Hausarzt MedizinAtemwege – Welches Antibiotikum?

Sollte eine Antibiotikatherapie unausweichlich indiziert sein, ist es entscheidend, dass die primär gewählte Substanz auch korrekt ist. Ein notwendiger Wechsel ist immer mit einem schlechteren Verlauf verbunden.

Die Wahl des Antibiotikums ist abhängig von der Diagnose:

Bei der eitrigen Angina bleibt Penicillin V das Mittel der Wahl. Andere Antibiotika sollten nur bei Kontraindikationen gewählt werden. Eine ausbleibende deutliche Besserung nach etwa 12 Stunden ist ein Indiz für eine Fehldiagnose. Dann ist eine Mononu kleose, eine Mischinfektion mit einem Betalaktamaseinhibitor oder seltener eine Immunschwäche bei Systemerkrankung zu erwägen.

Otitis media: Eine Antibiotikatherapie ist indiziert bei Patienten mit ausgeprägten Ohrenschmerzen, Fieber = 39 Grad Celsius, Kindern unter 6 Monaten, Kindern mit beidseitiger Otitis media und Kindern mit speziellen Risikofaktoren, z. B. Immundefizit oder Down-Syndrom. Eine Mastoiditis als Komplikation ist seltener als gefürchtet.

Rhinosinusitis: Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (DGHNO) empfehlen den Einsatz von Antibiotika bei

  • Patienten mit Fieber > 38,3 °C oder einer foudroyanten Zunahme der Beschwerden im Lauf der Erkrankung mit drohenden Komplikationen,

  • Patienten mit schweren Grunderkrankungen oder besonderen Risikofaktoren,

  • Patienten mit chronisch entzündlicher Lungenerkrankung,

  • Patienten mit Immundefiziten oder Immunsuppression.

Bei Infektionen der oberen Atemwege sowie (sekundärer) bakterieller Bronchitis ist Amoxicillin Mittel der Wahl. Für die seltene primär bakterielle Bronchitis gilt die Unsicherheit, dass wir die dafür verantwortlichen Erreger nicht kennen und demzufolge blind und nicht empirisch therapieren. Alternativen bei Penicillinallergie sind Makrolide, Doxycyclin oder Cotrimoxazol. Amoxicillin mit Clavulansäure, Cephalosporine oder Chinolone sollten schweren Verlaufsformen oder vorbehandelten Patienten vorbehalten bleiben.

Akute Exazerbation der COPD: (siehe auch Teil 2, Abb. 3, ) Bei fehlender oder leichter Einschränkung der Lungenfunktion wird behandelt wie bei der einfachen Bronchitis. Die größere Wahrscheinlichkeit gramnegativer Keime bei abnehmender FEV 1 gilt als einzige Indikation für Ciprofloxacin bei Atemwegsinfektionen.

Unabhängig von der Therapie mit oder ohne ein Antibiotikum sollte der Patient auf jeden Fall für 5 Tage 40 mg Prednisolon erhalten (40 mg Prednisolon, z. B. 25 — 0 — 15 ohne Notwendigkeit zum Ausschleichen). Denn bei einer akuten Exazerbation der COPD finden wir vorübergehend eine eosinophile Entzündung wie beim Asthma, die ja bekanntlich gut auf Kortison anspricht. Folgerichtig haben wir kurzfristig eine Einflussmöglichkeit auf die Entzündung und damit auf den Verlauf und die Prognose der Erkrankung.

Ambulant erworbene Pneumonie: Für die Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie gilt es zu unterscheiden zwischen Patienten mit und ohne Risikofaktoren (Tab. 1).

  • Therapie bei Patienten ohne Risikofaktoren: Aminopenicillin, alternativ Makrolid, Doxycyclin.

  • Therapie bei Patienten mit Risikofaktoren: Amino penicillin + Betalaktamase inhibitor ± Makrolid alternativ Fluorchinolone Gruppe 3 oder 4.

