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Hausarzt MedizinMetformin – Unangefochten die Nummer 1?

Metformin ist weltweit das am häufigsten eingesetzte Medikament zur oralen Therapie bei Typ-2-Diabetes. Über die bereits in den 1920er-Jahren beschriebene Substanz wurde und wird immer wieder kontrovers diskutiert. Wir haben nachgefragt bei Dr. Bernardo Mertes vom CCB Frankfurt.

Die aktuellen deutschen Leitlinien nennen Metformin übereinstimmend als Mittel der ersten Wahl bei Typ-2-Diabetes, wenn das Blutzuckerziel mit den nicht-medikamentösen Basismaßnahmen verfehlt wird. Welche Vorteile hat Metformin gegenüber den anderen oralen Antidiabetika, etwa den Sulfonylharnstoffen?

Mertes: Zwischen Metformin auf der einen und Sulfonylharnstoffen auf der anderen Seite bestehen gravierende Unterschiede. Während die Effekte von Metformin unabhängig von Insulin sind, bewirken Sulfonylharnstoffe eine anhaltende Stimulation der Insulinfreisetzung. Letzteres führt bei Menschen, die ohnehin meist schon übergewichtig sind, oft zu einer weiteren Gewichtszunahme. Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko für Hypoglykämien. Die antidiabetischen Wirkungen von Metformin beruhen neben der Dämpfung des Appetits auf einer Hemmung der Glukoneogenese in der Leber und vermutlich auf einer gesteigerten Aufnahme von Glukose in die Muskulatur. Metformin ist daher für Menschen mit Typ-2-Diabetes, die erstmals auf ein blutzuckersenkendes Medikament eingestellt werden, in den meisten Fällen vorzuziehen, insbesondere bei Übergewicht.

Wann wären Sie mit Metformin vorsichtig?

Achten muss man besonders auf die Nierenfunktion. Liegt die Kreatinin-Clearance unter 45 ml/min/1,73 m², ist Metformin kontraindiziert, ferner bei Erkrankungen, die akut zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion führen können. Ich bin daher bei schlanken älteren Menschen sehr vorsichtig, weil sie unter Metformin leicht ins Untergewicht geraten können. Kommt dann z. B. ein Magen-Darm-Infekt dazu, kann es schnell zur Dehydrierung und damit zum akuten Nieren- und Kreislaufversagen mit der Gefahr der Laktatazidose kommen.

Worauf ist zu achten, wenn Metformin angesetzt wird?

Die Patienten müssen über die Wirkweise und die Einnahme von Metformin aufgeklärt werden. Sie sollten wissen, dass es häufig zu einer – erwünschten – Abnahme des Appetits kommt und vor allem in den ersten beiden Wochen gastrointestinale Nebenwirkungen wie Übelkeit, Bauchschmerzen, dünne Stühle oder Blähungen auftreten können. Wichtig ist, Metformin nach den Mahlzeiten mit reichlich Flüssigkeit zu nehmen und mit bestimmten Nahrungsmitteln wie Hülsenfrüchten, Sauerkraut oder Vollkornprodukten vorsichtig zu sein, zumindest in den ersten Wochen. Die Dosis sollte langsam gesteigert und auf zwei oder drei Einnahmen pro Tag verteilt werden. Patienten mit Schluckstörungen kann das Einnehmen geteilter 1000-mg-Tabletten Schwierigkeiten bereiten, sodass hier besser Tabletten zu 500 mg verordnet werden. Berücksichtig man all dies, kommen die allermeisten Patienten gut mit Metformin zurecht und dauerhafte Unverträglichkeit sind sehr selten.

Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, an dem die Monotherapie mit Metformin nicht mehr ausreicht, empfehlen die DEGAM und die AkdÄ die Kombination mit Insulin, Glibenclamid oder einem DPP-4-Hemmer.

