Medizin Kompakt 19/2020Was tun bei Krämpfen?

In unserer Serie "Medizin Kompakt" bereiten wir Krankheitsbilder, die häufig in der ärztlichen Praxis vorkommen, kurz und prägnant auf.

Definition

  • Ausgeprägte, schmerzhafte und unwillkürliche Kontraktion eines Teils oder der Gesamtheit eines Muskels oder einer umschriebenen Muskelgruppe, die mit einer tastbaren Verhärtung einhergeht, über Sekunden bis Minuten andauert und selbstlimitierend ist

Häufigkeit

  • Junge Erwachsene: Vereinzelte nächtliche Muskelkrämpfe bei mehr als 90 Prozent
  • Menschen über 65 Jahren: Regelmäßige Muskelkrämpfe (mindestens einmal pro Woche) bei 33–50 Prozent

Manifestation

  • Oft in Ruhe und während der Nacht
  • Überwiegend an den Muskeln der Wade und des Fußgewölbes

Ursachen

  • Meist keine erkennbare Ursache

Differenzialdiagnosen

  • Symptomatische Muskelkrämpfe
  • Mögliche Ursachen:
  • Körperliche Arbeit, sportliche Belastung, starkes Schwitzen, Salzverlust
  • Schwangerschaft
  • Hypovolämie, hypotone Dehydratation (Hyponatriämie) und unter der Hämodialyse
  • Erkrankungen des zweiten Motoneurons (Mono- und Polyneuropathien), radikuläre Läsionen, Zustand nach Poliomyelitis, amyotrophe Lateralsklerose, neuronale Tumore
  • Schilddrüsenfunktionsstörung, Hypoparathyreoidismus, Morbus Addison
  • Leberzirrhose
  • Alkohol
  • Medikamente (Betasympathomimetika, Betablocker, Cholinergika/Acetylcholinesterasehemmer, Kalziumantagonisten, Statine, Diuretika)
  • Hereditäre Belastung (sehr selten)
  • Schmerzhafte Muskelkontraktionen anderer Genese
  • Zentrale Störungen der Motorik
  • Störungen der spinalen Inhibition
  • Störungen des motoneuronalen Membranpotenzials, z.B. durch Hypokalzämie, Hypomagnesiämie
  • Syndrome der neuronalen Hyperexziabilität
  • Myogene Überaktivität, beispielsweise Hypothyreose, metabolische Myopathien
  • Ischämischer Muskelschmerz

Diagnose

  • Anamnese
  • Provokationssituation
  • Familienanamnese
  • Medikamente
  • Klinische Untersuchungen
  • Neurologischer Status hinsichtlich potenzieller Ursachen der Krämpfe
  • Laboruntersuchungen
  • Elektrolytwerte inklusive Kalzium und Magnesium
  • Nieren- und Leberwerte
  • Blutzucker
  • Schilddrüsenhormone
  • Kreatinkinase
  • Weiterführende Diagnostik
  • Blutuntersuchungen: Kortisol und Aldosteron, Serumlaktat, Autoantikörper gegen neuronale Bestandteile
  • Elektrophysiologische Untersuchungen: Elek-tromyografie, Neurografie
  • Funktionsuntersuchungen: Ischämie-Arbeitstest, Beindurchblutung (Dopplersonografie

Therapie

Physiotherapie

  • Bei akuten Krämpfen Dehnung der verkrampften Muskulatur und/oder Anspannung der Antagonisten der betroffenen Muskeln
  • Bei nächtlichen Wadenkrämpfen regelmäßige passive Dehnübungen der Wadenmuskulatur

Medikamentöse Therapie

  • Chininsulfat oder Hydrochinin 200–400 mg
  • Indiziert nach Ausschluss behandelbarer Ursachen und nur bei sehr schmerzhaften oder häufigen Muskelkrämpfen, bei regelmäßiger Störung des Nachtschlafs durch die Muskelkrämpfe und bei Wirkungslosigkeit physiotherapeutischer Maßnahmen
  • Strenge Indikation bei Niereninsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Störungen der Endplattenfunktion
  • Kontraindiziert in Schwangerschaft und Stillzeit
  • Vor der Verordnung Behandlungsversuch mit Magnesium durchführen
  • Seltene, aber potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen (Störungen der Gerinnung, vor allem immunologisch vermittelte Thrombozytopenie) beachten
  • Komedikation beachten, das bedeutet gleichzeitige Behandlung mit Arzneimitteln, die die QT-Zeit verlängern, z.B. Antiarrhythmika Klasse Ia/III, Neuroleptika, oder die Blutgerinnung beeinflussen, vermeiden
  • Behandlung alle drei Monate neu bewerten
  • Behandlung beenden, wenn sich innerhalb von vier Wochen keine Besserung der Krämpfe zeigt
  • Aufklärung des Patienten über Zeichen einer Gerinnungsstörung

Weitere Behandlungsmöglichkeiten

Reduktion des Risikos belastungsabhängiger Krämpfe

  • Dehnungsübungen vor der Belastung
  • Anpassung der körperlichen Leistung und des Trainings
  • Massagen nach der Belastung

Schwangerschaft

  • Magnesium

Bei dialyseassoziierten Krämpfen

  • Volumensubstitution

Quelle: S1-Leitlinie Crampi/Muskelkrampf, 2017

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