Hausarzt MedizinHepatitis: Der Buchstabe macht den Unterschied

Eines ist bei allen Hepatitis-Viren gleich: Die Leber ist ihr Ziel. Doch in ihrer Struktur und dem Infektionsweg, ob sie eher akute oder chronische Infektionen verursachen sowie in ihrer Therapierbarkeit unterscheiden sie sich voneinander.

Hepatitis A

Das Hepatitis-A-Virus (HAV) ist ein PicoRNA-Virus und für circa 20 bis 25 Prozent der klinisch manifesten Leberentzündungen veranwtortlich. Das Virus zeigt ein weltweites Vorkommen mit hoher Prävalenz in Afrika, Mittel- und Südamerika sowie in Asien. Es wird fäkal-oral übertragen.

Die Infektion verläuft nach einer Inkubationszeit von 15 bis 50 Tagen akut, in vielen Fällen unbemerkt oder als milde Gastroenteritis, gelegentlich auch schwerer mit cholestatischem Verlauf und Ikterus. Eine Chronifizierung wurde bislang nicht beschrieben. Allerdings gibt es seltene fulminante Verläufe.

Eine spezifische Therapie der akuten Infektion gibt es nicht.

Impfung: Seit 1992 steht eine aktive Impfung gegen das HAV zur Verfügung. Es wird zweimal im Abstand von 6 bis 12 Monaten geimpft. Bereits 14 Tage nach der ersten Impfdosis besteht ein ausreichender kurzzeitiger Schutz. Nach der zweiten Impfung rechnet man mit einer Wirkdauer von bis zu 25 Jahren, wenn nicht sogar lebenslang [1]. Impfungen werden empfohlen für Kinder unter 18 Jahren sowie für bestimmte Risikogruppen wie Beschäftigte im Gesundheitswesen und Reisende in Gebiete mit hoher Prävalenz [2].

Hepatitis B

Das Hepatitis-B-Virus (HBV) gehört zur Familie der HepaDNA-Viren. Der Infektionsweg verläuft parenteral, in Endemiegebieten besonders häufig perinatal, ansonsten über Geschlechtsverkehr, i. v. Drogenkonsum oder durch Kontakte im Gesundheitswesen.

Die meisten akuten Infektionen verlaufen subklinisch und heilen folgenlos aus. Seltener kommt es bei den Patienten zu einer akuten ikterischen Hepatitis.

Während Infektionen im Kindesalter sehr häufig zu einem chronischen Verlauf führen, kommt es bei 95 Prozent der Erwachsenen nach 4 bis 6 Monaten zur Ausheilung der HBV-Infektion mit Bildung spezifischer Antikörper. Nur in 5 bis 10 Prozent der Fälle geht die Erkrankung in eine chronische Form über. Diese ist definiert durch den Nachweis von HBV-Oberflächenantigen (HBsAg) und teilweise von HBV-DNA. 25 Prozent dieser Patienten sind gefährdet, im Verlauf ihrer Erkrankung eine Leberzirrhose mit entsprechenden Komplikationen zu entwickeln. Daher wird bei jedem Patienten individuell entschieden, ob eine Therapie indiziert ist.

Nach den Leitlinien der Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS) werden verschiedene Untersuchungen zum Monitoring durchgeführt. In der Regel werden nach der Diagnosestellung HBV-DNA, Leberwerte und Lebersyntheseparameter sowie eine Diagnostik zur Bestimmung des Fibrosestatus (Leberbiopsie oder Fibroscan) herangezogen, um eine Entscheidung über die Notwendigkeit einer Therapie zu treffen.

Therapie: Liegt die HBV-DNA konstant bei Werten über 2.000 IU/ml, zeigen sich erhöhte Transaminasen und Zeichen des Lebergewebeschadens, ist die Indikation zur Therapie gegeben. Dann kann individuell entschieden werden, ob der Patient mit einer lebenslangen Gabe von Nukleos(t)idanaloga wie z. B. Entecavir oder Tenofovir behandelt werden soll oder ob eine zeitlich begrenzte 48-wöchige Therapie mit pegyliertem Interferon anstrebt werden sollte, die bei rund 10 Prozent der behandelten Patienten zu einer HBs-Serokonversion führt.