Bis dato gibt es im Gegensatz zur AECOPD noch keine eindeutigen Untersuchungen, die belegen konnten, dass eine begleitende Kortisontherapie die Prognose des Patienten bessert.

Antibiotika kritisch gesehen

Grundsätzlich dürfen Antibiotika als gut verträglich angesehen werden. Auch die nur kurze Dauer der Therapie reduziert die Gefahren. Prinzipiell muss aber Folgendes festgehalten werden:

  • Jede Antibiotikatherapie kann die Resistenzen steigern. Umgekehrt hilft jede Einsparung, Resistenzen zu reduzieren!

  • Kinder, die in der Jugend häufig Antibiotika erhalten haben, erkranken offensichtlich häufiger an M. Crohn.

  • Eine Infektion mit Clostridium difficile ist immer mehr zu fürchten. Während die Infektion fast nur in Krankenhäusern festgestellt wurde, müssen wir diese inzwischen bei 40 Prozent aller Patienten auch im ambulanten Bereich annehmen. Nur der oft milde Verlauf mit hoher Spontanheilungsrate verhindert in der Praxis die häufigere Diagnose und Therapienotwendigkeit.

Häufig herrscht der Irrglaube, Antibiotika wären als mehr oder weniger „mild“ einzustufen. Diese Fehlbeurteilung stimmt nicht im Geringsten mit den potenziellen Problemen überein. Ebenso falsch ist die Einteilung in leicht und schwer. Antibiotika können nur richtig oder falsch, d. h. je nach Erreger und Wirkspektrum wirksam oder unwirksam und verträglich oder unverträglich für den Patienten sein.

Über die Jahre gesehen folgt die Wahl des Antibiotikums einem Trend. In den 1980er-Jahren löste der hohe Verbrauch der Tetracycline katastrophale Resistenzen aus. Den Tetracyclinen folgten die Makrolide. Aktuell werden zu oft Cephalosporine, hier besonders Cefuroxim, und diese vor allem bei Kindern verordnet. Für diese Trendverordnungen gibt es eine Haupterklärung. Die Auswahl des Antibiotikums erfolgt zu häufig nicht nach der Indikation, sondern nach dem Preis. Es gilt der Grundsatz: Antibiotika lieber seltener verordnen, dann aber das richtige in der richtigen Dosis und Dauer.

Hinweise zu den wichtigsten Antibiotika

  • Amoxicillin: Immer 3 Tagesdosen verordnen. Bei 2 Dosen pro Tag kommt es zum Unterschreiten notwendiger Gewebespiegel mit der Gefahr eines ausbleibenden Erfolgs und der Entwicklung von Resistenzen. Dosis: bis 75 kg Körpergewicht 3 × pro Tag 750 mg, darü -ber 3 × 1 g.

  • Die Indikation für Amoxicillin plus Clavulansäure sollte wegen der großen Hepatotoxizität der Clavulansäure zurückhaltend gestellt werden.

  • Cephalosporine besitzen eine ge ringe Bioverfügbarkeit, führen dadurch zu geringeren Wirkspiegeln als Amoxicillin und induzieren Resistenzen.

  • Chinolone werden zu häufig, vor allem bei älteren Patienten verordnet. Sie sind als Reserveantibiotikum nicht primär indiziert und wenn, dann auch nur bei schwereren Infektionen. Zusätzlich sind sie am häufigsten für Clostridieninfektionen verantwortlich.

  • Ciprofloxacin (Ausnahme siehe akute Exazer bation der COPD) und die anderen älteren Chinolone haben wegen ihrer Pneumokokkenlücke bei Atemwegsinfektionen nichts zu suchen.

  • Levofloxacin muss 2 × pro Tag gegeben werden, weil die Wirkspiegel bei 1 × täglicher Gabe die notwendigen Gewebespiegel unterschreiten. Nur Moxifloxacin erlaubt die 1 × tägliche Gabe.

