Praxis Update Teil 2Wissenschaft für den Hausarzt

Das Praxis update bietet alljährlich einen umfassenden Überblick über neue praxisrelevante Erkenntnisse aus allen Teilbereichen der Medizin. "Der Hausarzt" fasst die neuesten Entwicklungen zusammen.

Beim Praxis update in Berlin wurden im Mai ausführlich neueste Entwicklungen besprochen.

Pankreaserkrankungen

Nach einer akuten Pankreatitis entwickelt jeder vierte Betroffene eine exokrine Pankreasinsuffizienz vor allem bei alkoholischer Genese und schwerem Verlauf. Darauf sollte man bei der Nachbetreuung dieser Patienten besonders achten. Außerdem ist nach einer akuten Pankreatitis das Risiko für ein Pankreaskarzinom doppelt so hoch. Es liegt bei 0,9 Prozent innerhalb von fünf Jahren.

Krebsrisiko

In einer prospektiven Kohortenstudie bei über 100.000 Teilnehmern zeigte sich, dass hochgradig weiterverarbeitete Nahrungsmittel mit einem erhöhten Karzinomrisiko vor allem für das Mammakarzinom einhergehen. Dabei wurden folgende Lebensmittel untersucht: Brot und Brötchen, süße und salzige Snacks, Süßwaren und Desserts, süße Drinks, Fleischklöße und Fischnuggets.

(Wolfgang Fischbach, Aschaffenburg)


Suizid

Die Tumor-Mortalitätsraten sind in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, bei Männern um 10,3 Prozent, bei Frauen um 5 Prozent. Besonders bemerkenswert ist, dass inzwischen mehr Frauen an einem Lungenkarzinom versterben als an einem Mammakarzinom. Nach neueren Daten ist die Suizidrate bei Tumorpatienten erhöht. Betroffen sind vor allem Patienten mit einer schlechten Prognose wie beim Pankreas- oder Bronchialkarzinom. Kein erhöhtes Risiko besteht beim Mamma- und Prostatakarzinom. Die höchste Suizidgefahr besteht in der Zeit unmittelbar nach Diagnosestellung. Es werden auch relativ häufig “gewaltsame” Methoden gewählt und es besteht eine Assoziation mit nicht-beherrschbaren Schmerzen sowie einem geringen sozialen Halt.

(Lothar Kanz, Tübingen)


Tumorthrombose

Bis zu 10 Prozent aller Tumorpatienten entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung eine venöse Thromboembolie (VTE). Das Risiko ist im Vergleich zur Normalbevölkerung um das 5-fache erhöht. Die höchsten Raten finden sich beim Pankreaskarzinom, Magenkarzinom, Glioblastom, Bronchialkarzinom, Ovarialkarzinom, Lymphomen und beim multiplen Myelom. VTEs bei Tumorpatienten weisen eine hohe Rezidivrate auf und eine Antikoagulation führt häufig zu Blutungen. Vitamin-K-Antagonisten sind in diesem Setting deshalb wenig hilfreich. Bislang galt die Empfehlung, sowohl bei der Therapie der VTE als auch bei der Prophylaxe bei Patienten mit hohem Risiko ein NMH einzusetzen. Doch eine länger dauernde Behandlung macht den Patienten wegen der subkutanen Anwendung häufig Probleme. Nun liegen auch ausreichend Daten für den Einsatz eines NOAK bei dieser Indikation vor, so dass diese Substanzgruppe auch bei Tumorthrombosen empfohlen werden kann. Es müssen aber einige Besonderheiten berücksichtigt werden:

  • Bei Thrombozytenwerten < 50.000 µl sollten die neuen Substanzen nicht eingesetzt werden, da bisher kaum Erfahrungen vorliegen.
  • Patienten mit gastrointestinalen Malignomen, Urogenitaltumoren, Hirntumoren, hämatologischen Neoplasien und solche unter einer myelosuppressiven Chemotherapie sind wegen der Blutungsgefahr problematisch für eine Therapie mit einem NOAK.
  • Die Bioverfügbarkeit kann bei Übelkeit, Erbrechen oder Diarrhöen beeinträchtigt sein.
  • Es sind Interaktionen mit Tumortherapeutika möglich.
  • Die GFR sollte über 30 ml/min betragen.

