CGM, Pumpen und SuPDiabetestechnologie – Was ist neu?

Eine Übersicht, welche Neuheiten dem Diabetes-Patienten zur Verfügung stehen und welchen Nutzen sie bringen.

Eine Auswahl von Insulinpumpen

Insulinpens und Zubehör

Nicht nur Stress im Alltag sondern auch Vergesslichkeit können zu der Frage führen “Habe ich schon gespritzt oder nicht?”. Für diesen Fall gibt es nützliche Hilfsmittel. Falls Ihre Patienten die Fertigpens der Firma Sanofi Aventis, Lilly oder NovoNordisk verwenden, können Sie auf die Kappe “Timesulin” der Firma “Evivamed” verweisen.

Sie enthält eine eingearbeitete Stoppuhr. Die Kappe wird statt der herkömmlichen Schutzkappe nach jeder Injektion auf den Pen aufgesetzt. Die Uhr zeigt nun die Zeit seit der letzten Benutzung des Insulinpens an (1).

Die Firma NovoNordisk hat für ihre Patronen mit dem NovoPen® 5 und NovoPen Echo® ebenfalls eine integrierte Memory-Funktion. Der Patient kann die zuletzt injizierten Einheiten sowie die bis dahin vergangene Zeit ablesen (2). Der erste digitale Insulinpen “Pendiq 2” speichert die letzten 1.000 Injektionen mit Datum, Uhrzeit und Insulindosis und kann am PC ausgelesen werden (3).

Zur Injektion stehen Nadellängen zwischen 4 und 12,7 mm zur Verfügung. Welches die richtige Nadellänge für Ihre Patienten ist und andere hilfreiche Tipps rund ums Insulinspritzen, können Sie dem “Leitfaden zur Injektion bei Diabetes mellitus”, herausgegeben vom Verband der Diabetes-Beratungs-und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD), entnehmen (4).

Blutzuckermessgerät mit integriertem Boluskalkulator

Das Blutzuckermessgerät der Firma Roche “Accu Chek Aviva Expert” (5) wurde zusätzlich mit einem sogenannten Boluskalkulator ausgestattet. Mit dieser Zusatzfunktion wird die präprandiale Insulindosis berechnet. Dafür muss der Patient Informationen zur gewünschten Kohlenhydratmenge in der aktuellen Mahlzeit und die geplante körperliche Aktivität in das Gerät eingeben.

Weitere wichtige Informationen als Grundlage für die Berechnung der Insulindosis durch den Boluskalkulator, wie Insulin-Kohlenhydrat-Verhältnis, Insulinsensitivität, Insulinwirkdauer und Zeitblöcke mit Glukosezielbereich, werden durch speziell ausgebildetes Fachpersonal in die Programmierung eingefügt.

In erster Linie sollen Boluskalkulatoren denjenigen Patienten helfen, die unsicher bei der Berechnung der präprandialen Insulindosis sind. Die “Automated Bolus Advisor Control and Usability Study” (ABACUS), eine sechsmonatige, randomisiert kontrollierte, multizentrische Studie aus England und Deutschland mit 226 Typ 1 oder Typ 2 Patienten und einer multiplen Insulininjektionstherapie, zeigte jedoch lediglich eine Verbesserung des HbA1c-Wertes um 0,2 Prozent durch die Benutzung eines Boluskalkulators im Vergleich zu Patienten mit einem herkömmlichen Blutglukosemesssystem. Hypoglykämien waren in der Gruppe der Patienten mit Boluskalkulator jedoch signifikant häufiger (6).

Intermittent-Scanning CGM (iscCGM)

Das seit November 2014 von der Firma Abbott zur Verfügung gestellte Flash Glukose Monitoring (FGM) System “FreeStyle Libre” (7) misst mit Hilfe eines Sensors, welcher am Oberarm des Patienten getragen wird, nicht die kapillare Glukose, sondern den interstitiellen Glukosewert. Der Sensor speichert kontinuierlich die Gewebsglukosewerte. Mittels eines Auslesegerätes können die Patienten die gespeicherten Daten abrufen (“scannen”).

Anhand eines Trendpfeils auf dem Auslesegerät kann der erwartete Verlauf der Gewebsglukose für die nächsten 15 Minuten abgelesen und somit vorausschauend reagiert werden. Die Glukosewerte werden retrospektiv über acht Stunden gespeichert und graphisch dargestellt. Der Patient appliziert sich alle 14 Tage den Sensor selbst zuhause.

Im Rahmen einer FGM-Schulung lernen die Patienten von speziell ausgebildetem Fachpersonal das Setzen des Sensors, die Bedienung des Auslesegerätes sowie die Interpretation der gescannten Werte.

