Hausarzt MedizinOnline-Hilfe bei Suchtproblemen

Mit mobiler Kommunikation und dem Internet sind vor allem junge Menschen leicht zu erreichen. Dies bietet die Chance, Suchterkrankungen früher zu erkennen und zu behandeln.

Alkohol ist das wichtigste Gesundheitsproblem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Europa. Fast sieben Prozent aller Todesfälle stehen bei 15 bis 24-Jährigen im Zusammenhang mit akuten oder chronischen Folgen des Alkoholkonsums. So sind nach eigenen Angaben 16 Prozent der Mädchen und 37 Prozent der Jungen schon betrunken Auto gefahren. Auch der Konsum von Cannabis ist bei jungen Menschen besonders hoch. In diese Entwicklungsphase fallen jedoch auch wichtige Stadien der Hirnreifung, weshalb Jugendliche besonders empfindlich auf neurotoxische Einflüsse reagieren. Daher ist es wichtig, einen Missbrauch frühzeitig anzugehen. Für den Hausarzt ist die Notfallbehandlung im Krankenhaus – etwa aufgrund einer Alkoholvergiftung – ein wichtiger Indikator für Probleme mit Suchtmitteln.

Große Erreichbarkeit

Die Risikogruppen für eine spätere Abhängigkeit sind laut Dr. Michael Krausz aus Vancouver gut bekannt. Dazu zählen beispielsweise eine frühe Traumatisierung, Armut, dysfunktionale Familien oder psychische Störungen in der Adoleszenz. "Die Krux ist, dass eine professionelle Hilfe für Jugendliche, die in eine Sucht abgleiten, selten rechtzeitig kommt. Statt dessen setzt sie meist erst zehn Jahre nach den ersten Symptomen ein", schilderte Krausz die derzeitige Situation. Er plädierte für eine frühe Intervention bzw. eine Prävention mittels Internet. Deren entscheidender Vorteil ist, dass viele Menschen gleichzeitig erreicht werden können. Zudem ist sie orts- und zeitunabhängig und erfordert wenige Ressourcen. Die Entwicklung entsprechender Programme steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. So ist zum Beispiel derzeit noch unklar, welche Komponenten der Intervention überhaupt effektiv sind oder welche Strategien sich für die Rekrutierung der Teilnehmer am besten eignen.

Eine Metaanalyse mit 23 Studien untersuchte die Methode der ungezielten elektronischen Prävention bei trinkenden Jugendlichen. Der Effekt einer Einzelsitzung (elektronische Kurzintervention) war bis zu 12 Monate nachweisbar, aber nicht darüber hinaus. "Das deutet darauf hin, dass wir den Substanzkonsum für eine gewisse Zeit verzögern können. Das wäre im Sinne der Hirnreifung wichtig. Allerdings scheint damit scheinbar keine nachhaltige Verbesserung erreichbar", konstatierte Dr. Marc Vogel, Basel.

Hilfe per SMS

Eine vielversprechende Art, insbesondere junge Leute zu erreichen, ist das Handy. Die kurzen, repetitiven Nachrichten können auch Menschen mit geringem Bildungsniveau erfassen. Bei Schweizer Berufsfachschülern wurde der "MobileCoach Tabak" erprobt, ein SMS-basiertes Programm zum Rauchausstieg. Nach einer Eingangsbefragung generierte das Programm drei Monate lang automatisiert SMS-Nachrichten, die das individuelle Rauchverhalten berücksichtigten. Die Teilnahmerate lag in einer kontrollierten Studie mit 755 Probanden bei 75 Prozent der Rauchenden. Ein Großteil (98 Prozent) der Interventionsgruppe nahm bis zum Ende teil. Sowohl bei gelegentlich als auch täglich Rauchenden bewirkten die SMS-Nachrichten einen reduzierten Zigarettenkonsum. Ein vergleichbarer Ansatz, das "MobileCoach Alkohol", führte vor allem bei jungen Menschen mit problematischem Alkoholkonsum zu einer Verringerung des "Rauschtrinkens" (minus sechs Prozent), während der risikoreiche Alkoholkonsum in der Kontrollgruppe im gleichen Zeitraum anstieg (plus drei Prozent).

Geringerer Drogenkonsum

Dass sich der Cannabiskonsum bei Jugendlichen mittels Internet-Intervention reduzieren lässt, zeigen Metaanalysen. Demnach verminderte sich der Drogenkonsum signifikant. Die Effektstärken waren allerdings gering. Vogel wies darauf hin, dass die Intervention trotz ihres relativ geringen Effekts einen großen Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung ausüben kann, da sie in der Lage ist, sehr viele Konsumenten zu erreichen.

Ein Beispiel für ein deutsches Programm zur Cannabisreduktion oder Erreichung einer Abstinenz ist "Quit the Shit". Die Methode basiert auf Selbstkontrolle sowie lösungsorientierter Beratung und enthält, im Gegensatz zu anderen Programmen, eine Chat-Funktion. Laut Vogel erreichen die Teilnehmer damit eine effektive Reduktion von Menge und Frequenz ihres Konsums. Bezüglich der Selbstwirksamkeit, Angst, Depression und Lebenszufriedenheit ist die Methode dagegen kaum effektiv.

Internet-Intervention bei Erwachsenen

Mehrere Studien befassten sich mit der Frage, ob eine Intervention per Internet bei erwachsenen Alkoholabhängigen wirksam ist. Wie eine aktuelle Metaanalyse anhand von neun Studien zeigte, kommen alle Studien zu einer positiven Bewertung. "In allen Untersuchungen bewirkte die wenig intensive, begleitete oder unbegleitete online-Intervention eine Verbesserung der Alkoholsucht gegenüber den Kontrollgruppen", berichtete PD Dr. Michael Schaub, Zürich. Die Teilnehmer der Internet-Intervention tranken durchschnittlich 22 Gramm weniger Alkohol pro Woche und hielten sich eher an die Regeln für weniger riskantes Trinken im Anschluss an die Intervention.

Interessant ist auch eine niederländische Studie, die 205 Problem-Trinker in drei Gruppen unterteilte. Die erste Gruppe erhielt ein Internet-basiertes Selbsthilfeprogramm. Die zweite Gruppe bekam zusätzlich zur Online-Therapie bis zu sieben Chat-Beratungen. Die unbehandelte Wartelisten-Gruppe bildete die Kontrollgruppe. Nach drei Monaten hatten die Teilnehmer der beiden Behandlungsgruppen ihren Alkoholkonsum sowie die damit verbundenen Probleme signifikant stärker verringert als die Kontrollgruppe. Ein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen ergab sich erst nach sechs Monaten: Die Gruppe mit zusätzlicher Chat-Beratung trank signifikant weniger Alkohol als die Gruppe ohne zusätzliche Unterstützung. "Der Chat befähigte die Patienten zum längeren Durchhalten", resümierte Schaub.

Quelle: 17. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin in München

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