Hausarzt MedizinPrävention: Tipps rund ums Impfen

Darf die MFA impfen? Wohin soll geimpft werden? Wann ist der beste Zeitpunkt für die Influenza-Impfung? Und wie beantworte ich Fragen der Patienten zu Hilfsstoffen und Adjuvanzien? Die Antworten auf diese und andere Fragen liefert der folgende Beitrag.

Ein gutes Impfmanagement in der Praxis sorgt für einen reibungslosen Ablauf aller mit der Impfung verbundenen Tätigkeiten. Fast alle Leistungen, die mit der Impfung in Zu sammenhang stehen, kann und darf die Medizinische Fachangestellte (MFA) erbringen. Aber es gibt auch Ausnahmen, die stets eine ärztliche Aufgabe sind, z.B. die Impfaufklärung, die Feststellung der Impffähigkeit des Patienten bzw. von Kontraindikationen, die körperliche Untersuchung sowie die Unterschrift im Impfpass (laut Infektionsschutz­ gesetz ist die Unterschrift des Arztes/der Ärztin gefordert). Die Impfung selbst kann jedoch von der MFA verabreicht werden, wenn sie entsprechend geschult ist (Tab. 1).

Aufklärung

Die Impfaufklärung ist stets eine ärztliche Leistung, die nicht delegiert werden darf. Aufgeklärt wird entweder der Impfling selbst oder sein gesetzlicher Vertreter, dessen Zustimmung bei Impfungen von Kindern und Jugendlichen erforderlich ist. Dabei schlägt die STIKO vor, dass Jugendliche ab einem Alter von etwa 16 Jahren einer geplanten Impfung nach entsprechender, für sie verständlicher Aufklärung selbst zustimmen dürfen. Wichtig ist, dass sie die nötige Einsichtsähigkeit in den Sachverhalt haben, das ist im Alter von 16 Jahren der Fall, kann im Einzelfall auch schon mit 14 Jahren gegeben sein. Dann ist aber eine besonders gute Dokumentation notwendig.

Den Impfungen von Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren müssen immer die Eltern zustimmen (in der Regel reicht ein Elternteil aus). Mit dem Patientenrechtegesetz, das seit 2013 besteht, wurde die Bedeutung der mündlichen Beratung noch einmal betont. Eine alleinige schriftliche Aufklärung ist nicht zulässig, es muss immer ein Gespräch mit dem Arzt zur Beantwortung offener Fragen angeboten werden. Außerdem muss dem Patienten von allen Dokumenten, die er unterzeichnet, eine Kopie mitgegeben werden.

Es ist empfehlenswert, auch für die Impfaufklärung ein standardisiertes Vorgehen in der Praxis zu planen und dies am besten schriftlich und für alle einsehbar festzuhalten. Bewährt hat sich das folgende Vorgehen: Der Patient erhält ein Aufklärungsmerkblatt für die Impfung und ca. 20 Minuten Zeit, dies im Wartezimmer durchzulesen. Danach fragt der Arzt/die Ärztin, ob er noch Fragen zur Impfung hat. Ist dies nicht der Fall und der Patient hat der Impfung zu gestimmt, wird die Impfung durchge führt. Die Zustimmung kann mündlich erfolgen oder schriftlich, dann mit Kopie der Einverständniserklärung.

Die Aufklärung muss ebenso dokumentiert werden, es reicht z.B. ein Kürzel in der Akte „aufgeklärt nach Standard“. Wie der Standard aussieht, wurde im Vorfeld schriftlich fest gelegt und ist allen in der Praxis bekannt. Es ist egal, wie aufgeklärt wird (nur mündlich oder schriftlich und mündlich), wichtig ist, dass die Aufklärung durchgeführt und dokumentiert wird und alle wichtigen Punkte enthält.

Der richtige Impfort

Die STIKO äußert sich in ihren Empfehlungen eindeutig: Der bevorzugte Impf­ort für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene ist der M. deltoideus des Oberarms. Bei Säuglingen und Kleinkindern, aber auch bei kachektischen Patienten, bei denen die Muskulatur am Oberarm noch nicht oder nicht mehr ausreichend ausgebildet ist, wird in die seitliche Oberschenkelmuskulatur geimpft (M. vastus lateralis). Warum nicht in den M. glutaeus maximus impfen? Dafür gibt es gute Gründe, denn sowohl die Wirksamkeit als auch die Verträglichkeit und Sicherheit sind bei intraglutealer Impfung schlechter.