Die Firma Abbott führte zwei randomisiert kontrollierte Studien an Menschen mit Typ 1 (IMPACT-Studie) und Typ 2 Diabetes (REPLACE-Studie) durch (8, 9). Über einen Zeitraum von sechs Monaten zeigte sich in beiden Untersuchungen eine Reduktion der Zeit, in welcher sich der Patient im hypoglykämischen Bereich befindet, ohne Erhöhung des HbA1c-Wertes.

Außerdem gaben die Patienten, welche das FGM getragen haben, eine höhere Behandlungszufriedenheit im Vergleich zu Patienten, welche mit der herkömmlichen Blutzuckerselbstkontrolle gemessen haben, an (8).

Die Firma Abbott stellte auf der letzten Herbsttagung der Deutschen-Diabetes-Gesellschaft im November 2018 eine Weiterentwicklung der ersten Generation des Libre-Sensors vor. Das sogenannte “FreeStyle Libre 2” hat den Zusatz einer Alarmfunktion in Echtzeit.

Auf Wunsch können Patienten eine individuelle Warngrenze bei hohen oder niedrigen Glukosewerten voreinstellen und sich bei Bedarf warnen lassen. Um den exakten Gewebsglukosewert zu erhalten, muss das Lesegerät allerdings aktiv an den Sensor geführt werden.

Kontinuierliche Glukosemessung (CGM)

Zur Durchführung der sogenannten “Kontinuierlichen Glukosemessung” (CGM) stehen derzeitig folgende Systeme zur Verfügung: Guardian Connect, Dexcom G5 bzw. G6 und Eversense.

Guardian Connect und Dexcom G5/G6

Bei diesen CGM-Systemen der Firmen Med-tronic (10) und DexCom, Inc. (11) setzt sich der Patient in bestimmten zeitlichen Abständen (alle 6 bis 10 Tage) den Sensorstreifen mittels Setzhilfe in die interstitielle Gewebsflüssigkeit. Der Gewebsglukosewert wird per Bluetooth vom Sensorstreifen über den Transmitter auf das Auslesegerät bzw. das Smartphone übertragen.

Dabei kann der Verlauf der Gewebsglukose retrospektiv als graphische Linie bzw. prospektiv mittels eines Trendpfeils abgelesen werden. Der Anwender wird über eine automatische Alarmgabe bei Werten im hypo- bzw. hyperglykämischen Bereich gewarnt. Eine CGM-Schulung durch Fachpersonal, bezogen auf das jeweilige System, ist auch hier zwingend notwendig.

Eversense XL

Bei diesem ersten einsetzbaren CGM System der Firma Senseonics, welches über die Firma Roche (12) vertrieben wird, bekommt der Patient den weniger als zwei Zentimeter großen Sensor mittels eines kleinen chirurgischen Eingriffs unter die Haut am Oberarm gesetzt. Dafür muss sich der Patient an ein eigens dafür zertifiziertes Zentrum wenden. Welches Zentrum sich in Ihrer Nähe befindet, können Sie bei www.eversense.de erfahren.

Der Sensor hat eine Laufzeit von bis zu 180 Tagen. Der Smart-Transmitter wird jeden Tag für etwa 15 Minuten auf einer Ladeschale geladen und mittels eines doppelseitigen Pflasters über den Sensor am Oberarm fixiert. Der Smart-Transmitter muss zweimal täglich mit einem blutigen Messwert kalibriert werden.

Die vom Transmitter empfangenen Daten werden zur Eversense-App auf das Smartphone des Patienten per Bluetooth weitergeleitet. Für dieses System sind eine Vielzahl von Smartphones kompatibel. Welches Smartphone verwendet werden kann, können Sie auf der Internetseite der Firma (13) nachlesen.

Im Unterschied zu allen anderen verfügbaren CGM-Systemen ist die Besonderheit des Eversense Systems, dass nicht nur das Empfängergerät ein akustisches Warnsignal abgibt, sondern zusätzlich noch der Smart-Transmitter direkt am Oberarm bei hypo- und hyperglykämischen Werten vibriert.

Kontinuierliche subkutane Insulin-Infusion (CSII) – Insulinpumpentherapie

Bei der Insulinpumpentherapie wird ausschließlich ein kurzwirksames Insulin im Reservoir der Pumpe in das subkutane Gewebe kontinuierlich (Basalrate) bzw. nach einer kohlenhy-drathaltigen Mahlzeit per Tastatur verabreicht.

Zur Verfügung stehen derzeitig die Insulinpumpen der Firmen Roche (Accu-Chek Spirit Combo, Accu-Chek Insight), Medtronic (MiniMed Paradigm, Minimed 640G), Insulet (mylife OmniPod), mylife Diabetes Care (YpsoPump) und IME-DC GmbH (DANA).

