Deutsche SchieflageErste Leitlinie zu Kaiserschnitten

Tausende Schwangere in Deutschland bekommen ihr Baby ohne triftigen Grund per Kaiserschnitt. Eine Leitlinie will Klarheit schaffen.

Berlin. Kaiserschnitt ja oder nein? In Deutschland will eine erste Leitlinie der medizinischen Fachgesellschaften Ärzten und werdenden Eltern mehr Hilfe bei dieser Entscheidung bieten. Denn nur bei zehn Prozent der Geburten gilt die Operation als wirklich nötig. In Deutschland hat sich die Kaiserschnittrate laut Statistischem Bundesamt aber bei fast 30 Prozent eingependelt: Das waren 2018 rund 220.500 Schnitte in Bauchdecken und Gebärmuttern von Frauen. Seit Anfang der 1990er Jahre hat sich die Quote verdoppelt. Ist das sinnvoll?

Einen Grenzwert wolle die neue Leitlinie auch auf Grund fehlender Daten nicht vorgeben, betonen die Mitautoren der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Es dürfe aber als gesichert gelten, dass eine Sectiorate über 15 Prozent keinen größeren Gesundheitsgewinn bringe – weder für Mutter noch für Kind. Deshalb sollten Kaiserschnitte medizinisch gut begründet sein.

Große Meinungsbreite

Als unstrittig gilt laut Leitlinie, dass ein quer liegendes Baby, ein drohendes Reißen der Gebärmutter, eine falsche Position des Mutterkuchens oder seine vorzeitige Ablösung Indikatoren für einen Kaiserschnitt sind. Bei allen anderen Schnittentbindungen – immerhin rund 90 Prozent – sei dagegen eine Abwägung der Risiken für Mutter und Kind geboten. Die Leitlinie setze sich auch mit Alternativen zu Kaiserschnitten auseinander, sagt Koordinator Frank Louwen vom Universitätsklinikum in Frankfurt am Main.

An sachlicher Information und Beratung scheint es manchmal zu fehlen. „Bisher wurde hauptsächlich nach „Expertenmeinung“ beraten und gehandelt, wobei häufig jeder sein eigener Experte ist“, erklärt Dr. Patricia Van de Vondel von der Frauenklinik im Kölner Krankenhaus Porz am Rhein. Ursachen für die hohe deutsche Sectio-Rate lägen auch an Fehlern im System: an mangelnder Ausbildung, fragwürdiger Organisation, Vergütung und fehlendem Personal.

Die Einstellungen, was bei Kaiserschnitten zu viel ist, sind aber schon an der Uni-Klinik Leipzig gespalten. „Ich finde die Kaiserschnitt-Rate in Deutschland vertretbar, weil niemand weiß, was die „richtige“ Kaiserschnittrate ist“, sagt Dr. Holger Stepan, Direktor der Klinik für Geburtsmedizin. Die Rate sei deutlich höher als sie sein sollte, urteilt Dr. Ulrich Thome, Leiter der Neugeborenen-Abteilung. Für Frauen sei ein Kaiserschnitt eine schwere Verletzung. Es gebe sicher eine Reihe von Stellschrauben, um die hohe Quote zu senken.

In vielen deutschen Kliniken fehlen zudem Hebammen. Kaiserschnitte sind für Kliniken besser zu planen, können zügiger abgewickelt werden und binden weniger Personal. Und sie werden als Operation deutlich besser vergütet als eine vaginale Geburt.

In der Medizin gilt die Geburtshilfe überdies als Hochrisiko-Bereich. Ärzte werden eher wegen Komplikationen bei einer vaginalen Geburt verklagt als wegen eines überflüssigen Kaiserschnitts. Die Angst, den natürlichen Geburtsvorgang nicht zu beherrschen, ist Geburtshelfern zufolge im Klinikalltag ein wichtiger Grund für einen Kaiserschnitt. Deshalb nennen Ärzte als Voraussetzung für weniger Kaiserschnitte eine hervorragende Ausbildung und Erfahrung mit vaginalen Geburten.

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