotkatherapien einer „kollateralen Selektion“ ausgesetzt und könnten dadurch Resistenzen entwickeln, die bei späteren Infektionen zum Problem werden können. Etliche dieser und anderer Keime haben in den letzten Jahren Bekanntheit durch Resistenzen erlangt, zuletzt die vierfach resistenten Stäbchen (4MRGN). Ein anerkanntes Problem ist auch die steigende Prävalenz von C.-difficile- Infektionen, was ebenfalls maßgeblich auf den Antibiotika- Einsatz zurückgeführt wird. Llewelyn und Kollegen fordern daher eine Umkehr der heutigen „Complete the Course“-Regel: Patienten sollten die Antibiose beenden, wenn sie sich besser „fühlen“ bzw. der klinische Zustand für eine Besserung spricht.

Im stationären Umfeld könnte anhand von Biomarkern der ideale Zeitpunkt für ein Ende der Antibiose bestimmt werden. Im ambulanten Bereich, vor allem der Primärversorgung durch Hausärzte, sollten bereits entwickelte Therapiestrategien wie der verzögerte Start einer Antibiose verstärkt eingesetzt werden, so die Forderung.

Quelle: BMJ 2017; 358: j3418. doi: 10.1136/bmj.j3418

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