FunktionsstörungSchilddrüsenerkrankungen: Wie diagnostizieren? Wann behandeln?

An die Schilddrüse sollten Sie immer auch bei unspezifischen Symptomen denken, vor allem bei schwer einstellbaren Diabetikern oder kardialen Problemen. Doch wann muss eine Funktionsstörung der Schilddrüse behandelt werden? Diese Frage wurde beim virtuellen Praxis update diskutiert.

“Eine individuell abgestimmte Diagnostik und medikamentöse Therapie mit einer gut kontrollierten zielgerichteten Einstellung der Schilddrüsenfunktion ist im Hinblick auf die Lebensqualität und die Vermeidung zusätzlicher, vor allem kardiovaskulärer Risiken von größter Bedeutung”, so Professor Martin Fassnacht, Würzburg. Welche große Bedeutung die Schilddrüse im hausärztlichen Alltag hat, das zeigen auch die aktuellen Verordnungszahlen: 3,3 Millionen Patienten werden mit einem Schilddrüsenpräparat behandelt.

Wichtig ist die Ursachenabklärung

Nach den Daten der Heinz-Nixdorf RECALL-Studie, die bei 45- bis 75-Jährigen erhoben wurden, liegt die Prävalenz der subklinischen Hyperthyreose bei 3,1 Prozent, die der manifesten bei 0,8 Prozent. Von der subklinischen Hypothyreose sind 6,1 Prozent, bei der manifesten Hypothyreose 0,1 Prozent aller Menschen betroffen.

Der Einstieg in die Schilddrüsendiagnostik ist und bleibt die TSH-Bestimmung. Der Referenzbereich liegt zwischen 0,4 und 4,0 µU/l. Ist der Wert erniedrigt, so sollten fT3 und fT4 bestimmt werden. Sind die Schilddrüsenhormon-Werte erhöht, so liegt in der Regel eine behandlungsbedürftige Hyperthyreose vor, bei Werten im Normbereich sprechen wir von einer subklinischen Hyperthyreose. In jedem Fall sollte dann eine weitergehende ursächliche Abklärung erfolgen. “Das Ursachenspektrum ist breit, es umfasst exogene und endogene Ursachen”, so Fassnacht. Diskutiert werden müssen eine Autoimmunthyreopathie (Morbus Basedow, TRAK +), eine Immunthyreoiditis, eine Thyreoiditis de Quervain (Thyreoglobulin erhöht), Schwangerschaft oder Trophoblastentumore (hCG erhöht), eine funktionelle Autonomie und Medikamente wie Amiodaron, Schilddrüsenpräparate, Interferon und Multikinaseinhibitoren.

Wann therapieren?

“Die subklinische Hyperthyreose und Hypothyreose sind keinesfalls nur eine Laborkrankheit”, so Fassnacht; denn innerhalb von fünf Jahren entwickeln bis zu 50 – 60 Prozent dieser Patienten eine manifeste Schilddrüsenfunktionsstörung. Auch haben entsprechende Studien gezeigt, dass eine subklinische Hyperthyreose die Gesamtmortalität erhöht. Klinisch relevant und somit behandlungsbedürftig sind Patienten mit Herzrhythmusstörungen insbesondere Vorhofflimmern und solche mit einer Neumanifestation oder Verschlechterung des Diabetes mellitus. Denn die Hyperthyreose fördert die Glukoseintoleranz und somit auch Stoffwechselentgleisungen. Die Insulinresistenz nimmt zu, die Insulinsensitivität ab, die Insulinsekretion wird gehemmt, die intestinale Glukoseaufnahme und die Glukagonfrei-setzung sind ebenso gesteigert wie die Glyko-genolyse in der Leber.

Gerade bei Patienten im höheren Lebensalter wird zu selten an eine Hyperthyreose gedacht, da sie oft oligo- oder monosymptomatisch verläuft. An die Überfunktion der Schilddrüse sollte man denken bei Gewichtsverlust, Belastungsdyspnoe bzw. einer kardialen Dekompensation, Tachykardien bzw. Vorhofflimmern, rascher Erschöpfbarkeit, Inappetenz, Depression, Apathie und Verwirrtheitszu-ständen.

Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System

Jede Schilddrüsendysfunktion hat negative Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System. Sowohl das Risiko für eine Herzinsuffi-zienz als auch für die KHK steigt sowohl mit dem Anstieg als auch mit dem Abfall des TSH-Wertes aus dem Normbereich. Und die Inzidenz des Vorhofflimmerns korreliert mit der Höhe des TSH-Wertes. Bei der Hyperthyreose ist vor allem der systolische Blutdruck erhöht und das RAA-System inhibiert, bei einer Hypothyreose dagegen der diastolische Blutdruck erhöht und das RAA-System aktiviert.

In diesem Zusammenhang kommt auch der Prävention der Hyperthyreose bei Vorliegen einer Schilddrüsenautonomie eine große Bedeutung zu. Wichtig ist die frühzeitige Diagnose der Struma nodosa mit Autonomie mittels Klinik, Labor und Sonographie beziehungsweise Szintigraphie. “Die subklinische Hyperthyreose sollte mittels TSH-Screening frühzeitig erfasst werden und die Therapie sollte bereist bei noch kompensierter Autonomie beziehungsweise. subklinischer Hyperthyreose erfolgen und zwar mittels Radiojod oder Operation”, so Fassnacht. Wenn keine suffiziente Therapie der Hyperthyreose vorher möglich ist, muss vor einer Jodkontamination ein medikamentöser Schutz erfolgen.

Was die medikamentöse Therapie der euthyreoten Struma diffusa oder nodosa betrifft, so liegen nur etwa 40 Prozent der Patienten im TSH-Zielbereich zwischen 0,3 und 1,2 µU/l, das bedeutet, dass die meisten unzureichend eingestellt sind.

Subklinische Hypothyreose: Wen behandeln?

Die Behandlung der subklinischen Hypothyreose wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Bei Patienten bis 70 Jahre ist ein TSH-Wert ab 10 mU/l immer eine Indikation für eine Substitution, bei Werten darunter nur dann, wenn Symptome vorliegen. Wenn nicht, so kann ein dreimonatiger Therapieversuch durchgeführt werden.

“Es gibt altersspezifische TSH-Referenzbereiche und die subklinische Hypothyreose hat in der Regel bei alten Personen keinen Krankheitswert”, so Fassnacht. In einer Studie habe man sogar eine Assoziation der Langlebigkeit mit einem erhöhten TSH-Wert nachweisen können. Bei über 70-Jährigen stellt deshalb ein TSH-Wert unter 10 µU/l keine Indikation für eine Therapie dar. Bei Werten über 10 µU/l sollte im Einzelfall entschieden werden in Abhängigkeit von Symptomen und dem kardiovaskulären Risiko. Typische Symptome der Hypothyreose sind Müdigkeit, Schwäche, Störungen der Merkfähigkeit, Kälteintoleranz, Depression und Anorexie. Bei Diabetikern kann auch eine verstärkte Hypoglykämieneigung Ausdruck einer Hypothyreose sein.

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