Berlin. Die Zahl der festgestellten Behandlungsfehler in Kliniken und Praxen in Deutschland ist nach Daten der Bundesärztekammer (BÄK) im vergangenen Jahr erneut leicht zurückgegangen. Bestätigt wurden 1.449 Fälle mit Fehlern oder Mängeln bei der Risikoaufklärung als Ursache für Gesundheitsschäden, wie die BÄK am Mittwoch (3. April) mitteilte. Im Jahr 2017 waren 1.783 solche Fälle festgestellt worden.
Rechnerisch ist rund jedes vierte Fehlergeschehen in einer Arztpraxis passiert. Die häufigsten Probleme: Mängel bei der Diagnostik, Anamnese, Labor und der Indikationsstellung. Die Hausärzte stehen hinter den Unfallchirurgen und Orthopäden (402 gemeldete Fehler) als Fachgebiet mit 229 gemeldeten Fehlern an zweiter Stelle aller Fachgebiete. Aber: Sie stellen auch die bei weitem größte Facharztgruppe.
Auch Prof. Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der BÄK, erinnerte an die Wichtigkeit, die vorliegenden Zahlen in Relation zu setzen. Er erinnerte bei der Vorstellung der Zahlen daran, dass sich die Zahl der Behandlungsfehler angesichts der knapp 20 Millionen Behandlungsfälle in den Kliniken und rund einer Milliarde Arzt- Patienten-Kontakten in den Praxen “im Promillebereich” bewegt. Er warnte davor, Ärzte, denen ein Fehler unterläuft, vorschnell als Pfuscher zu diskreditieren.
Es gebe eine Vielzahl möglicher Ursachen für Fehler, so Crusius. Pfusch sei in den seltensten Fällen der Grund. Eine Gefahrenquelle sei der Zeit- und Personalmangel in Kliniken und Praxen. „Die über Jahrzehnte von der Politik geschaffenen ökonomischen Rahmenbedingungen in unserem Gesundheitssystem sind nicht auf maximale Patientensicherheit ausgerichtet, sondern auf maximale Effizienz. Ärztinnen und Ärzte arbeiten am Limit, und manchmal ein gutes Stück darüber hinaus.“ Zeit für Zuwendung und ausführliche Gespräche bleibe unter diesen Bedingungen kaum.
Wie bereits in den Vorjahren waren 2018 insgesamt rund 11.000 Anträge auf Prüfung eingegangen, Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen haben bundesweit insgesamt 5.972 Sachentscheidungen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern getroffen (2017: 7.307). Es lag in 1.858 Fällen ein Behandlungsfehler / Risikoaufklärungsmangel vor, in 359 Fällen wurde jedoch kein kausaler Gesundheitsschaden festgestellt. Am häufigsten beschwerten sich Patienten weiterhin nach Behandlungen von Knie- und Hüftgelenksarthrosen.
Neben der BÄK gehen auch die Medizinischen Dienste der Krankenkassen Behandlungsfehlern nach. Wie viele Patienten sich direkt an Gerichte, Anwälte oder Versicherungen wenden, ist unbekannt.