Wenn die Gelenke schmerzenIst es Rheumatoide Arthritis II?

In Teil I dieses Beitrags (Heft 11/2019) wurde der korrekte Weg zur Diagnose beschrieben. Im diesem zweiten Teil wird auf klinische Besonderheiten der RA und die weiterführende Diagnostik in Absprache mit rheumatologischen Fachkollegen eingegangen.

Schmerz hat viele Gesichter - Illustration

Die RA ist die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung (ca. ein Prozent der Bevölkerung). Die Begriffe “chronische Polyarthritis (CP)” und “primär chronische Polyarthritis (CCP)” sollten nicht mehr verwendet werden.

Am Anfang steht eine Entzündung der Synovia, als deren Ursache unterschiedliche Mechanismen diskutiert werden, darunter auch ein infektiöses Agens. Anschließend entwickelt sich eine immunologisch vermittelte chronisch progrediente Entzündungsreaktion, die auf andere Gelenke übergreift.

Labordiagnostik

Laborchemisch finden sich BSG-Anstieg, erhöhtes CRP, normochrome/normozytäre Anämie, vermindertes Serumeisen und Nachweis von Rheumafaktoren (etwa in 80 Prozent).

Diese Laborparameter ermöglichen meistens eine eindeutige Abgrenzung von degenerativen Gelenkerkrankungen. Die Abgrenzung von Kollagenosen bzw. infektiösen oder reaktiven Arthritiden ist nicht immer einfach. Das typische klinische Bild, fehlender Nachweis von Erregern und Antikörpern gegen Doppelstrang-DNS sowie fehlender Multiorganbefall sprechen jedoch für eine rheumatoide Arthritis.

Seit einigen Jahren spielen in der Diagnostik der RA Antikörper gegen citrullinierte Peptide/Proteine (ACPA) eine wichtige Rolle. Antikörper gegen zyklisches Citrullin (CCP-Ak) und mutiertes citrulliniertes Vimentin (MCV-AK) weisen etwa die gleiche Sensitivität für RA auf wie Rheumafaktoren (rund 65 bis 85 Prozent), sind aber mit zu 98 Prozent spezifischer für RA als Rheumafaktoren (Spezifität rund 85 bis 90 Prozent). Der Nachweis von CCP-Ak kann einer klinisch manifesten RA um Jahre vorausgehen.

Im Stadium der noch undifferenzierten Arthritis zeigen CCP-Ak eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Übergang in eine RA an und lassen einen schweren gelenkdestruierenden Verlauf erwarten.

Klassifikationssysteme

Gemäß den revidierten Kriterien des American College of Rheumatology (ACR, früher American Rheumatism Association, ARA) von 1987 liegt eine RA vor, wenn mindestens 4 der 7 folgenden Kriterien erfüllt sind und die Symptome der Kriterien 1 bis 4 mindestens sechs Wochen anhalten:

1. Morgensteifigkeit (mindestens eine Stunde anhaltend).

2. Weichteilschwellung von drei oder mehr Gelenken.

3. Schwellung der proximalen, interphalan-gealen, metakarpophalangealen oder Handgelenke.

4. Symmetrischer Gelenkbefall auf beiden Seiten des Körpers.

5. Rheumaknoten.

6. Positiver Rheumafaktor.

7. Radiologisch nachweisbare Erosionen und/oder gelenknahe Osteoporose in Finger- oder Handgelenken.

Eine etablierte RA lässt sich anhand dieses Katalogs zuverlässig diagnostizieren, bei frühen Stadien versagt er jedoch oft. Aktuelle Leitlinien zur RA fordern den Beginn einer krankheitsmodifizierenden Therapie in den ersten drei Monaten mit dem Ziel einer Remission, bevor schwere Schäden an den Gelenken entstanden sind (Nutzung des “window of opportunity”). Um die dafür nötige frühe Diagnosestellung zu ermöglichen, haben ACR und EULAR (European League Against Rheumatism) 2010 neue Kriterien veröffentlicht (Tab. 1). Danach kann eine RA diagnostiziert werden, wenn der Patient mindestens sechs Punkte erreicht.

Die Überwachung der Krankheitsaktivität erfolgt im Wesentlichen anhand von BSG/CRP und klinischem Gelenkbefund (Druckschmerzhaftigkeit, Schwellung).

Weiterführende Diagnostik

Eine Verdachtsdiagnose bei schmerzhaften Gelenken, die aus dem Befundbild abgeleitet wurde, lässt sich durch spezifische Labortests und apparative Untersuchungen prüfen. In den meisten Fällen liegen diese Methoden jedoch in der Hand von Spezialisten.

