Corona-ImpfungHohe Nachfrage – mit vielen Nachfragen

Die Corona-Impfung ist in Hausarztpraxen mittlerweile Routine – wären da nicht immer wieder neue Steine, die Hausärztinnen und Hausärzten in den Weg gelegt werden. Erfahrungsberichte aus den Praxen zeigen: Das Engagement ist groß, doch drei Hürden bleiben.

Hohe Nachfrage– mit vielen Nachfragen

Die Nachfrage nach Corona-Impfungen in den Hausarztpraxen ist weiterhin “riesig” – und sie dürfte mit der geplanten Aufhebung der Priorisierung zum 7. Juni (www.hausarzt.link/rG5bn) noch steigen. Das betonen Hausärztinnen und Hausärzte aus allen Regionen Deutschlands.

Doch: Wochen nach dem Impfstart hat sich in den Praxen selbst zwar eine Routine eingespielt, das Handling der Impfstoffe bereitet keine Probleme mehr – doch äußere Einflüsse wie kurzfristige Lieferzu- und -absagen oder mangelnde Kommunikation durch Politik und Medien sorgen weiterhin für enorme Herausforderungen im Alltag, wie Erfahrungsberichte aus den Landeshausärzteverbänden zeigen.

“Der Ansturm auf die Hausarztpraxen ist immens, unsere Medizinischen Fachangestellten arbeiten seit Monaten an der Grenze der Belastbarkeit”, weiß Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands.

Vor allem drei Hürden lassen sich aus den aktuellen Erfahrungsberichten identifizieren:

  1. Vorbehalte gegen Astrazeneca. “Es muss endlich kommuniziert werden, dass alle hierzulande zugelassenen Impfstoffe sicher und wirksam sind”, fordert Hausärzte-Chef Weigeldt. “Der erhebliche Imageschaden, der zu Unrecht auf Astrazeneca lastet, ist auch der Verunsicherung geschuldet, die die desaströse Kommunikation seiner möglichen Nebenwirkungen seitens Politik und Behörden verursacht hat.” Viele dieser Unsicherheiten – auch beim Impfstoff von Johnson & Johnson – schlagen weiterhin in den Hausarztpraxen auf.
  2. Schwache Kommunikation durch die Politik. Als Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Anfang Mai “Astrazeneca für alle” und die Möglichkeit, den Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung auf bis zu vier Wochen zu verkürzen, verkündete, führte das zu heißgelaufenen Praxistelefonen (www.hausarzt.link/63Ara). Auch Schreiben einzelner Länder, “mit denen Hunderttausende Menschen wegen einer irgendwann einmal gestellten Diagnose zu einer Impfung eingeladen wurden”, halfen nicht, kritisiert Jens Wagenknecht, Hausarzt in Varel und Vize-Vorsitzender des Hausärzteverbands Niedersachsen.
  3. Kurzfristig veränderte Liefermengen. Auch im Mai musste ein großer Teil der Ressourcen noch auf kurzfristige Umplanungen verwendet werden; dies könnte sich mit größeren Liefermengen im Juni legen.

Priorisierungs-Aus bringt Licht und Schatten

Michael Niesen, Hausarzt in Ochtrup

Die Aufhebung der Priorisierung für alle Impfstoffe, die Bund und Länder bei Redaktionsschluss für 7. Juni planten, könnte die Problematik teils entschärfen. “Das würde meine Praxisarbeit und die meines Teams deutlich erleichtern”, sagt Michael Niesen, Hausarzt in Ochtrup und Vize-Vorsitzender des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe. Die größten Vorteile aus seiner Sicht: Zeitersparnis, erheblich weniger Telefonate und Diskussionen mit Patienten und dadurch bessere Stimmung im Team.

Gleichwohl berichteten Praxen aus Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Sachsen, wo die Priorisierung kurzerhand bereits im Mai beendet worden war, von einem zunächst erhöhten Telefonaufkommen und neuen Hürden für die Kommunikation.


Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Hausärztin in Pforzheim und Sprecherin des Forums Hausärztinnen im Deutschen Hausärzteverband

“Um den Vorbehalten gegen Astrazeneca kreativ zu begegnen, habe ich Anfang Mai eine ungewöhnliche Impfaktion ins Leben gerufen: Zusammen mit Kolleginnen verimpfte ich meine übrigen Impfdosen kurzerhand auf einem Supermarktparkplatz in Pforzheim – ganz ohne Termin und Voranmeldung. Damit habe ich gezeigt, wie es anders gehen kann: ohne den Zeitaufwand, den mir die Astrazeneca-Vakzine durch lange Einbestellzeiten und aufwändige Telefonakquisen beschert.