Die Insulinpumpentherapie ist vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 eine immer bedeutungsvollere Behandlungsoption geworden. So werden heutzutage Kinder unter fünf Jahren zu 91 Prozent mit einer Insulinpumpe therapiert (17). Aber auch bei erwachsenen Patienten nimmt diese Form der Insulintherapie immer mehr an Bedeutung zu.

Die Insulinpumpentherapie stellt insbesondere für Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 eine Behandlungsoption dar (in seltenen Fällen auch für Menschen mit Diabetes Typ 2).

Spezielle Indikationen können sein:

  • ausgeprägtes Dawn- bzw. Duskphänomen
  • diagnostizierte Hypoglykämiewahrnehmungsstörung verbunden mit schweren Hypoglykämien
  • geringer Insulinbedarf
  • geplante bzw. bestehende Schwangerschaft
  • Diabetes Typ 1 im Kindes- / Jugendalter

Die Programmierung und das Auslesen der Insulinpumpen sowie die Interpretation dieser Daten stellt das medizinische Personal immer wieder vor Herausforderungen, weswegen internationale Leitlinien (18, 19) empfehlen, Patienten mit Insulinpumpentherapie in spezialisierten Einrichtungen zu behandeln.

Die Effektivität dieser Therapieoption für eine spezielle Gruppe von Diabetespatienten hinsichtlich der Verbesserung der Stoffwechsellage, Lebensqualität und Behandlungszufriedenheit, wurde in diversen randomisiert kontrollierten Studien belegt (20, 21).

So liegt die mittlere HbA1c-Verbesserung bei Menschen mit Typ 1 Diabetes und einer Pumpentherapie gegenüber einer Pen-Therapie bei 0,55 Prozent. Für Menschen mit Diabetes Typ 2 zeigt sich in wissenschaftlichen Untersuchungen jedoch kein Unterschied zwischen beiden Therapieformen (21).

Sensorunterstütze Pumpentherapie (SuP)

Die neuste Generation von Insulinpumpen stellt die Kombination eines CGM-Systems mit einer Insulinpumpe dar (Minimed 640 G gekoppelt mit dem Enlite Sensor der Firma Medtronic). Die Insulinabgabe durch die Insulinpumpe wird dabei aufgrund von kontinuierlich gemessenen Glukosewerten durch das CGM-System automatisch gesteuert.

Im Fall einer kritischen Senkung der Blutglukose ist das System in der Lage, selbstständig die basale Insulinapplikation der Pumpe für einen bestimmten Zeitraum zu unterbrechen, um auf diese Weise einer Hypoglykämie präventiv entgegen zu wirken. Die Einstellung der Patienten auf eine sensorunterstütze Pumpentherapie setzt einen großen zeitlichen Aufwand sowie ein hohes Maß an technischem Verständnis und klinischer Erfahrung des medizinischen Fachpersonals voraus.

Insbesondere in der Schwangerschaft wird bei Frauen mit Diabetes mellitus Typ 1 zunehmend der Einsatz einer SuP eingesetzt. Der Einsatz dieser Technologie kann dazu führen, dass im Verlauf der Schwangerschaft auf den stark schwankenden Insulinbedarf adäquat reagiert werden kann.

In einer randomisiert kontrollierten Studie (CONCEPTT) konnte gezeigt werden, dass sich der HbA1c um – 0,2 Prozent mehr senkte im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne solch ein CGM-System (22). Außerdem führte das Tragen des CGM-Systems zu weniger neonatalen Hypoglykämien mit der Notwendigkeit einer i.v. Glukosegabe sowie zu einem kürzeren stationären Aufenthalt.

Wichtig

Alle technischen Neuerungen setzen eine gesonderte Schulung und Weiterbetreuung durch speziell geschultes Fachpersonal voraus. Diese Hilfsmittel können allerdings keine Wunder vollbringen. Als Grundvoraussetzung für die Behandlung sollten die Patienten folgendes beherrschen:

  • Erkennen und richtiges Schätzen der Kohlenhydrate nach Kohlenhydrateinheiten (KE)
  • Kennen und richtiges Anwenden der KE- und Korrekturfaktoren
  • Insulindosisanpassung bei körperlichen Aktivitäten, Stress und Krankheit
  • Sachgemäße Insulininjektion und regelmäßiger Wechsel der Injektionsstellen
  • Kenntnisse über Symptome, Behandlung, Ursachen und Vorbeugen von Hypo- und Hyperglykämien

Mögliche Interessenkonflikte: Public Declaration of Interest https://www.akdae.de/Kommission/Organisation/Mitglieder/OM/Mueller.html