Spezifische Laboruntersuchungen

  • Nachweis von Antikörpern gegen Erreger z. B. bei reaktiven (= postinfektiösen) Arthritiden (u. a. gegen Streptokokken, Chlamydien, Borrelien, Yersinien, Salmonellen und Shigellen).
  • Der Test auf antinukleäre Antikörper (ANA) dient zum Screening auf Kollagenosen. Bei rheumatoider Arthritis sind ANA meist nur niedrigtitrig erhöht. Bei Nachweis von ANA besteht immer der dringende Verdacht auf eine Kollagenose, der abgeklärt werden muss.
  • Bei Sharp-Syndrom und Sjögren-Syndrom sind Antikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene (ENA) nachweisbar.
  • Rheumafaktoren sind polyklonale Antikörper gegen körpereigene IgG- oder IgM-Immunglobuline. Sie finden sich bei über 80 Prozent der Patienten mit rheumatoider Arthritis (seropositive RA, andernfalls seronegative RA). Aber auch bei Sjögren-Syndrom und Kollagenosen sind sie oft positiv. Falsch-positiv sind Rheumafaktoren bei einigen anderen Erkrankungen sowie bei etwa fünf Prozent der Gesunden.

Apparative Untersuchungsmethoden

  • Röntgen: Da radiologische Veränderungen oft erst bei fortgeschrittener Erkrankung auftreten, ist die Aussagekraft im akuten entzündlichen Stadium meistens gering. Bei der RA dagegen findet man oft schon relativ früh radiologische Veränderungen, vor allem an Händen und Füßen: neben einer periartikulären Weichteilschwellung eine gelenknahe Demineralisation der Knochen, randständige Erosionen, später eine Gelenkspaltverschmälerung sowie Subluxationen und Ankylosen (Abb. 1). Bei asymmetrischem Gelenkbefall sollten zum Vergleich immer auch Aufnahmen der gesunden Seite angefertigt werden.
  • Gelenksonografie: Dieses nichtinvasive nebenwirkungsfreie Verfahren ermöglicht insbesondere eine Differenzierung von Gewebe und Flüssigkeit und hat somit Bedeutung für die Abgrenzung von Muskel-, Sehnen- und Gelenkerkrankungen wie Ganglion, Zyste, Hämatom, Bursitis, Erguss und Sehnenruptur (Abb. 2).
  • Gelenkpunktion mit Untersuchung des Punktats: Bei unklarer Ergussbildung sollte die synoviale Flüssigkeit untersucht werden. Neben der makroskopischen ist eventuell die zytologische, bakteriologische und serologische Analyse anzustreben. Ein blutiger Erguss spricht beispielsweise für ein Trauma, trübes Aussehen für einen entzündlichen bzw. infektiösen Prozess und eine klare Synovialflüssigkeit für einen Reizerguss bei Arthrose.
  • CT, MRT: In bestimmten Situationen, z. B. präoperativ oder zum Nachweis bzw. Ausschluss traumatischer Schädigungen, können beide Verfahren wichtige zusätzliche Informationen liefern.

Wann zum Rheumatologen?

Der Deutsche Hausärzteverband e.V. und der Berufsverband der Deutschen Rheumatologen e.V. haben für die Integrierte Versorgung (IV) von Patienten mit entzündlichen Rheumaformen das Konzept “Versorgungslandschaft Rheumatologie” erarbeitet, das Grundlage mehrerer Verträge zur Integrierten Versorgung Rheuma ist. Danach führt der Hausarzt zur Stellung der Verdachtsdiagnose die (Eingangs-)Diagnostik anhand folgender zwingend vorgeschriebener Parameter durch:

  • körperliche Untersuchung, insbesondere Überprüfung des Gelenkstatus;
  • Schmerzbefragung und Festlegung des Werts anhand der Skala 1 bis 10;
  • Labor CRP und BSG, Leber- und Nierenwerte, Blutbild.

Die Eingangsdiagnostik sollte innerhalb von 14 Tagen abgeschlossen sein. Werden dabei auffällige Befunde erhoben, erfolgt die Dokumentation der Verdachtsdiagnose anhand eines Befundbogens, wie er im IV-Vertrag vorgesehen ist. Damit wird der Patient unter Terminvereinbarung an einen Facharzt bzw. eine Ambulanz überwiesen. Der Termin soll innerhalb von 14 Tagen stattfinden.”

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt, Patienten bei Verdacht auf frühe RA vor allem dann einem internistischen Rheumatologen vorzustellen, wenn

  • mehrere Gelenke über einen Zeitraum über sechs Wochen geschwollen sind und kein Hinweis auf Trauma oder Gicht besteht,
  • die Patienten bei der Bewältigung des Alltags oder der Teilhabe eingeschränkt sind und deutliche humorale Entzündungszeichen vorliegen,
  • Gehfähigkeit und Selbstversorgung bedroht sind und ausgeprägte Allgemeinsymptome (wie Anämie, Fieber oder vaskulitische Hautveränderungen) sowie starke Schmerzen auftreten.

Wichtig ist, dass die Patienten danach für die Fortführung der Therapie und die Aktivitätskontrolle wieder in die hausärztliche Versorgung zurückkehren.

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