Hausarzt MedizinHarnwegsinfekte behandeln und vorbeugen

UnkomplizierteHarnwegsinfekte betreffen überwiegend weibliche Patienten, kommen manchmal aber auch bei Männern vor. Ein Antibiotikum kann meist rasch Abhilfe schaffen. Bei Patienten mit häufigen Infektionen lohnen sich prophylaktische Maßnahmen.

Harnwegsinfekte ereignen sich in ca. 50 Prozent der Fälle durch ein Aufsteigen von (meist) Darmbakterien aus der Uretha in die Harnblase. Die kurze Urethra ist einer der Gründe dafür, dass Harnwegsinfekte bei Frauen etwa 50-mal häufiger vorkommen als bei Männern.

Definitionsgemäß bedeutet "unkompliziert", dass keine funktionellen oder anatomischen Anomalien des Harntrakts (z. B. eine Harnröhrenenge oder eine Nephrolithiasis), keine Nierenfunktionsstörungen und keine relevanten Begleiterkankungen (wie etwa ein Diabetes mellitus oder eine Blasenentleerungsstörung bei neurologischer Diagnose) vorliegen.

Abzugrenzen sind die unkomplizierten Harnwegsinfekte außerdem von der asymptomatischen Bakteriurie, die den symptomlosen Nachweis von Bakterien in der Blase beschreibt. Diese bedarf bei nicht schwangeren, prämenopausalen Frauen, bei älteren weiblichen Personen, die in Heimen oder zuhause leben, und bei Patienten mit Dauerkatheter in situ, keiner antibiotischen Therapie. Therapiebedürftig ist die asymptomatische Bakteriurie nur bei Schwangeren und Patienten, die sich einer schleimhauttraumatisierenden Untersuchung des Harntraktes unterziehen müssen [1, 2].

Diagnose

Charakteristisch für unkomplizierte Harnwegsinfekte sind die typischen klinischen Symptome des unteren Harntrakts wie Dysurie, vermehrter Harndrang und suprasymphysäre Schmerzen.

Zentraler Punkt der Diagnostik ist die Urinuntersuchung. Erforderlich ist die Untersuchung des Mittelstrahlurins, wobei immer zu beachten ist, dass eine falsche Probengewinnung zum falsch-positiven Nachweis einer Bakteriurie führen kann.

Zu beachten ist außerdem, dass die absolut nachgewiesene Keimzahl nicht immer mit den klinischen Beschwerden einhergeht und auch bereits sehr kleine Keimzahlen uropathogener E.-coli-Bakterien eine Zystitis hervorrufen können. Diese können häufig in der bakteriologischen Routinediagnostik nicht erfasst werden. Hieraus folgt, dass bei entsprechenden Beschwerden selbst der Nachweis von E. coli in geringer Zahl (10 KbE/ml) pathognomisch sein kann. Für die Bewertung der Urinkultur ist außerdem zu beachten, dass bei grampositiven Bakterien (z. B. Enterokokken und Streptokokken Gruppe B) Kontaminationen häufig sind [3].

Sollte ein männlicher Patient von einem Harnwegsinfekt betroffen sein, ist eine weitere urologische Abklärung der Prostata beziehungsweise der Blasenentleerung dringend zu empfehlen.

Auch bei weiblichen Patienten mit rezidivierenden Harnwegsinfekten ist eine urologische Abklärung zum Ausschluss einer Harntraktanomalie oder einer Blasenentleerungsstörung sinnvoll.

Antibiotikatherapie

Prinzipiell wurde in wenigen placebokontrollierten Studien gezeigt, dass die akute unkomplizierte Zystitis mit einer hohen Spontanheilungsrate einhergeht, wobei der kalkulierte Einsatz von Antibiotika den Heilungsverlauf deutlich beschleunigt [3].

Bei der Auswahl eines Antibiotikums ist vor allem das individuelle Risiko des Patienten (wie etwa Allergien), die Antibiotikavortherapie, das vorhandene Erregerspektrum und dessen Antibiotikasensitivität zu berücksichtigen. Auch die Auswirkung des Antibiotikums auf die Resistenzsituation des Patienten und dessen Kollateralflora (z. B. das erhöhte Risiko für die Ausbildung einer mit Clostridium difficile assoziierten Kolitis durch den Einsatz von Fluorchinolonen) muss dazu führen, in der Erstlinientherapie Alternativpräparate einzusetzen [4].

Diese Kriterien haben national und international zu einer Neubewertung der Therapieempfehlung bei unkomplizierten Harnwegsinfekten geführt (Tab. 1) [4]. Für die in der Erstlinientherapie empfohlenen Präparate konnte gezeigt werden, dass die Empfindlichkeitsrate gegenüber E. coli bei über 90 Prozent liegt [1, 5].

