Neurodegenerative ErkrankungParkinson: Auf die Prodromalsymptome achten

Wird die Parkinsonkrankheit in den Anfangsphasen erkannt, kann eine früh einsetzende Therapie die Lebensqualität der Patienten verbessern. Hausärztinnen und Hausärzte haben eine Schlüsselposition für das Erkennen der nicht-motorischen Vorboten.

Bei einem Parkinsonsyndrom handelt es sich in etwa 75 Prozent der Fälle um die idiopathische Form, den Morbus Parkinson. Der Rest entfällt auf genetische, atypische und sekundäre (u.a. Medikamente, Schad- und Giftstoffe, intrakranielle Raumforderung) Parkinsonsyndrome.

Die Parkinsonkrankheit ist nach dem Morbus Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Die Zahl der Betroffenen in Deutschland wird auf rund 220.000 geschätzt. Wegen der Zunahme des Anteils älterer Menschen nimmt die Prävalenz rasch zu.

In Nervenzellen der Substantia nigra verstorbener Parkinsonkranker wurden Lewy-Körperchen nachgewiesen. Diese Partikel enthalten unter anderem Alpha-Synuclein, das an der Ausschüttung von Dopamin beteiligt ist.

Bei Parkinson ist das Protein fehlerhaft gefaltet und schädigt die Nervenzellen. Außerdem liegt in der Substantia nigra zu viel freies Eisen vor, das zur Zerstörung der Nervenzellen beiträgt.

Die aktuelle Forschung zu einer kausalen Therapie zielt unter anderem auf diese beiden Pathomechanismen. Praktisch umsetzbare Ergebnisse zeichnen sich aber noch nicht ab.

Frühsymptome

Wenn sich die motorischen Kardinalsymptome Bradykinese, Rigor, Tremor sowie Störung der Halte- und Stellreflexe (posturale Instabilität) manifestiert haben, sind bereits rund 80 Prozent aller dopaminergen Neuronen untergegangen.

Schon davor können nicht-motorische Zeichen eines Parkinson erkennbar sein. Typisch für diese Prodromalphase sind Ausfälle des Riechvermögens, Obstipation und Depression.

Bis zu 80 Prozent der Parkinson-Patienten leiden früher oder später an einer Störung des REM-Schlafs, die als “REM Sleep Behaviour Disorder” (RBD) bezeichnet wird.

Während bei Gesunden die Motorik im REM-Schlaf vorwiegend gehemmt ist, werden bei RBD die meist aggressiven Trauminhalte in starke Bewegungen umgesetzt. Dies kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.

Eine RBD kann der Manifestation eines Parkinson aber auch um viele Jahre vorausgehen. Nach Zahlen der TREND-Studie (Tübinger Erhebung von Risikofaktoren zur Erkennung von NeuroDegeneration) entwickelt sich bei Menschen, die an RBD leiden, aber noch keine typischen Parkinsonsymptome aufweisen, in bis zu 85 Prozent in den folgenden 15–20 Jahren eine Parkinsonkrankheit.

Medikamente

Die symptomatisch orientierte Therapie zielt vor allem auf die beeinträchtigte dopaminerge Neurotransmission:

  • MAO-B-Hemmer blockieren das Enzym Monoaminoxidase-B, das unter anderem Dopamin abbaut. Substanzen: Selegilin, Safinamid, Rasagilin.
  • Das Enzym Catechol-O-Methyltransferase (COMT) baut Levodopa ab. COMT-Hemmer erhöhen daher die Verfügbarkeit von Levodopa, haben aber alleine (d.h. ohne Gabe von Levodopa) keinen Effekt auf Parkinsonsymptome. Substanzen: Entacapon, Opicapon, Tolcapon (Letzteres erfordert wegen Lebertoxizität besondere Überwachung).
  • Die liquorgängige Dopaminvorstufe Levodopa wird immer zusammen mit einem nicht liquorgängigen Dopadecarboxylasehemmer (Benserazid, Carbidopa) gegeben, um den Umbau von Levodopa zum nicht-liquorgängigen Dopamin in der Peripherie zu verhindern. Jenseits der Blut-Liquor-Schranke wird Levodopa ungehindert zu Dopamin umgewandelt. Es gibt auch eine Dreifachkombination (mit dem COMT-Hemmer Entacapon).
  • Dopaminagonisten verstärken die Wirkung von Dopamin am Rezeptor. Man unterscheidet Nicht-Ergot- und Ergot-Agonisten. Letztere werden wegen des Risikos einer Lungenfibrose kaum noch verwendet. Nicht-Ergot-Substanzen: Apomorphin (nur subkutan), Pramipexol, Ropinirol, Piribedil, Rotigotin (transdermal).
  • Amantadin hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin in präsynaptische Nervenzellen und stimuliert die Freisetzung des Neurotransmitters.
  • Bestimmte Anticholinergika blockieren selektiv muscarinerge Rezeptoren im Striatum, die die Freisetzung von Dopamin in Basalganglien modulieren. Substanzen: Biperiden, Bornaprin, Trihexyphenidyl. Anticholinergia kommen wegen der zentralen und peripheren Nebeneffekte fast nur noch bei anderweitig nicht beherrschbarem Tremor zum Einsatz.

