36,5 Millionen Menschen ab 15 Jahren haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf [1]. In der Hausarztpraxis gehören viele Patienten mit höherem Alter und Vorerkrankungen zu dieser Risikopopulation. Die orale Kombination Nirmatrelvir/Ritonavir (NMV-r) ist zur Behandlung von Covid-19 bei Erwachsenen zugelassen, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben [2].
Die Risikogruppe für schwere Covid-19-Krankheitsverläufe ist keine Nische: Mehr als die Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung über 15 Jahre zeigt laut Robert Koch-Institut in der Studie GEDA 2019/2020-EHIS ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf. Risikofaktoren sind unter anderem ein Alter über 60 Jahre – ganz unabhängig von Begleiterkrankungen, Übergewicht (BMI >30), Diabetes, kardiovaskuläre Grunderkrankungen, chronische Nieren- und Lungenerkrankungen einschließlich Asthma oder aktuelles Rauchen, eine immunsuppressive Erkrankung oder Therapie oder eine aktive Krebserkrankung. Darunter zählen hierzulande 21,6 Millionen Menschen zur Hochrisikogruppe [1]. Schwere Verläufe können zu Hospitalisierung und Tod führen. Langzeitfolgen mit chronischem Verlauf erweitern die Risikopopulation [6].
Risiko für schweren Verlauf häufig unterschätzt
Vielen Patienten, die hospitalisiert werden, könnte eine Krankenhauseinweisung mit allen Folgen vermutlich erspart bleiben, wenn man Studiendaten zur Risikoreduktion mit PaxlovidTM betrachtet [7]: „Ich denke, dass ihr Leid dadurch oft hätte verhindern werden können“, sagt Prof. Clemens Wendtner, Infektiologie an der München Klinik Schwabing [8]. Für die größtmögliche Wirksamkeit sollte mit der Einnahme des antiviralen Proteaseinhibitors innerhalb der ersten 5 Tage nach Symptombeginn nach einem genau festgelegten Schema begonnen werden [2].
Auch der Corona-Expertenrat der Bundesregierung plädiert für den Einsatz antiviraler Medikamente gegen SARS-CoV-2. So lasse sich das Risiko für schwere Verläufe und Todesfälle durch die gezielte und frühe Anwendung einer antiviralen Therapie signifikant senken. Der effektive Einsatz antiviraler Therapien habe somit einen hohen Stellenwert, die Krankheitslast durch Covid-19 zu begrenzen und schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle zu reduzieren [9]. In der Ärzteschaft und der Bevölkerung herrscht Unsicherheit, wie groß die Risikogruppe tatsächlich ist. Für den Infektiologen PD Dr. Torsten Feldt, Universitätsklinikum Düsseldorf, ist die Zurückhaltung vieler Hausärzte bei der Verordnung von PaxlovidTM nicht gerechtfertigt: „Ich fürchte, dass das Risiko eines schweren Covid-Verlaufs inzwischen sowohl von Ärzten als auch von Patienten häufig unterschätzt wird.“ [8].