Literatur

  • https://www.evivamed.com Zugriff 31.10.2018
  • https://www.novonordisk.de/patienten/diabetes/insulinpens.html Zugriff 31.10.2018
  • https://pendiq.com Zugriff 31.10.2018
  • https://www.diabetesde.org/system/files/documents/170621_pm_107_vdbd-leitfaden_2016_we.pdf Zugriff 31.10.2018
  • http://www.accu-chek.de/produkte/de/blutzuckermessung/aviva_expert/index.jsp?productPage=allgemein Zugriff 31.10.2018
  • Ziegler R, Cavan DA, Cranston I, Barnard K, Ryder J, Vogel C, Parkin CG, Koehler W, Vesper I, Petersen B, Schweitzer MA, Wagner RS. Use of an insulin bolus advisor improves glycemic control in multiple daily insulin injection (MDI) therapy patients with suboptimal glycemic control: first results from the ABACUS trial. Diabetes Care. 2013;36(11):3613-9.
  • https://freestyle.de/freestyle-libre Zugriff 31.10.2018
  • Bolinder J, Antuna R, Geelhoed-Duijvestijn P, Kröger J, Weitgasser R. Novel glucose-sensing technology and hypoglycaemia in type 1 diabetes: a multicentre, non-masked, randomised controlled trial. Lancet. 2016;388(10057):2254-2263.
  • Haak T, Hanaire H, Ajjan R, Hermanns N, Riveline JP, Rayman G. Flash glucose-sensing technology as a replacement for blood glucose monitoring for the management of insulin- treated typ 2 diabetes: a multicenter, open-label randomized controlled trial. Diabetes Ther. 2016;8(1):55-73.
  • http://www.medtronic.com/de-de/diabetes/home/produkte/kontinuierliche-glukosemessung/guardian-connect.html Zugriff 07.11.2018
  • https://www.dexcom.com/de-DE Zugriff 07.11.2018
  • https://www.eversense.de Zugriff 07.11.2018
  • https://ous.eversensediabetes.com/compatibility Zugriff 13.11.2018
  • Beck RW, Riddlesworth T, Ruedy K, Ahmann A, Bergenstal R, Haller S, Kollman C, Kruger D, McGill JB, Polonsky W, Toschi E, Wolpert H, Price D. Effect of Continuous Glucose Monitoring on Glycaemic Control in Adults With Type 1 Diabetes Using Insulin Injections – The DIAMOND Randomized Clinical Trial. JAMA. 2017;317(4):371-378.
  • Lind M, Polonsky W, Hirsch IB, Heise T, Bolinder J, Dahlqvist S, Schwarz E, Olafsdottir AF, Frid A, Wedel H, Ahlen E, Nyström T, Hellman J. Continuous Glucose Monitoring vs Conventional Therapy for Glycaemic Cintrol in Adults With Type 1 Diabetes Treated With Multiple Daily Insulin Injections – The GOLD Randomized Clinical Trial. JAMA. 2017;314(4):379-387.
  • Petrie JR, Peters AL, Bergenstal RM, Holl RW, Fleming GA, Heinemann L. Improving the clinical value and utility of CGM systems: issues and recommendations: A joint statement of the European Association for the Study of Diabetes and the American Diabetes Association Diabetes Technology Working Group. Diabetologia. 2017;60:2319-2328.
  • www.diabetesde.org/system/files/documents/gesundheitsbericht_2018.pdf Zugriff 17.11.2018
  • National Institute for Health and Care Excellence (NICE). Continuous Subcutaneous Insulin Infusion for the Treatment of Diabetes Mellitus. Technology appraisal TA151. London: NICE, 2008.
  • Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN). Management of Diabetes. A National Clinical Guideline. SIGN 116. Edinburgh: SIGN, 2013.
  • The Repose Study Group. Relative effectiveness of insulin pump treatment over multiple daily injections and structured education during flexible intensive insulin treatment for type 1 diabetes: cluster randomized trial (REPOSE). BMJ. 2017; 356:1285.
  • Jeitler K, Horvath K, Berghold A, Gratzer TW, Neeser K, Pieber TR, Siebenhofer A. Continuous subcutaneous insulin infusion versus multiple daily insulin injections in patients with diabetes mellitus: systematic review and meta-analysis. Diabetologia. 2008;51:941-951.
  • Feig DS, Donovan LE, Corcory R, Murphy KE, Amiel SA, et al. CONCEPTT Collaborative Group. Continuous glucose monitoring in pregnant women with type 1 diabetes (CONCEPTT): a multicentre international randomised controlled trial. Lancet. 2017;390(10110):2347–2359.
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