  • Auch wenn sie selten vorkommen: Komplikationen wie Lähmungen des N. ischiadicus und seiner Seitenäste sind möglich. Selbst wenn der Nerv nicht direkt getroffen wird, kann es durch eine Schwellung an der Impf stelle zu einer Schädigung des Nerven kommen.
  • Bei Verabreichung der Impfung in den M. glutaeus (oder auch in ande re Regionen mit viel Unterhautfett gewebe) ist außerdem die Verträg lichkeit herabgesetzt, z.B. wenn das Adsorbens ins Unterhautfettgewebe gelangt. Schmerzhafte Entzündungen können die Folge sein.
  • Und ganz wichtig: Die volle Wirksamkeit der Impfung ist bei dieser Injektionsstelle nicht gewährleistet, denn man trifft nicht immer in die Muskulatur, sondern sehr häufig ins Fettgewebe.

Häufige Patientenfragen zu Begleitstoffen

„Ich habe gelesen, dass Aluminium in den Impfstoffen enthalten ist. Man weiß doch von der Diskussion um Deos, wie gefährlich das ist.“

Mit solchen und ähnlichen Fragen, z. B. auch zum Vorkommen von Formaldehyd oder Quecksilber in Impfstoffen, werden Hausärzte häufig konfrontiert. Hier einige Antworten, die die Diskussion erleichtern:

Formaldehyd ist ein Konservierungsmittel, es wird aber auch zur Inaktivierung von Polioviren benutzt und zur „Entgiftung“ von Tetanus und Diphtherietoxinen. Es kommt physiologisch z. B. in Säugetierzellen, also auch beim Menschen, als Zwischenprodukt des normalen Stoffwechsels vor. Von den geringen Formaldehydmengen in Impfstoffen geht in der Regel keine Gefahr aus. Nur ganz selten werden Hautreaktionen bei gegen Formaldehyd empfindlichen Patienten gesehen. Weitere Konservierungsmittel sind Phenoxyethanol oder Phenol, die ebenfalls nur in sehr geringen Rückstandsmen gen enthalten sind und nur ganz selten zu Unverträglichkeiten führen.

Organische Quecksilberverbindungen, z.B. Thiomersal, waren früher häufiger in Impfstoffen enthalten, aber für alle generell empfohlenen Schutzimpfungen sind inzwischen quecksilber freie Impfstoffe verfügbar. Zudem sind die Weltgesundheitsorganisation WHO, das US-amerikanische „Institute of Medicine“ sowie die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) inzwischen unabhängig voneinander zu dem Schluss gelangt, dass die verfügbaren Studien gegen einen Zusammenhang zwischen Autismus und Quecksilberverbindungen sprechen, so das RKI. Diese Hypothese konnte also mit Sicherheit widerlegt werden.

Zu Aluminiumverbindungen äußerte sich das Paul Ehrlich Institut ausführlich im Bundesgesundheitsblatt: Aluminiumsalze (Aluminiumhydroxid bzw. -phosphat) werden seit etwa 80 Jahren erfolgreich als Adjuvanzien in Impfstoffen zur Wirkungsverstärkung eingesetzt. Ohne diese wäre eine effektive Impfung mit vielen Totimpf stoffen nicht möglich, z.B. bei den Toxoidimpfstoffen gegen Diphtherie und Tetanus, aber auch bei den (azellulären) Pertussis, den Hepatitis B sowie den Pneumokokken Impfstoffen. Der Aluminiumgehalt in einer Impfstoffdosis ist auf maximal 1,25 mg pro Dosis begrenzt.

Aluminium ist potenziell neurotoxisch und wird daher immer wieder im Zusammenhang mit neurologischen Krankheitsbildern diskutiert. Hierbei steht vor allem seine regelmäßige perorale Zufuhr aus Nahrung und Trinkwasser (etwa 10 mg/Tag bei Erwachsenen und 1 mg/Tag bei Kindern) im Blickpunkt. Impfungen werden dagegen nur sehr selten verabreicht. Es wird geschätzt, dass eine Impfung, die 1 mg Aluminium enthält (bzw. 20 Impfungen, die jeweils 0,5 mg Aluminium enthalten), zu einer Retention von etwa 0,02 (bzw. 0,2) mg Aluminium im Körper nach etwa 30 Jahren führt. Im Vergleich dazu wird die durch alle anderen Quellen angesammelte Aluminiummenge im Körper eines 50-jährigen Erwachsenen mit 5 – 60 mg angegeben. Daher muss der Beitrag von Impfungen zur gesamten Belastung durch Aluminium als sehr gering angesehen werden, lautet das Fazit der Autoren des PEI.