  • Cephalosporine und Chinolone sind meist für Clostridieninfektionen verantwortlich.

Dosis und Dauer der Behandlung

Für die verschiedenen Indikationen gibt es Empfehlungen für die Dauer der Therapie:

  • Otitis, Sinusitis: 7 Tage

  • Bronchitis: 5 Tage

  • Akute Exazerbation der COPD und ambulant erworbene Pneumonie: 5 – 7 Tage Wird die Therapiedauer überschritten, führt das nicht zu besseren Erfolg, sondern zu Resistenzen.

Wenn die Therapie nicht anschlägt

Mit Therapieversagen sind nicht diejenigen Fälle gemeint, bei denen ein anhaltender Hustenreiz zur Verordnung eines zweiten oder gar dritten Antibiotikums verführt. In diesen Fällen ist der anhaltende Husten kein Hinweis auf eine erfolglose Therapie und ein Persistieren einer bakteriellen Besiedlung. Der anhaltende Hustenreiz ist meistens Ausdruck eines hyperreaktiven Bronchialsystems meistens als Residuum eines Virusinfekts, das nicht nach einem weiteren Antibiotikum, sondern einem inhalativen Kortison ruft.

Außer bei schwerwiegenden Gründen sollte eine begonnene Antibiotikatherapie mindestens drei Tage fortgesetzt werden. Erst dann sollte bei ausbleibendem Erfolg eine Änderung erwogen werden. Auch jetzt ist der Wechsel auf eine Substanz, die die Wirklücken der erfolglosen Substanz abdeckt (Tab. 2), sinnvoller als eine Sputumanalyse vorzunehmen und deren Ergebnis abzuwarten.

Fazit

Für die Antibiotikatherapie muss gelten: So selten wie möglich, so häufig wie nötig und die richtige Substanz in der richtigen Dosis und Dauer.

Service

Für Ihre Patienten gibt es das Merkblatt „Infektion der Atemwege – was Sie wissen sollten“ als pdf zum Download.

Tab. 1: CAP-Risikofaktoren

Risikofaktoren für eine durch Pseudomonas ausgelöste CAP mit erhöhter Mortalität

  • Pulmonale Komorbidität: COPD Stadium III – IV, Bronchiektasen

  • Stationärer Aufenthalt in den letzten 30 Tagen vor Therapiebeginn

  • Kortikosteroidtherapie

  • Aspiration

  • Breitspektrumantibiotikum-Therapie über > 7 Tage innerhalb des letzten Monats

  • Malnutrition

  • Schwere Begleiterkrankung

  • Alter > 60 – 70 Jahre

Lesen Sie dazu auch:

Literatur

  • 1 CRB Aujesky et al. AJM 2005

  • 2 Van der Meer, Victor; Arie Knuistingh Neven; Peterehans J van den Broek, Willem J.J.Assendelft: Diagnostic value of C reactive protein in infections oft he lower respiratory tract: systemic review BMJ, doi:10.1136/bmj.38483.478183.EB

  • 3 Christ-Crain, M. et al Effect of procalcitonin-guided treatment on antibiotic use and outcome in lower respiratory tract infections cluster-randomised, single blinded intervention The Lancet Vol 363, February 21,2004

  • 4 Gompertz S et al., Farbe des Sputums und Art der Infektion Eur Respir J 2001; 17: 1112-1119

  • 5 Harnisch, Christopher Was gegen Schnupfen hilft Der Hausarzt 02/2015

  • 6 Hvild et al. Antibiotic use and inflammatory bowel diseases in childhood Gut 2011;60:49-54 doi:10.1136/gut.2010.219683

  • 7 Thalhammer Umfrage bei Digivote Bezirksärztefortbildungen in Österreich

Mögliche Interessenkonflikte: Beratertätigkeit, Vorträge und Artikel für die Firmen Aerocrine, Bayer, Boehringer Ingelheim, Mundipharma und Novartis.

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