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Serie "Cochrane-Evidenz für die Hausarztpraxis"Schnelltests bei Halsschmerzen?

Akute Halsschmerzen sind meist auf Viren zurückzuführen. Können Point-of-Care-Schnelltests dabei helfen, Antibiotikagaben zu vermeiden?

Halsschmerzen sind ein häufiger Vorstellungsgrund in der Hausarztpraxis. Dabei möchten Hausärzte eine Infektion durch A-Streptokokken nicht übersehen, da in so einem Fall eine Behandlung mit Antibiotika indiziert sein kann. Neben Anamnese, körperlicher Untersuchung und Labor kann ein Schnelltest die Diagnostik unterstützen.

In der Gesamtschau der Ergebnisse können sich Hausärzte gemeinsam mit den Patienten für oder gegen eine antibiotische Behandlung entscheiden. Cochrane hat untersucht, ob Point-of-Care-Schnelltests dazu beitragen können, die Verschreibung von Antibiotika in der Primärversorgung bei akuten Halsschmerzen zu verringern. Das Plain Language Summary des Reviews finden Sie im Kasten rechts [1].

Wirksamkeit und Sicherheit von Schnelltests für die Verschreibung von Antibiotika bei Halsschmerzen [1]

Zusammenfassung des Cochrane Reviews in einfacher Sprache

Einsatz von Point-of-Care-Schnelltests auf Streptokokken als Entscheidungshilfe für Ärzte in der Primärversorgung, die bei Halsschmerzen Antibiotika verschreiben

Fragestellung des Reviews: Können Point-of-Care-Schnelltests dazu beitragen, die Verschreibung von Antibiotika in der Primärversorgung bei akuten Halsschmerzen zu verringern?

Hintergrund: Schmerzen im Hals- und Rachenraum sind einer der häufigsten Gründe für das Aufsuchen einer Hausarztpraxis. Sie können durch Viren oder Bakterien verursacht werden. Die bei Hals- und Rachenentzündungen am häufigsten identifizierte Bakterienart sind A-Streptokokken (“Streptokokken-Infektion”).

Bei Entzündungen des Hals- und Rachenraums sind Antibiotika weiterhin ein häufig verschriebenes Mittel, obwohl die Mehrheit dieser Entzündungen hauptsächlich durch Viren entstehen. Bei viralen Infekten ist die Gabe von Antibiotika unwirksam und unnötig.

Die berechtigte Sorge ist, dass Antibiotika möglicherweise Nebenwirkungen verursachen, die zu Antibiotikaresistenz beitragen, was wiederum zu schwer zu behandelnden Infektionen führt. Die Unterscheidung zwischen Halsentzündungen viralen und bakteriellen Ursprungs allein durch Beobachtung (klinische Unterscheidung) ist selbst für erfahrene Ärzte eine besondere Herausforderung. Die Untersuchung der im Rachenraum entnommenen Bakterienkultur mittels gezieltem Abstrich benötigt möglicherweise bis zu 48 Stunden (oder länger) Zeit.

Deshalb wurden Schnelltests entwickelt. Derzeit gibt es mehrere Schnelltests, um bei Halsschmerzen eine Streptokokken-Infektion der Gruppe A nachzuweisen. Sie können beim Aufsuchen eines Allgemeinmediziners wegen Halsschmerzen kurzfristig während der Sprechstunde durchgeführt werden.

Diese Schnelltests könnten dazu beitragen, die Verschreibung von Antibiotika zu reduzieren, indem bei Menschen mit einem negativen Testergebnis keine Antibiotika verschrieben werden.

Um die Wirksamkeit und Sicherheit von Schnelltests in der hausärztlichen Versorgung beurteilen zu können, werteten wir die verfügbare Evidenz von randomisierten kontrollierten Studien (ein Studientyp, bei dem die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip einer von zwei oder mehr Behandlungsgruppen zugeteilt werden) aus.

Studienmerkmale: Wir suchten nach randomisierten kontrollierten Studien, die bis Juni 2019 in einer beliebigen Sprache veröffentlicht wurden. Wir identifizierten fünf randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 2.545 Teilnehmenden, die Schmerzen im Hals- und Rachenraum hatten und damit in der Allgemeinarztpraxis waren.

