Wenn es einem alten Menschen plötzlich schlechter geht, kommen dafür mehrere Ursachen in Betracht. Ganz vorne finden sich die Exsikkose und Medikamenten-Nebenwirkungen. Die Zahl der Todesfälle in Deutschland durch Medikamente und Polypharmazie wird auf ca. 20.000 pro Jahr geschätzt, ein Vielfaches der jährlichen Verkehrstoten.
Gründe, warum Polypharmazie im Alter so häufig ist:
- Immer mehr Menschen werden beachtlich alt und entwickeln eine Multimorbidität (> 3 chronische Erkrankungen).
- Multimorbidität zusammen mit leitliniengerechter Behandlung führt zwangsläufig zu Polypharmazie. Aber: oft handelt es sich dabei um die unkritische Übernahme von Leitlinien, die für jüngere Patienten in monomorbiden Krankheitssituationen formuliert wurden und die nicht auf multimorbide Hochbetagte übertragen werden können.
- Es gibt viel mehr Leitlinien für das Verschreiben als für das Absetzen.
- Medikamente haben Nebenwirkungen. Diese Nebenwirkungen werden oft durch zusätzliche Medikamente “behandelt”.
- Neue Medikamente werden teil aggressiv beworben, obwohl kein Nutzen für hochbetagte Patienten erkennbar ist.
Eine weitere Ursache der Polypharmazie ist das schematisierte anstelle eines individuellen Verordnens. Ein 80-Jähriger hat im statistischen Mittelwert eine verbleibende Lebenserwartung von 8 bis 10 Jahren. Bei einem demenzkranken 80-Jährigen mit häufigen Stürzen, Herzinsuffizienz oder gar einer Demenz ist diese verbleibende Lebenszeit dramatisch verkürzt. Je kürzer die verbleibende Lebensspanne, desto ausgewählter und desto strikter auf Symptomkontrolle ausgerichtet sollte eine Pharmakotherapie sein (s. Abb. 1).