Berlin. Zur Finanzierung des teuren Gesundheitssystem schlägt der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen vor, dass gesetzlich Krankenversicherte pro Jahr gestaffelt bis zu 2000 Euro Selbstbeteiligung zahlen.
“Wir können uns das System nicht mehr leisten. Patienten müssen künftig mehr aus eigener Tasche dazu bezahlen”, sagte der Professor an der Universität Freiburg der “Bild”-Zeitung (Mittwoch, 22.2.). Dazu muss es aber einen Sozialausgleich geben. “Die Zuschüsse zum Beispiel für Geringverdiener müssen aus dem Bundeshaushalt kommen.”
Für Folgen riskanter Lebensweise selbst aufkommen
Raffelhüschen sprach sich auch dafür aus, dass Versicherte Verletzungen nach selbstgewählten Risiken – wie Skifahren – komplett selbst bezahlen sollten. “Auch Raucher müssen sich an den Folgekosten von Behandlungen stärker selbst beteiligen”, verlangte er.
Ohne ein Gegensteuern werde ansonsten der Beitragssatz bis 2035 auf bis zu 22 Prozent vom Bruttolohn steigen, warnte der Ökonom. Zurzeit liegt er – inklusive Zusatzbeitrag – im Schnitt bei knapp 16 Prozent, je nach Krankenkasse.
Rechnung nach jedem Arztbesuch
Für 2023 wird in der Gesetzlichen Krankenversicherung ein Defizit von 17 Milliarden Euro erwartet – nach den Worten von Gesundheitsminister Karl Lauterbach ist das ein historisches Ausmaß.
In Deutschland werden rund 73 Millionen Versicherte von einer der 96 gesetzlichen Krankenkassen versorgt – das entspricht etwa 90 Prozent der Bevölkerung.
Nach den Plänen Raffelhüschens sollen Patienten nach dem Arztbesuch künftig eine Rechnung erhalten und diese an die Krankenkasse weiterreichen, “die dann einen Großteil der Kosten übernimmt”. Für die Eigenbeteiligung der Patienten soll es mehrere Stufen geben. Sie soll “insgesamt bei 1500 oder 2000 Euro pro Jahr” gedeckelt werden, sagte Raffelhüschen.
Hausärzteverband lehnt Vorschläge ab
Für die Vorschläge des Wirtschaftswissenschaftlers hat der Deutsche Hausärzteverband nicht viel übrig. Diese seien nicht mit dem Grundgedanken des Solidarsystems vereinbar, noch seien sie umsetzbar.
Um die finanziellen Herausforderungen zu stemmen, finden die Hausärztinnen und Hausärzte, müsste vielmehr die hausärztliche Versorgung gestärkt werden. Auch Evaluationen hätten gezeigt, dass mit der Stärkung der hausärztlichen Versorgung die Beanspruchung spezialisierter Versorgung, etwa im Krankenhaus, deutlich sinken würde. So könnten Milliarden gespart werden.
Quelle: dpa/red