Hauptergebnisse: Teilnehmende der Schnelltest-Gruppe erhielten seltener ein Antibiotika-Rezept als Teilnehmende, die aufgrund rein klinischer Gründe bzw. Aspekte behandelt wurden (481/1.197 versus 865/1.348).

Durch den Einsatz von Schnelltests in der hausärztlichen Versorgung kann wahrscheinlich eine 25 %-ige Reduktion (d.h. ein Rückgang um 25 Prozentpunkte) der Antibiotika-Verschreibungsraten bei Schmerzen im Hals- und Rachenraum erreicht werden.

Es kann jedoch sein, dass die Anzahl der ausgegebenen Antibiotika-Behandlungen zwischen den Gruppen nur geringfügig oder gar nicht gesenkt wird. Antibiotika-Verschreibungen beziehen sich auf Medikamente, die von Gesundheitsfachpersonal verschrieben werden.

Die Ausgabe von Antibiotika bezieht sich auf Medikamente, die in Apotheken ausgegeben werden. In einigen Fällen kann es vorkommen, dass Patienten nicht in der Apotheke erscheinen, um ihr Rezept einzulösen.

Vier Studien berichteten Daten zur Anzahl der Teilnehmenden mit einer Komplikation, die auf die ursprüngliche Infektion zurückzuführen war (z. B. Tonsillarabszess): Komplikationen waren selten (0 bis 3 pro Studie) und es gibt möglicherweise nur einen geringen oder gar keinen Unterschied zwischen Personen, die man aufgrund ausschließlich klinischer Gründe behandelte und solchen, die man anhand von Schnelltests behandelte. Die Evidenz hierzu ist jedoch sehr unsicher.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz: Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz stuften wir für die Anzahl der Teilnehmenden, die ein Antibiotikum verschrieben bekamen, als moderat ein, für die Anzahl der Teilnehmenden, die ein Antibiotikum erhielten war sie niedrig, und für die Anzahl der Teilnehmenden mit einer Komplikation, die auf die Halsentzündung zurückzuführen war (z.B. Tonsillarabszess), war sie sehr niedrig.

Schlussfolgerungen: Verglichen mit der üblichen Entscheidungsfindung, die allein auf der klinischen Untersuchung basiert, kann die Einführung von Schnelltests die Antibiotika-Verschreibungsrate senken, dies hat aber möglicherweise nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf die Ausgabe von Antibiotika. Es sind weitere Studien erforderlich, um andere für die Patienten wichtige Endpunkte, einschließlich der Sicherheit, zu bewerten.

Fazit für die Hausarztpraxis

Einen routinemäßigen Rachenabstrich auf Erreger und zur Resistenzbestimmung empfiehlt die DEGAM bei akuten Halsschmerzen nicht. Mikrobiologische Kulturen eignen sich wie die klinisch-chemische Laboruntersuchung (zum Beispiel Entzündungsparameter wie CRP, BKS, Blutbild) und auch der Schnelltest nicht als diagnostischer Einzelparameter [3].

Eine Entscheidung aufgrund eines Schnelltests hängt auch vom epidemiologischen Kontext ab. Pandemieereignisse von Erkrankungen wie COVID-19, die sich klinisch unter anderem durch Halsschmerzen äußern können, stellen hier eine Ausnahme dar.

Die Ausbreitung von SARS-CoV-2 kann möglicherweise mit Hilfe von PCR- und Antigentests verlangsamt werden, wenn die Tests als ergänzende Maßnahme zur Pandemie-Eindämmung eingesetzt werden.

Bezüglich der hausärztlichen Diagnostik einer Pharyngitis mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A (GAS) schlägt die DEGAM vor, anhand von validierten Scores die Wahrscheinlichkeit einer GAS abzuschätzen.

Ein Rachenabstrich für einen Schnelltest oder eine Kultur zum GAS-Nachweis sollten Sie nur durchführen, wenn das Untersuchungsergebnis entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen eine Antibiotikatherapie hat.