Ein regelmäßiges Monitoring des Therapieansprechens sowie Untersuchungen der Leber in Bezug auf das mögliche Entstehen eines hepatozellulären Karzinoms sollten in Abhängigkeit vom Fibrosestatus in 6- bis 12-monatigen Abständen mittels sonographischer Kontrolle und ggf. Bestimmung des Alpha-1-Fetoproteins (AFP) durchgeführt werden [3].

Eine Heilung der Hepatitis-B-Infektion ist derzeit noch nicht in größerem Umfang möglich. Derzeit laufen weltweit Forschungen mit unterschiedlichen Ansatzpunkten, wie z. B. Entry-Inhibitoren, Capsid-Assembly-Inhibitoren und Hemmstoffen der HBsAG-Freisetzung [4].

Außerdem wird derzeit versucht, die zugelassenen Therapieregime zu verbessern. In Studien zeigte Tenofovir Alafenamid (TAF) im Vergleich zu Tenofovir eine höhere Sicherheit in Bezug auf mögliche Nieren- und Knochennebenwirkungen [5].

Impfung: Auch bei der Hepatitis B steht die Prophylaxe einer möglichen Infektion mit einer hocheffektiven Impfung im Vordergrund. Diese wird in Deutschland für alle Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren sowie für Mitarbeiter des Gesundheitswesens empfohlen. Eine dreimalige Grundimmunisierung sowie daraus resultierende Anti-HBs-Antikörpertiter von > 100 U/l gewährleisten einen ausreichenden Schutz vor einer möglichen Infektion.

Hepatitis C

Das Hepatitis C-Virus (HCV) ist ein RNA-Virus aus der Familie der Flaviviridae. Das Virus wird unterteilt in 7 Genotypen [10], die weltweit in unterschiedlicher Verteilung auftreten. In Europa und den USA ist die HCV-Infektion die häufigste Form einer virusbedingten Leberentzündung. Sie ist in ca. 40 Prozent aller Fälle die Ursache einer Leberzirrhose, in ca. 60 Prozent Grund für die Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms und in Deutschland Ursache für 30 Prozent aller durchgeführten Lebertransplantationen. Nach wie vor existiert eine hohe Dunkelziffer.

Die Übertragung erfolgt parenteral über Blut und Blutprodukte sowie über kleinste Verletzungen mit infizierten Materialien wie Spritzen, Rasierklingen oder Nadeln. Entgegen häufiger Vorurteile ist eine sexuelle Übertragung in weniger als 5 Prozent der Fälle anzunehmen. Häufig ist der Übertragungsweg ungeklärt, da 3/4 der Infizierten weder Bluttransfusionen erhalten haben noch andere Risikofaktoren wie z. B. intravenösen Drogenkonsum aufweisen.

Im Gegensatz zu den hohen Ausheilungsraten der akuten Hepatitis B kommt es bei der akuten Hepatitis C nur in ca. 25 Prozent der Fälle zu einer spontanen Ausheilung [11].

Eine spezifische Impfung existiert nicht.

Therapie: Die etablierte Behandlung der chronischen Hepatitis C war bis 2011 die Gabe von pegyliertem Interferon-alpha und Ribavirin, unabhängig vom Genotyp. Diese Therapie hatte trotz der langen Dauer von meist 12 Monaten nur eine relativ niedrige Ansprechrate von 40 bis 50 Prozent und zahlreiche Nebenwirkungen.

2011 wurden die ersten neuen Substanzen zugelassen, die direkt in den Vermehrungszyklus des HCV eingreifen (Direct Acting Antivirals, DAA). Die Heilungsraten mit DAA der ersten Generation wie den Proteaseinhibitoren Boceprevir und Telaprevir lagen bei 70 Prozent, die Therapien waren aber immer noch mit Interferon und Ribavirin kombiniert. 2014/2015 wurden weitere Substanzen zugelassen: Sofosbuvir, Simeprevir, Daclatasvir, Ledipasvir, Paritaprevir, Ombitasvir sowie Dasabuvir, neue hocheffektive direkt virushemmende Substanzen, die synergistisch wirken.

