Berlin. In den Jahren nach einer Geburt verschlechtert sich das mentale Wohlbefinden vieler Frauen einer Studie zufolge deutlich. Annähernd jede Dritte (29,5 Prozent) der befragten Frauen erlebte in den ersten sieben Jahren der Mutterschaft eine “substanzielle Verschlechterung”, wie aus einer am Mittwoch (29.8.) veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hervorgeht. Die Forscher stellten demnach aber auch den umgekehrten Effekt fest: Rund jede fünfte Frau (19 Prozent), die Mutter geworden war, fühlte sich in den Jahren danach deutlich besser.
Abgefragt wurde etwa, wie oft Frauen sich wegen seelischer Probleme zurückzogen, wie oft sie sich niedergeschlagen oder ausgeglichen fühlten und wie häufig sie voller Energie waren. Die Effekte gingen über normale Schwankungen von Jahr zu Jahr hinaus, erklärte DIW-Wissenschaftler Marco Giesselmann. Die Ergebnisse ließen sich auch nicht allein durch das Altern erklären: In einer Vergleichsgruppe kinderloser Frauen verschlechterte sich das Wohlbefinden zwar ebenfalls, allerdings weniger ausgeprägt.
Veränderungen ergeben sich demnach vor allem bei Merkmalen mit Stressbezug: Von gelegentlichen oder häufigen Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit aufgrund emotionaler Probleme berichtet etwa ein Viertel der Frauen mit Kindern zwischen vier und sieben Jahren. Dies sind fast 50 Prozent mehr als vor der Mutterschaft. Auch der Anteil der Frauen, die unter fehlender Energie leiden, nimmt um rund 20 Prozent zu.
Mentale Belastung bedeutsamer
Deutlich wird zudem, dass mentale Belastungssymptome im Verlauf der Mutterschaft eher zu- als abnehmen, also nicht in der Phase der stärksten Eingebundenheit auftreten, sondern erst vier bis sieben Jahre nach der Geburt des ersten Kindes. „Es ist also weniger die starke physische Belastung der ersten Jahre, die den größten negativen Effekt auf das mentale Wohlbefinden der Mütter hat“, erläutert Giesselmann. „Vielmehr sind es möglicherweise Spannungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Mutterschaftsidealen, die mit den Jahren zunehmen. Dies legen auch gendertheoretische Forschungen nahe.“ Aus Sicht des DIW könnten ein Ausbau der Kinderbetreuung und eine Abschaffung des Ehegattensplittings Mütter potenziell entlasten.
Die Untersuchung basiert auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus den Jahren 2002 bis 2016. Haushalte in Deutschland machen dafür etwa Angaben zu Einkommen, Bildung und Gesundheit – derzeit sind es laut DIW 15.000. Anstoß war die Debatte von 2015 über das Tabu-Thema, Mutterschaft zu bereuen (“regretting motherhood”).
Quelle: dpa