Prophylaxe

Allgemeine Maßnahmen sind eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, die regelmäßige Blasenentleerung, das Ansäuern des Urins, Schutz vor Unterkühlung, sorgfältige Anal- und Genitalhygiene und eine allgemeine Stärkung des Immunsystems; diese sollten betroffenen Patientinnen immer empfohlen werden.

Eine Antibiotikaprophylaxe gilt als die sicherste und am besten etablierte Methode zur Vermeidung von rezidivierenden Harnwegsinfekten. Nach den EAU-Leitlinien werden hierzu vor allem Substanzen wie Nitrofurantoin oder Trimethoprim als niedrig dosierte Dauertherapie über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten oder als postkoitale Einmalgabe eingesetzt [5].

Die vaginale Östrogenisierung wie auch die vaginale Applikation von Laktobazillen kann ebenfalls zur Vermeidung rezidivierender Harnwegsinfekte eingesetzt werden. Diese Therapie sollte mit dem behandelnden Gynäkologen abgestimmt werden.

Die systemische Vakzinierung zur Immunprophylaxe wird nach den Leitlinien der European Association of Urology (EAU) ebenfalls empfohlen [5].

Die intravesikale Anwendung von Hyaluronsäure/Chondroitinsulfat ist eine weitere Option zur Senkung der Rate rezidivierender Harnwegsinfekte und zur Verlängerung des infektfreien Intervalls bei guter Verträglichkeit.

Pflanzliche Produkte, denen u. a. diuretische, antibakterielle und antiinflammatorische Wirkungen zugeschrieben werden, können in der Prophylaxe von rezidivierenden Harnwegsinfekten eingesetzt werden, allerdings fehlen valide Studien. Außerdem sollten mögliche Nebenwirkungen bei vermehrtem Konsum von Bärentraubenblättern unbedingt beachtet werden.

Ausblick

In jüngerer Zeit konnte man eine Reihe von antimikrobiellen Peptiden nachweisen, die u. a. von Epithel- und Urothelzellen gebildet und in den Harn von Sammelrohren bzw. in denen der ableitenden Harnwege sezerniert werden. Dazu gehören Defensine, Hepcidin und Ribonuklease 7. Letztere tötet u. a. E. coli durch Zerstörung der Bakterienwand ab [6]. In diesen Peptiden und in einer Stärkung der körpereigenen Abwehr liegen möglicherweise Therapieoptionen, die Gegenstand weiterer Forschungsarbeiten sein müssen – vor allem mit dem Ziel, den Einsatz von Antibiotika zu minimieren.

Fazit

  • Unkomplizierte Harnwegsinfekte wie auch eine asymptomatische Bakteriurie sind häufig.

  • Eine Antibiotikatherapie sollte, wenn notwendig, immer testgerecht erfolgen.

  • Viele Patientinnen profitieren von prophylaktischen Maßnahmen.

  • Männliche Patienten mit einem Harnwegsinfekt oder dysurischen Beschwerden, sollten bezüglich einer möglichen Prostataerkrankung weiter abgeklärt werden.

Literatur

  1. Wagenlehner FME, Schmiemann G, Hoyme U, et al: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. S-3 Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) AWMF-Register -Nr 043/044 2010 [cited 2010 October]; Avaiable from: www-uni-duesseldorf.de/AWMF/

  2. Nicolle LE, Bradley S, Colgan R, Rice JC, Schaeffer A, Hooton TM: Infectious Diseases Society of America guidelines for the diagnosis and treatment of asymptomatic bacteriuria in adults. Clin Infect Dis 2005; 40: 643-54

  3. Naber KG: Der Urologe 2014, 53: 1489-1494

  4. Wagenlehner FME, Hoyme U, Klaase M, et al.: Clinical practice guideline: uncomplicated urinary tract infections . Dtsch Arztebl Inte 2011; 108(24): 415-423, DOI: 10.3238/arztebl.2011.0415

  5. Grabe M, Grabe M, Bjerklund-Johansen TE et al (2014) Guidelines on urological infections. Part 19, European Asoociation of Urology, Arnhem S1-107, ISBN 978-90-79754-65-6. http://uroweb.org

  6. Spencer JD, Schwaderer AL, Wang H, Bartz J, Kline J, Eichler T, De Souza KR, Sims-Lukas S, Baker P, Hains DS: Ribinuclease 7, an antimicrobial peptide upregulated during infection, contributes to microbial defense of the human urinary tract. Kidney International 2013; 83: 615-625

Mögliche Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.

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