Medizinhistorische SchlaglichterStethoskop: Perkussion und Auskultation

Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte der Österreicher Leopold von Auenbrugger die Methodik der Perkussion. Gut ein halbes Jahrhundert später erfand der Franzose René Laënnec das Stethoskop und verfeinerte so die Auskultation. Beide Methoden gehören bis heute zum Standard in der Hausarztpraxis.

Das Symbol des Arztes schlechthin? Natürlich das Stethoskop. Nicht nur in medizinischen Fernsehserien, auch in der Praxis signalisiert das aus der Tasche ragende oder lässig um den Hals hängende Stethoskop Nähe und Vertrauen. Es ist ein Symbol für den Arzt, der sich um die Patienten kümmert und sich direkt, ja fast intim mit ihnen auseinandersetzt, ein Symbol für den Hausarzt. Und doch war das Stethoskop das erste Instrument, das Distanz zwischen Arzt und Patient zuließ.

Es war außerdem das erste Instrument, das es dem Arzt erlaubte, in den Patienten hineinzuhorchen und somit Vorgänge zu erkennen, die sich im Inneren des lebenden Körpers abspielten. Damit steht ausgerechnet das gute alte Stethoskop am Anfang der der Apparatemedizin.

Schon in der Antike wurde geklopft und gehorcht

Schon in der Antike und wohl bereits lange davor haben Ärzte und Heiler am Körper der Patienten geklopft und gehorcht, um Ungewöhnliches, Krankhaftes zu erkennen. Doch als Erfinder der medizinischen Technik der Perkussion gilt der österreichische Mediziner Johann Leopold Auenbrugger, später Edler von Auenbrugg (1722-1809).

Er war Sohn eines Gastwirts in Graz und half bereits als Kind im Wirtshaus. Früh entwickelte er eine bemerkenswerte Geschicklichkeit, durch Beklopfen von Weinfässern deren Füllstand zu erkennen. Diese Erfahrung half ihm dann als Arzt in Wien bei der Auskultation des Brustraums.

Es war damals durchaus üblich, bei der Untersuchung den Bauch der Patienten abzuklopfen. Auenbrugger war aber der erste, der diese Methodik auch am Brustraum anwendete. Dabei fielen ihm Schallunterschiede auf. Diese Beobachtungen untersuchte er bei Obduktionen. Er verfeinerte seine Erkenntnisse sogar durch Experimente an Leichen. So füllte er etwa deren Lungen mit Wasser und beurteilte dann den Klopfschall. Auenbruggers Vorgehen, klinische Beobachtungen durch Obduktionen und Experimente zu bestätigen, war damals noch ziemlich neu.

Sieben Jahre lang arbeitete Auenbrugger seine Erkenntnisse aus, bevor er sie 1761 veröffentlichte. Trotzdem verbreitete sich die Perkussion zu seinen Lebzeiten nur im Kreise der Wiener Ärzte. Zum Durchbruch verhalf ihr erst Napoleons Leibarzt Jean Nicolas Corvisart des Marets (1755-1821), der Auenbruggers Methode wiederentdeckte.

Es wurde dann üblich, die Brust der Patienten abzuhören. So auch für einen noch relativ jungen Arzt aus der Bretagne, René Laënnec (1781-1826), der in Paris arbeitete. Am 17. Februar 1816 hatte er eine sehr korpulente junge Patientin mit Herzproblemen zu untersuchen. Er fand es unschicklich, sein Ohr auf ihre üppige Brust zu legen. Außerdem vermutete er, dass er wegen des “Ausmaßes ihrer Leibesfülle” gar nicht viel hören würde.

“Ich erinnerte mich an ein allgemein bekanntes akustisches Phänomen, dass nämlich das Kratzgeräusch am Ende eines Baumstammes über viele Meter hinweg am anderen Ende sehr genau, ja sogar verstärkt zu hören ist”, beschrieb er die Situation selbst. Das hatte er bei Kindern, die mit einem hohlen Ast spielten, beobachtet. “Ich nahm daher ein Papierheft, rollte es fest zusammen, legte das eine Ende auf das Präcordium und das andere Ende an mein Ohr. Ich war erstaunt, wie deutlich ich die Schläge des Herzens hören konnte, deutlicher und genauer, als wenn ich mein Ohr direkt auf den Brustkorb gelegt hätte.”

Aus einem hölzernen Rohr entstand das heutige Stethoskop

Laënnec entwickelte dann ein dreiteiliges hölzernes Rohr, 30 cm lang mit einem Durchmesser von 2 cm. Er nannte seine Erfindung “Stethoskop” nach den griechischen Wörtern “stethos” für Brust und “skopein” für Sehen.

Laënnec, der selbst an Tuberkulose litt, untersuchte nun akribisch die Brustgeräusche, die mit seinem neuen Instrument zu hören waren, und ordnete sie bestimmten Krankheiten zu. Er beschrieb zum Beispiel das “Rasseln”, ein Geräusch beim Einatmen, typisch bei Pneumonie oder Herzinsuffizienz, den “Pfeifen” oder “Giemen” genannten Pfeifton beim Ausatmen, der auf blockierte Bronchien etwa bei Asthma oder Bronchitis hinweist, oder den “Stridor”, ein Strömungsgeräusch, das zum Beispiel Verengungen in der Luftröhre durch Fremdkörper anzeigt. Im August 1819 erschien sein 900 Seiten starkes Hauptwerk: “Abhandlung über die indirekte Auskultation”.

Auenbruggers Perkussion brauchte über 40 Jahre bis zu ihrer breiten klinischen Anwendung. Laënnecs Entdeckung jedoch fand sofort große Zustimmung und Anerkennung. Bis heute. Das Abhorchen mit dem Stethoskop gehört noch immer zu den Basisuntersuchungen in der Hausarztpraxis.

Quellen u.a.:

  1. Bartens, Werner: “Hörende Heilkunde.” Süddeutsche Zeitung, München, 2014.
  2. Goddemeier, Christof: “Geschichte der Medizin: Erfinder des Stethoskops.” Deutsches Ärzteblatt, 2006.
  3. Paul, Gill: “Die Geschichte der Medizin in 50 Objekten”.
  4. Haupt Verlag, Bern, 2016.
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