In den meisten kontrollierten klinischen Studien konnten Vitamine und Mineralstoffe nicht vor chronischen Erkrankungen schützen, mit der Ausnahme von Mangelerkrankungen. Mikronährstoffe, wie Karotin, Folsäure, Vitamin-E oder Selen, könnten sogar der Gesundheit schaden, wenn die empfohlene tägliche Dosis (RDA) überschritten wird. Der Kliniker steht daher oft vor der Frage, ob Nahrungsergänzungsmittel einem Patienten wirklich nutzen. Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass besondere Diäten oder Ernährungsformen die Gesundheit zuverlässiger positiv schützen als Nahrungsergänzungsmittel. Darüber hinaus sind natürliche Mikronährstoffe in der Regel besser bioverfügbar und haben ein deutlich niedrigeres Potenzial für Nebenwirkungen.
Schwangerschaft: Frauen, die schwanger werden wollen und Frauen im ersten Trimester sollten 0,4 – 0,8 mg Folsäure täglich nehmen. Die Evidenz dafür ist eindeutig und Folsäure ist einer der wenigen Mikronährstoffe, die in synthetischer Form besser bioverfügbar sind. Eine eisenreiche Diät ist für sie empfehlenswert, denn die Risiko-Nutzen-Beurteilung für ein Anämie-Screening und Eisensupplementation ist nicht gut untersucht. Kalziumsupplementation könnte Gestationshypertension und Präeklampsie verhindern, aber bestätigende große Studien fehlen noch. Auch hochdosierte Vitamin-D-Supplementierung erfordert weitere Studien.
Kleinkinder und Kinder: In den USA wird empfohlen, Kleinkindern, die nur oder teilweise Muttermilch bekommen, täglich 400 IU Vitamin D zu geben, Kleinkinder sollten auch täglich 1 mg/kg Eisen erhalten. Mit einem Jahr sollte auf Eisenmangel und Eisenmangelanämie untersucht werden. Bei gesunden Kindern mit ausgewogener Ernährung ist allgemeine Nahrungsergänzung unnötig und sie sollten die RDA nicht überschreiten. Es gibt Hinweise darauf, dass Omega-3 Fettsäuren das Risiko für autistische Erkrankungen, Hyperaktivität oder Aufmerksamkeitsstörungen senken könnten, jedoch fehlen große randomisierte Studien.
Erwachsene und ältere Erwachsene: Bei Menschen ab 50 besteht die Möglichkeit, dass sie Vitamin B12 in seiner natürlichen Form schlechter aufnehmen, und eine Supplementierung kann sinnvoll sein, um die RDA von 2,4 μg täglich zu erreichen. Erwachsene bis 70 Jahre sollten eine RDA von 600 IU Vitamin D täglich erreichen, bevorzugt mit der Ernährung oder mit Supplementierung. Ab 70 Jahren sollten 700 IU täglich erreicht werden. Gerade laufende Studien sollen klären, ob höhere RDA (1.000 – 20.000 IU) Vorteile bringen. Bei Kalzium liegt der RDA bei Männern zwischen 51 und 70 Jahren bei 1.000 mg täglich und bei Frauen zwischen 51 und 70 Jahren und Erwachsenen über 70 Jahren bei 1.200 mg täglich. Weil Kalzium-Supplementation das Rsiko für Nierensteine und vielleicht für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöht, sollte nur dann supplementiert werden, wenn die Werte mit der Ernährung nicht erreicht werden. Eine Kombination von 1.000 mg Kalzium mit 800 IU Vitamin D täglich reduziert nach einer Metaanalyse das Risiko für Frakturen und Knochenmasseverlust bei Frauen und Männern ab 65 Jahren. Multivitamine oder Multimineralstoffe sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erforderlich. Eine laufende große Studie soll Erkenntnisse über den Benefit bei Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen bringen.
Quelle: JoAnn E. Manson et al: Vitamin and Mineral Supplements. What Clinicians Need to Know. JAMA March 6, 2018;319 (9).