Meldepflicht

Impfreaktionen, einschließlich der Impfkrankheit, sind nicht als über das übliche Maß hinausgehende Beschwerden, sondern als Ausdruck der normalen Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff zu sehen; sie klingen rasch und folgenlos wieder ab und sind nicht meldepflichtig. Immer meldepflichtig sind Impfkomplikationen als über das übliche Maß hinausgehende Beschwerden mit dem Sonderfall des Impfschadens (Tab. 2).

Laut Infektionsschutzgesetz müssen alle über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden Nebenwirkungen gemeldet werden, und zwar an das zuständige Gesundheitsamt. Meldepflichtig sind außerdem auch einige impfpräventable Erkrankungen, seit 2013 gehören Mumps, Röteln, Varizellen und Pertussis ebenfalls dazu.

Influenza-Impfung

Seit Ende August/Anfang September stehen die Influenza-Impfstoffe 2015/16 zur Verfügung. Um einen rechtzeitigen und ausreichenden Schutz gegen die Grippe aufbauen zu können, sollte eine Impfung in den Monaten Oktober oder November durchgeführt werden. Die Dauer der Immunität nach der Influenzaimpfung beträgt laut Fachinformationen im Allgemeinen sechs bis zwölf Monate. Innerhalb einer Saison ist keine Auffrischimpfung notwendig, da dann die Immunantwort auch unter Annahme eines sechsmonatigen Schutzes noch anhält. Selbst zu Beginn und im Verlauf der Grippewelle kann es noch sinnvoll sein, eine versäumte Impfung nachzuholen. Schließlich ist nie genau vorhersagbar, wie lange eine Influenzawelle andauern wird.

Bei Kindern sollte bei der erstmaligen Grippe-Impfung eine zweite Impfung im Mindestabstand von vier Wochen verabreicht werden. Seit 2010 wird die Influenza-Impfung auch für alle Schwangeren ab dem 2. Trimenon empfohlen. Gesundheitlich gefährdete Schwangere, z.B. mit chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen oder Diabetes mellitus, sollen bereits ab dem 1. Trimenon geimpft werden. Schwangere zu impfen, scheint aber immer noch Skepsis auszulösen, und zwar bei den betroffenen Frauen ebenso wie in der Ärzteschaft. Dies ist für die werdende Mutter und das Kind fatal, denn gerade Schwangere haben ein hohes Risiko, komplikationsreich an Influenza zu erkranken.

Literatur

  • 1 Arndt U, Ley-Köllstadt S, Impffibel für Medizinische Berufe, Verlag DGK Beratung + Vertrieb, 1. Auflage 2015
  • 2 Epi. Bulletin Nr. 34/2014: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut/Stand, August 2014
  • 3 Dittmann S (Hrsg.), Handbuch der Impfpraxis, Verlag DGK Beratung + Vertrieb, 1. Auflage 2012
  • 4 CDC, Nonstandard Adminstration, http://www.cdc.gov/vaccines/pubs/pinkbook/vac-admin.html
  • 5 Antworten des Robert Koch Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts zu den 20 häufigsten Einwänden gegen das Impfen, Stand7.1.2015, „Impfstoffe enthalten gefährliche Chemikalien, mit denen die Kinder wissentlich vergiftet werden“, www.rki.de
  • 6 Weißer K, Barth I, Keller-Stanislawski B, Bundesinstitut für Sera und Impfstoffe (PEI), Paul-Ehrlich-Institut, Langen, Sicherheit von Impfstoffen in Bundesgesundheitsblatt 2009;52:1053–1064
  • 7 Ley-Köllstadt S, Arndt U, Grüber A, Quast U, Schwierige Impffragen – kompetent beantwor-tet, Verlag DGK Beratung + Vertrieb, 3. überarbeitete Auflage 2013
  • 8 RKI: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/faq_ges.html

Mögliche Interessenkonflikte: keine

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