Die zulassungsabhängige Kombination der einzelnen Substanzen erlaubt bei allen Genotypen eine interferonfreie, nebenwirkungsarme und dennoch hocheffektive antivirale Therapie, die in den meisten Fällen nach 12 Wochen beendet werden kann. Alle diese Substanzen zeigen in klinischen Studien, aber auch durch Real-life-Daten eine mehr als 95-prozentige Heilungsrate nach 8 bis 12 Wochen Behandlungszeit, und dies auch bei Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose oder einer erfolglosen Vorbehandlung. Weitere Substanzen wie Velpatasvir, Elbasvir und Grazoprevir wurden 2016 zugelassen.

Hepatitis D

Das Hepatitis-D-Virus (HDV) ist ein ebenfalls weltweit vorkommendes Virus. HDV ist ein inkomplettes Virus, das die vom HBV gebildeten Hüllproteine zur Komplettierung benötigt. Eine Infektion ist somit nur bei HBsAg-positiven Patienten möglich.

Die Infektion kann simultan mit HBV sowie als HDV-Superinfektion von HBV-Infizierten erfolgen. Eine Koinfektion mit dem HDV lässt sich in Westeuropa bei 5 bis 12 Prozent der Patienten mit chronischer Hepatitis B nachweisen. [7]. Die Übertragung des HDV erfolgt ebenfalls parenteral.

Die Hepatitis D kann sowohl akut als auch chronisch verlaufen [6]. Man geht davon aus, dass die Letalität der Hepatitis D ca. zehnmal so hoch ist wie die einer alleinigen HBV-Infektion [8]. Daher ist die Bestimmung von Anti-HDV und bei positivem Befund von HDV-RNA bei allen Hepatitis-B-Patienten unabdingbar.

Therapie: Die einzige Therapieoption besteht in der Gabe von pegyliertem Alpha-Interferon über mindestens 12 Monate. Verlaufsparameter für ein Therapieansprechen sind der Abfall der HDV-RNA und des HBsAg [9].

Bei Patienten, die Kontraindikationen gegen eine Therapie mit Interferon aufweisen, sollte frühzeitig die Frage nach einer Lebertransplantation gestellt werden.

Hepatitis E

Das Hepatitis-E-Virus (HEV) verursacht eine meist akut verlaufende, spontan ausheilende Leberentzündung.

Die Infektion wird fäkal-oral übertragen, verunreinigtes Trinkwasser und infiziertes Schweine- oder Wildschweinfleisch gehören zu den möglichen Infektionsquellen [12]. Während die meisten Infektionen unbemerkt verlaufen, kann die Erkrankung bei immunsupprimierten zu chronischen und bei leberkranken Patienten sowie Schwangeren sogar zu tödlichen Verläufen führen [13, 14].

Der Nachweis von HEV-Antikörpern im Blut sowie HEV-RNA in Blut und Stuhl wird zur Diagnosestellung herangezogen.

Therapie: Eine bei HEV zugelassene Therapie gibt es nicht, allerdings wird Ribavirin eingesetzt, um schwere akute oder chronische verlaufende Infektionen zu behandeln.

Impfung: Prophylaktische Impfungen stehen nur in China für den Genotyp 1 zu Verfügung, eine Zulassung oder ein spezieller Impfstoff für den in Europa häufigeren Genotyp 3 existieren nicht. In Risikoregionen sollte man daher auf abgekochtes Trinkwasser und auf das Erhitzen von Speisen auf über 70°C achten.

Fazit

  • Für Hepatitis A, B und D stehen effektive Impfungen zur Verfügung, die einer Infektion vorbeugen können. Durch die Empfehlungen der STIKO wurde besonders bei HBV eine hohe Durchimpfungsrate bei Kindern und Jugendlichen erreicht.

  • Infektionen mit HCV können durch neue, effektive Medikamente in mehr als 95 Prozent geheilt werden. Hier spielt die Diagnosestellung eine entscheidende Rolle.

  • Immer noch wird davon ausgegangen, dass 70 bis 80 Prozent der Infizierten nichts von ihrer Erkrankung wissen. Risikopatienten und solche mit unklaren Leberwerterhöhungen sind daher immer abzuklären.

  • Vor allem bei Immunsupprimierten mit Zeichen einer Hepatitis muss immer auch eine Hepatitis-E-Infektion ausgeschlossen werden.

Interessenkonflikte: Autorin hat keine deklariert

Literatur

    1. J.J. Ott, S.T. Wiersma / International Journal of Infectious Diseases 17 (2013) e939–e944
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