Differenzialtherapie in der Frühphase

Die S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfiehlt hier die Gabe von MAO-Hemmern, Dopaminagonisten oder Levodopa.

Dopaminagonisten sind schwächer wirksam und weniger gut verträglich (insbesondere Übelkeit, Müdigkeit, Blutdruckabfall, Mundtrockenheit, Benommenheit) als Levodopa, es entwickeln sich aber im späteren Verlauf weniger Wirkungsfluktuationen und Dyskinesien.

Da fast alle Patienten nach spätestens zehn Jahren Behandlung mit Levodopa unter Wirkungsfluktuationen und Dyskinesien leiden, wird geraten, bei jüngeren Patienten mit Dopaminagonisten (vom Nicht-Ergot-Typ) zu beginnen.

Nach vier bis sechs Jahren benötigen aber die meisten Patienten Levodopa.

Bei Älteren gleich Levodopa

Bei älteren Patienten sollte gleich mit Levodopa begonnen werden, weil hier die Nebenwirkungen der Dopaminagonisten (unter anderem auf kognitive Leistungsfähigkeit und Blutdruckregulation) wegen der Komorbiditäten stärker ins Gewicht fallen.

Levodopa sollte immer in der niedrigsten, aber ausreichend wirksamen Dosis gegeben werden, um motorische Komplikationen hinauszuzögern.

Die Therapie in der Intermediärphase mit zunehmenden Komplikationen (Fluktuationen, Dyskinesien, nicht-motorische Symptome) und stärker werdenden dopaminresistenten Symptomen (Gangstörungen, Dysarthrie, Dysphagie, kognitive Störungen) erfordert in der Regel fachärztliches Konsil. Dies gilt umso mehr für die Spätphase mit Demenz, Stürzen und Pflegebedürftigkeit.

Nicht-medikamentöse Therapie

Die Leitlinie der DGN fordert für Parkinsonpatienten Zugang zu Physiotherapie. Schwerpunkte sind vor allem Gangtraining, die Verbesserung von Gleichgewichtssinn, aerober Kapazität und Mobilität sowie die Sturzprävention.

Sprechstörungen erfordern logopädische Unterstützung. Patienten mit eingeschränkter Handlungsfähigkeit benötigen Ergotherapie, um die beruflichen und familiären Funktionen sowie die Autonomie bei grundlegenden Aktivitäten des täglichen Lebens so lang wie möglich zu erhalten.

Schnittstellen haus-/fachärztliche Betreuung

  • Bestehen Symptome, die auf ein Parkinsonsyndrom hinweisen, sollten die Patienten zur fachärztlichen Untersuchung überwiesen werden, um auch atypische Formen der Erkrankung nicht zu übersehen.
  • In der Regel erfolgt auch die medikamentöse Ersteinstellung bei Spezialisten.
  • Ferner sollte fachärztliche Unterstützung bei allen Komplikationen im Lauf der Erkrankung eingeholt werden.
  • Obwohl die Diagnose im Allgemeinen klinisch gestellt wird, empfiehlt die Leitlinie der DGN bei jedem Patienten mit typischen Parkinsonsymptomen mindestens einmal zu Beginn der Erkrankung eine bildgebende Untersuchung, idealerweise ein MRT. Damit lassen sich Ursachen für ein sekundäres Parkinsonsyndrom ausschließen, etwa ein Hydrozephalus.
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