AuffrischimpfungenÄrzte im Spagat zwischen Politik und STIKO

Die STIKO-Empfehlung zu Corona-Auffrischimpfungen lässt immer noch auf sich warten. Doch erste Details sind jetzt bekannt und könnten hausärztliche Praxisteams in eine Zwickmühle bringen.

Nur Immungeschwächte sollen laut STIKO zunächst eine Corona-Auffrischimpfung erhalten.

Berlin. Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) zu den Corona-Auffrischimpfungen könnte für Praxisteams wieder einmal mehr Arbeit bedeuten und somit zu Verärgerung führen. Denn das Gremium will vorerst die Auffrischung nicht generell für Senioren empfehlen, wie STIKO-Vorsitzender Prof. Thomas Mertens am Freitag (24.9.) der Deutschen Presseagentur (dpa) bestätigte.

Stattdessen sollen die Booster allein Menschen mit geschwächtem Immunsystem erhalten. Eine Empfehlung nach Altersgruppen gebe die Kommission derzeit noch nicht, sagte Mertens. Die neue Empfehlung soll ihm zufolge in wenigen Tagen veröffentlicht werden. Hausärztinnen und Hausärzte stehen damit vor der Frage: Halten sie sich bei den Auffrischimpfungen an die STIKO oder die Beschlüsse der Gesundheitsminister?

Minister sehen weiteren Personenkreis

Zur Erinnerung: Bereits Mitte August hatte die Gesundheitsministerkonferenz verschiedene Personengruppen festgelegt, bei denen aus ihrer Sicht eine Auffrischungsimpfung ab 1. September gegeben werden sollte. Diesen Personenkreis erweiterten die Minister nochmals Anfang September (s. Tab. 1).

Seit Mitte August warten Hausärztinnen und Hausärzte daher auf die STIKO-Vorgaben zu Auffrischimpfungen, haben aber vielfach bereits mit den Pflegeheimen und ihren über 80-Jährigen Patienten die Abstimmung der erneuten Impfung begonnen oder die Booster sogar schon verabreicht. Der Deutsche Hausärzteverband hatte wiederholt das Vorpreschen der Politik ohne Vorliegen einer STIKO-Empfehlung kritisiert, weil dies zu Verunsicherung führt und den Praxen kein evidenzbasiertes Vorgehen ermöglicht.

Nicht zuletzt ist die neue Impfverordnung bereits zum 1. September in Kraft getreten. Bislang haben nach dpa-Informationen schon rund 486.500 Bürger das Angebot angenommen.

Mertens: Nach Ausmaß der Immunsuppression differenzieren

Bei der aktuellen STIKO-Empfehlung geht es laut Mertens um Menschen mit Immundefekten oder Erkrankungen, bei denen das Immunsystem medikamentös herunterreguliert wird, etwa bei Autoimmunerkrankungen oder nach einer Transplantation. Es soll aber innerhalb dieser Gruppen je nach Ausmaß der Immunsuppression differenziert werden, sagte Mertens der Deutschen Presse-Agentur. So solle sich der Zeitpunkt der Impfung danach richten, wie weit das Immunsystem geschwächt sei.

„Wann für Nichtrisikopatienten eine Auffrischungsimpfung nötig sein wird, ist wissenschaftlich deutlich schwerer zu beantworten“, sagte Mertens. „Die Entscheidung über eine Empfehlung dazu wird zumindest noch etwas dauern.“ STIKO-Mitglied Prof. Fred Zepp ergänzte, die Impfkommission werde mit Unterstützung des Robert Koch-Instituts prüfen, wie häufig und wie ausgeprägt Covid-19-Erkrankungen aktuell in höheren Altersgruppen auftreten.

„Sollte sich herausstellen, dass es ab einem bestimmten Alter gehäuft zu Impfdurchbrüchen kommt, könnte es auch zu einer allgemeinen Impf-Empfehlung etwa ab 60, 70 oder 80 Jahren kommen“, sagte Zepp den Funke-Zeitungen.

Mehrarbeit für Praxen?

Sowohl die verschiedenen Empfehlungen von Politik und STIKO als auch die Unterscheidung nach Ausmaß der Immunsuppression dürfte für hausärztliche Praxisteams mehr Arbeit bedeuten. Schließlich sind sie es, die in erster Linie die Fragen der Patienten und der Sinnhaftigkeit einer Auffrischungsimpfung im Einzelfall beantworten müssen. Umso ärgerlicher wäre es, wenn man jetzt ältere Senioren zunächst nicht weiter impft und die STIKO dann später ihre Empfehlung zu Auffrischungen nach Altersgruppen doch noch anpasst, wie von Zepp in Aussicht gestellt.

Darüber hinaus erscheint die Differenzierung nach Ausmaß der Immunschwäche unter Praxisbedingungen als deutlich aufwändiger und damit arbeits- und aufklärungsintensiver als eine Empfehlung nach Altersgruppen.

Jetzt noch Ungeimpfte motivieren

Hausärztechef Ulrich Weigeldt setzte beim Deutschen Hausärztetag am Donnerstag (23.9.) in Berlin ein Fragezeichen hinter die Auffrischimpfungen. So sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes: „Es ist wirklich ethisch fragwürdig, jetzt noch nicht notwendige Auffrischungsimpfungen bei uns vorzunehmen, wenn die Menschen in großen Teilen der Welt, besonders in den ärmeren Regionen, bislang noch nicht einmal eine Erstimpfung erhalten haben.“

Jetzt gehe es eher darum, „die letzten Ungeimpften zu überzeugen, sich impfen zu lassen. Nicht alle sind ideologisch blockierte Impfgegner“.

Impfungen gut verträglich

Der jüngste Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zeigt, dass die Impfungen bisher gut vertragen werden (s. Tab. 2). Es wertete dafür die Spontanmeldungen bis 31. August 2021 aus, die das PEI erhalten hat. Das Institut weist darauf hin, dass Spontanmeldungen sich allerdings nicht eignen, um Angaben zur exakten Häufigkeit von vermutlichen Reaktionen abzuleiten. red

Quelle: dpa

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