In der Saison 2022/23 wurden die meisten bestätigten Influenzafälle der letzten zehn Jahre registriert [1]. Dabei ist nur der direkte Erregernachweis meldepflichtig, weshalb die Anzahl der tatsächlichen Influenzafälle vermutlich noch deutlich höher liegt [1]. Gleichzeitig war es eine schwache Influenza-Impfsaison.
Dabei konstatierte das Robert Koch-Institut (RKI), dass vor allem die Risikogruppen in jüngerem Alter kaum entsprechend den STIKO-Empfehlungen geimpft seien: Unter den 18- bis 49-jährigen Risikopatienten sind weniger als 20% geimpft, gleiches gilt für die Impfquote von Schwangeren. Damit verfehlen die Impfquoten das von der Europäischen Kommission und der Weltgesundheitsorganisation erklärte Ziel von 75% deutlich [2].
Zu den Risikogruppen, die auch im Alter von unter 60 Jahren einen Impfschutz gegen Influenza erhalten sollten, zählen chronisch Kranke, Schwangere, medizinisches Personal sowie Personen, die beruflich viel Kontakt zu anderen Menschen haben. Da chronisch Kranke die typische Klientel einer Hausarztpraxis ausmachen, sollte dieser Patientengruppe und ihren direkten Kontaktpersonen ein besonderes Augenmerk gelten. Hierzulande ist mehr als jeder Zweite von einer chronischen Erkrankung betroffen und trägt somit ein höheres Risiko für schwere Krankheitsverläufe [3].
Dennoch lässt sich längst nicht jeder gegen die saisonale Influenza impfen. So waren in der Saison 2021/22 lediglich 35,4% der Erwachsenen mit relevanter Grunderkrankung gegen Influenza geimpft [2]. Je jünger die chronisch Kranken sind, desto geringer ist die Influenza-Impfquote. Unter den 18- bis 29-Jährigen beträgt sie nur 8,2%, von den 30- bis 39-Jährigen sind 11,7% geimpft und bei den 40- bis 49- und 50- bis 59-Jährigen 16,7 bzw. 24,1%.
Eine große Gruppe chronisch Kranker stellen die Diabetiker mit rund 11 Mio. Betroffenen [4]. Diabetiker haben ein erhöhtes Risiko für renale oder kardiovaskuläre Komplikationen sowie für eine Verschlechterung ihrer Erkrankung [5,6]. Zudem geht eine Infektion mit einem 9-fach erhöhten Hospitalisierungsrisiko und einem 2-fach erhöhten Sterberisiko einher, verglichen mit Nicht-Diabetikern [7,8].
Umgekehrt zeigte eine Studie, dass gegen Influenza geimpfte Diabetiker eine um 17% geringere Gesamtmortalität und um 16% geringere kardiovaskuläre Mortalität aufwiesen. Das Risiko eines stationär behandlungsbedürftigen Diabetes reduzierte sich um 11% [9].
Tipps für die Praxis:
- Frühzeitig Praxistermine vereinbaren,
- Gelegenheit nutzen, um Impfstatus zu beurteilen und bei Bedarf impfen,
- Grippeimpfstoff zusammen mit anderen notwendigen Impfungen verimpfen,
- grippespezifische Impftage und/oder eine separate Grippe-Sprechstunde einrichten. [11]
Literatur
- Nationale Lenkungsgruppe Impfen (NaLI): www.nali- impfen.de/monitoring-daten/krankheitsfaelle-in-deutschland/influenza/ Letzter Zugriff 11.07.23
- Robert Koch-Institut (RKI) Epid Bull 2022;49:3-23
- Ärzteblatt 28.09.2020 /www.aerzteblatt.de/nachrichten/116897/Mehr-als-die-Haelfte-der-deutschen-Bevoelkerung-ist-chronisch-krank. Letzter Zugriff 11.07.23
- Deutsche Diabetes Hilfe www.diabetesde.org/ueber_ diabetes/was_ist_diabetes_/diabetes_in_zahlen. Letzter Zugriff 11.07.23
- National Foundation for Infectious Diseases (NFID) www.nfid.org/for-people-with-diabetes-flu-vaccinati-on-is-more-important-than-ever/ Letzter Zugriff 11.07.23
- Sellers SA et al. Influenza Other Respir Viruses. 2017;11(5):372-393
- Mertz D et al. BMJ 2013;347:f5061. 4. Wilking H et al. Euro Surveill. 2010;15(49)
- Wilking H et al. Euro Surveill. 2010;15(49):19741
- Modin D et al. Diabetes Care 2020;43:2226-2233
- Bundesgesundheitsministerium www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/influenza.html Letzter Zugriff 11.07.23
- Michigan Department of Health & Human Services. Strategies to enhance influenza vaccination for practices that care for adults. www.Michigan.gov/flu. Accessed on: 21 September 2022
Impressum
- Report in „Der Hausarzt“ 15/2023.
- Bericht: Dr. Marion Hofmann-Aßmus. V.i.S.d.P.: J. Dielmann-von Berg
- Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte
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