Der Andrang war riesig, über 2000 Interessierte waren für die 885 Impfdosen nach Pforzheim gekommen, die ersten warteten bereits um 8 Uhr morgens. Geimpft wurden sie von den Teams der Pforzheimer Hausarztpraxen Dres. Buhlinger-Göpfarth & Eleonore Fritz und Praxis Dr. Christina Sanwald sowie der Praxis Dres. Petra Sandig & Susanne Bublitz aus Pfedelbach.

Der Hausärzteverband Baden-Württemberg und der Deutsche Hausärzteverband haben die Aktion unterstützt.”



Dr. Hans-Michael Mühlenfeld, Hausarzt in Bremen und Vorsitzender des Instituts für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband (IHF)

“Ich hätte durchaus Bedarf, zusätzliches Personal einzustellen. Denn die zwei Mitarbeiter, die die Organisation und Planung der Impfungen erledigen, werden aus der Sprechstunde abgezogen. Werden uns 400 Impfdosen angekündigt, müssen sie etwa 450 Patienten anrufen. Das ist eine aufwändige Sache, denn solche Telefonate sind nicht in 30 Sekunden beendet. Die anderen Mitarbeiter müssen dann versuchen, die Arbeit aufzufangen.

Wir haben auch ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angefragt, ob sie bei uns bei den Impfungen mithelfen könnten. Aber Medizinische Fachangestellte (MFA) gibt es nicht wie Sand am Meer; der Bedarf ist da, kann aber nicht gestillt werden. Es ist auch schwierig, langfristig zu planen, wenn ich die Menschen stundenweise einstellen muss. Ich weiß ja nicht, wie es mit den Impfungen nächste Woche aussieht, wie viele tatsächlich vorgenommen werden können.”


Armin Beck, Hausarzt in Hofheim am Taunus und Vorsitzender des Hausärzteverbands Hessen

“Für mich ist die Hauptsache, dass kein Impfstoff weggeworfen wird. Die Arzt-Patienten-Beziehung gewinnt vor diesem Hintergrund an neuer Bedeutung: Wir Hausärztinnen und Hausärzte kennen unsere Patienten sehr lange. Wenn nun ungeplant Impfdosen übrigbleiben – etwa, weil Termine kurzfristig abgesagt werden, oder weil wir nicht regelhaft mit der siebten Dosis planen –, dann kann ich diese beispielsweise an Menschen verimpfen, die fußläufig um die Ecke wohnen. Aber ich muss sie eben kennen, also von ihrer Existenz wissen. Überhaupt einen Hausarzt zu haben – was wir ja immer empfehlen –, kann sich nun also auszahlen.”


„Das hohe Telefonaufkommen wird zur Belastung“

Dr. Jana Husemann, Hausärztin in Hamburg und Vorsitzende des Hausärzteverbands Hamburg

Wie hoch ist die Nachfrage nach der Corona-Impfung in der Praxis?

Die Nachfrage ist sehr hoch und sie steigt immer weiter. Am Anfang war für die Patientinnen und Patienten klar, dass wir nach Priorisierungsgruppen impfen, weswegen sie sich zurückhielten. Seitdem bekannt ist, dass die Priorisierung bei Astrazeneca aufgehoben wurde und Praxen oft Nachrückerlisten haben, melden sich immer mehr Patienten bei uns.

Was bedeutet das im Praxisalltag?

Das hohe Telefonaufkommen wird immer mehr zur Belastung. Dazu kommen zahlreiche Faxe und E-Mails rein. Wir wollen deswegen auf eine Online-Terminvergabe umstellen, weil wir neben den Impfungen auch weiter unseren normalen Praxisalltag machen müssen und das Telefon auch für andere Dinge benötigen.

Wie ist die Impfung selbst organisiert?

Wir impfen freitags in drei Zimmern. Dann arbeiten zwei Ärztinnen und Ärzte, eine Ärztin in Weiterbildung und drei Medizinische Fachangestellte (MFA), um den Impfablauf zu gewährleisten. Eine MFA kümmert sich um die Termine und koordiniert die Warteliste. Nachrücker müssen innerhalb von 30 Minuten in der Praxis sein.

Die Patientinnen und Patienten müssen den Aufklärungsbogen vor dem Termin in der Praxis abholen oder im Internet herunterladen und durchlesen. In der Praxis werden sie dann gefragt, ob sie noch Fragen haben, außerdem machen wir eine kurze Anamnese. Die meisten Impfwilligen haben aber keine Fragen mehr – sie möchten einfach geimpft werden.

Dann bleiben sie noch eine Viertelstunde im Wartezimmer oder vor der Tür. So gehen wir sicher, dass sie keine Kreislaufbeschwerden oder allergische Reaktionen haben. Das ist aber noch nie vorgekommen.

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