Einem Normalgewichtigen, der mit Metformin nicht mehr auskommt, würde ich zuerst eine Monotherapie mit Glibenclamid anbieten, vor allem wenn keine Hinweise auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung vorliegen. Der Kombination aus Metformin und Glibenclamid stehe ich sehr skeptisch gegenüber. UKPDS hat gezeigt, dass darunter die kardiovaskuläre Mortalität signifikant steigt. Die Kombination von Metformin mit einem DPP-4-Hemmer ist praktikabel und hat den Vorteil, dass sie gewichtsneutral ist und kaum Hypoglykämien verursacht. Leider fehlen bis jetzt Endpunktstudien, das heißt wir wissen nicht, ob DPP4-Hemmer das Leben der Patienten verlängern. Erfahrungsgemäß ist die antidiabetische Wirkung nicht sehr stark und schafft meist nur einen kurzen Zeitgewinn, bevor schließlich doch mit Insulin kombiniert werden muss.

Wie kombiniert man Metformin und Insulin am besten?

Wir bevorzugen an unserer Schwerpunktpraxis und an unserer Klinik einen Weg, der nicht ausdrücklich in offiziellen Leitlinien zu finden ist: Bei uns wird Metformin, möglichst in der Höchstdosis von 2 Gramm/Tag, zunächst mit einem NPH-Insulin zur Nacht kombiniert. Dadurch ist der Patient nach wie vor tagsüber frei von exogen zugeführtem Insulin. Eigene Auswertungen haben gezeigt, dass die Patienten unter dieser Behandlung nicht zunehmen, sich das HbA 1c verbessert und keine Hypoglykämien auftreten. Die NPH-Dosis beginnt bei 8 Einheiten und wird bei Bedarf in kleinen Schritten auf höchstens 16 Einheiten gesteigert. Ein großer Vorteil dieses Vorgehens ist, dass die Patienten trotz der Insulinbehandlung weiterhin ihre bisherige Kostform beibhalten dürfen, ohne Kohlenhydrateinheiten (KE, früher BE) zu berücksichtigen. Der Schulungsaufwand ist daher sehr gering. Für die Umstellung ist außerdem keine stationäre Behandlung erforderlich. Da die Patienten tagsüber kein Insulin spritzen, müssen sie den Blutzucker nicht regelmäßig bestimmen. Sie können es aber gelegentlich tun, und der Arzt darf ihnen dafür Teststreifen verordnen. Insgesamt ist diese Therapiestrategie daher sehr beliebt.

Wie überwachen Sie diese Therapie?

Wir orientieren uns am HbA 1c. Das Ziel vereinbaren wir individuell mit den Patienten, meistens im Bereich zwischen 6,5 und 7,5 %. Liegt der Wert in diesem Korridor, wird die Behandlung fortgeführt. Ist er zu hoch, erhöhen wir das NPH-Insulin in Schritten von 2 Einheiten. Wenn das HbA 1c trotz erhöhter Dosis nicht besser wird oder sogar weiter steigt, kann das daran liegen, dass die Insulindosis bereits zu hoch ist. Es kommt dann zu unbemerkten nächtlichen Hypoglykämien, auf die der Körper mit einem Anstieg des Nüchternblutzuckers reagiert. Um diese Unterzuckerung auszuschließen, müssen die Patienten für zwei Nächte den Blutzucker um 22, um 2, um 5 und um 7 Uhr morgens bestimmen.

Würden Sie zusätzlich ein Inkretinmimetikum geben, wenn die Kombination aus Metformin plus NPH-Insulin zur Nacht und eventuell einem DPP4-Hemmer nicht mehr ausreicht?

Nein, eher nicht. Wenn die genannte Dreifachkombination ausgereizt ist, sollte man meiner Erfahrung nach auf Insulin umstellen. Die klassische konventionelle Insulintherapie besteht aus je einer Injektion eines Mischinsulins am Morgen und am Abend, bei der intensivierten sind es vier Injektionen mit mindestens drei Blutzuckermessungen pro Tag. Welche Variante gewählt wird, muss man mit den Patienten besprechen. Wichtig ist, dass Metformin beibehalten wird, weil sonst die Gefahr einer Gewichtszunahme besteht.

Abkürzungen

  • AkdÄ: Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

  • DEGAM: Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

  • DPP 4-Hemmer: Hemmer der Dipeptidylpeptidase 4

  • NPH-Insulin: Neutral Protamin Hagedorn; durch die Verbindung mit Protamin wird die Wirkung eines Insulins verlängert („Verzögerungsinsulin“).

  • UKPDS: United Kingdom Prospective Diabetes Study

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