(Lothar Kanz, Tübingen)


Rheumatoide Arthritis

Viele Patienten mit RA berichten über einen Zusammenhang bei Krankheitsbeginn oder Schubauslösung mit starkem Stress. Naturheilkundliche Therapien können die Lebensqualität und das psychische Befinden bei RA-Patienten verbessern und auch die Schmerztherapie ergänzen. Ob einzelne Verfahren wie Fasten oder Phytotherapie darüberhinaus einen Einfluss auf die Krankheitsaktivität haben, bleibt derzeit unklar.

(Andreas Michalsen, Berlin)


Anaphylaxie

Das Medikament der ersten Wahl bei der Anaphylaxie ist Adrenalin i.m. Es sollte insbesondere bei Patienten mit Beteiligung der Atemwege und des Kreislaufs frühzeitig appliziert werden. Das Nebenwirkungsprofil ist deutlich günstiger als bei der i.v.-Gabe. Doch diese Leitlinienempfehlung wird häufig nicht adäquat umgesetzt. Zu oft werden noch primär Antihistaminika und Steroide eingesetzt, obwohl deren Wirkungseintritt erst mit deutlicher Latenz zu erwarten ist.

(Fred Zepp, Mainz)


Geriatrie

Die Behandlung einer arteriellen Hypertonie bei Betagten wird immer wieder neu diskutiert. Nach der aktuellen Leitlinie 2018 empfiehlt sich eine antihypertensive Therapie bei älteren fitten Personen mit einem Alter zwischen 65 und 80 Jahren, wenn der systolische Blutdruck über 140 mm Hg beträgt, vorausgesetzt, die Therapie wird gut vertragen. Dabei sollte ein systolischer Wert zwischen 130 und 139 mm Hg angestrebt werden. Dies gilt auch für Patienten über 80 Jahre, wenn dies gut toleriert wird. Es empfiehlt sich eine fixe Zweierkombination. Bei Patienten über 90 Jahre scheint eine antihypertensive Therapie nicht mehr in der Lage, das Leben zu verlängern. Lebensdiätetisch empfiehlt sich eine Zurückhaltung beim Salzkonsum. Doch nach neueren Studiendaten ist ein erhöhter Salzkonsum zwar mit einer Dosisabhängigen Erhöhung des Blutdrucks verbunden, nicht aber mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Gesamtsterblichkeit.

(Cornel Sieber, Nürnberg)


Schmerztherapie

Der Alltag zeigt, dass bestimmte Personen bzgl. der Entwicklung chronischer Schmerzen besonders gefährdet sind. Vor allem psychosoziale Belastungen und Schlafstörungen modulieren die endogene Schmerzhemmung. Bei Eingriffen oder Ereignissen an der HWS de- terminiert der “psychosoziale Zeitpunkt” den weiteren Verlauf möglicherweise mehr als das Ereignis selbst. Ibuprofen ist das meistverkaufte Analgetikum. Es wird auch bei nicht-entzündlichen Schmerzzuständen wie Spanungskopfschmerzen oder Fibromyalgie erfolgreich eingesetzt. Eventuell ist die Verbesserung der endogenen Schmerzhemmung ein besonderer Wirkmechanismus von Ibuprofen, den die anderen Analgetika nicht in diesem Maß aufweisen.

(Kai-Uwe Kern, Wiesbaden)


Infektionen

Nach wie vor besteht bei der ambulanten Versorgung mit Antibiotika noch Optimierungsbedarf. CRP als Schnelltest ist zwar in Einzelfällen hilfreich, als Strategie allein aber nicht ausreichend, um inadäquate Versorgungen zu minimieren. Auch PCT als Routine ist keineswegs so gut wie einige Übersichtsarbeiten suggerieren. In einer prospektiven randomisierten Studie wurde bei Patienten mit einem respiratorischen Infekt eine PCT-gestützte Entscheidung bei der Verordnung eines Antibiotikums mit der konventionellen Vorgehensweise verglichen. Bei der Antibiotikaverschreibung zeigte sich kein Unterschied. Die diagnostische Sicherheit im Hinblick auf bakterielle Infektionen war nicht höher als beim CRP (Winfried V. Kern, Freiburg).

Quelle: Praxis update, Berlin, 10.-11.5.2019

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