Wir haben uns in Deutschland daran gewöhnt, dass alle Medikamente, die unsere Patientinnen und Patienten benötigen, auch unverzüglich zur Verfügung stehen. Und warum auch nicht? In der Vergangenheit waren Lieferengpässe die Ausnahme.
In den letzten Jahren gab es jedoch einige Warnschüsse, die man ernst nehmen sollte. Das beste Beispiel dafür ist der Lieferengpass bei Tamoxifen. Das hatte ganz konkrete Folgen für Tausende Brustkrebspatientinnen, die teilweise von Apotheke zu Apotheke gerannt sind, in der Hoffnung, noch Restbestände abzugreifen.
An so etwas will sich in Deutschland niemand gewöhnen müssen. Und selbst wenn es Alternativpräparate gibt, bedeutet die medizinisch unnötige Umstellung der Medikation für Patienten und Ärzte einen deutlichen Mehraufwand.
Die Gründe für Lieferengpässe sind komplex und vielschichtig (Siehe Artikel “Lieferengpässe: Darum wird es bei Medikamenten so oft knapp”). In einigen Fällen spielen unterbrochene Lieferketten, insbesondere im asiatischen Raum, eine zentrale Rolle. Man muss kein Pessimist sein, um sich auszumalen, dass derartige Fälle in der aktuellen geopolitischen Lage eher zu- als abnehmen werden.
Nicht selten führen auch monopolartige Strukturen unter den Herstellern dazu, dass sich Produktionsausfälle unmittelbar auf die Versorgung auswirken, schlichtweg, weil keine Alternativen vorhanden sind, die den Ausfall kompensieren können. Da stellt sich schon die Frage, ab welchem Punkt Rabatte zwar die Therapie verbilligen, aber eben auch die Versorgung gefährden können.
Lieferengpässe gehören endlich auf die gesundheitspolitische Tagesordnung. Die Verantwortlichen sollten sich nicht so lange vor der Realität verstecken, bis sie sie überfährt.
Mit kollegialen Grüßen
Ulrich Weigeldt
Bundesvorsitzender Deutscher Hausärzteverband e. V.