Dabei sind eitrige Komplikationen wie Peritonsillarabszess, Otitis media oder bakterielle Sinusitis selten. Erachten Sie den Nutzen der Antibiotikatherapie bei ausgeprägter Symptomatik für wichtig, kann ein positiver Schnelltest die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer GAS-Pharyngitis weiter erhöhen. Bei negativem Schnelltest sollten Sie dann aber konsequenterweise auf eine Antibiotikatherapie verzichten.

Diagnostische Tests

Ein diagnostischer Test bestimmt anhand eines oder mehrerer Parameter, ob die Testperson an einer Krankheit leidet oder nicht. Ein positives oder negatives Ergebnis bedeutet, dass die Person laut Test krank oder gesund ist. Das Testergebnis kann jedoch auch fehlerhaft sein, sodass gesunde Personen fälschlicherweise als krank und kranke Personen als gesund klassifiziert werden. Die Genauigkeit diagnostischer Tests ist also wesentlich für nachfolgende Therapieentscheidungen.

Die Genauigkeit eines diagnostischen Tests lässt sich anhand seiner Sensitivität und seiner Spezifität beurteilen und wird in Diagnosestudien untersucht. Diese vergleichen die Ergebnisse einer etablierten Methode (Referenztest, soweit vorhanden) mit denen der neuen Methode (Index-Test).

Der Referenztest teilt die Studienpopulation in tatsächlich Kranke und Gesunde ein, die Diagnosestudie untersucht, wie genau der neue Test diese Aufteilung abbildet. Die diagnostische Sensitivität berechnet die Wahrscheinlichkeit, dass der neue Test kranke Personen als krank klassifiziert; die diagnostische Spezifität berechnet die Wahrscheinlichkeit, dass er gesunde Personen als gesund einstuft.

Je höher die Sensitivität, desto sicherer können wir die Krankheit bei einem negativen Testergebnis ausschließen. Bei einer hohen Spezifität kann eine Erkrankung dagegen mit höherer Sicherheit bestätigt werden. Weiterhin ermitteln Diagnosestudien auch das Likelihood-Ratio (LR) des diagnostischen Tests.

Hierbei wird ein Quotient berechnet, und zwar aus der Wahrscheinlichkeit, dass der Patient erkrankt ist und das Testergebnis positiv (Testergebnis bildet Krankheit korrekt ab) und der Wahrscheinlichkeit, dass der Test positiv ist, der Patient aber gesund ist (Test hat die Tendenz, “krank zu machen”). Je höher der Wert, desto zuverlässiger ist ein positives Testergebnis [2].

Literatur:

  1. Cohen JF, Pauchard J-Y, Hjelm N, Cohen R, Chalumeau M. Efficacy and safety of rapid tests to guide antibiotic prescriptions for sore throat. Cochrane Database of Systematic Reviews 2020, Issue 6. Art. No.: CD012431. DOI: 10.1002/14651858.CD012431.pub2. Accessed 08 August 2021.
  2. Schmidt-Haghiri M, Schelling J. Evidenz für die Hausarztpraxis. Elsevier, 2021.
  3. DEGAM. S3-Leitlinie Halsschmerzen. www.hausarzt.link/mtfS2

Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert.

BUCHTIPP

Evidenz für die Hausarztpraxis

  • M. Schmidt-Haghiri, J. Schelling
  • Elsevier Verlag
  • 1. Aufl. 2020, 136 Seiten, kartoniert
  • ISBN 978-3-437-24051-5
  • 19,00 Euro

Die sehr simple, aber notwendige Idee: eine systematische Zusammenfassung der von Cochrane erarbeiteten Evidenz mit Relevanz für Hausärzte. Damit wollen die Autoren Hausärzte unterstützen, Erkenntnisse aus der klinischen Forschung in ihre alltägliche Arbeit zu integrieren.

Forschungsergebnisse werden auch mit den Empfehlungen der DEGAM abgeglichen. Zudem wird deutlich, wie gut Erkenntnisse untersucht und belegt sind. Die Themen reichen von A wie “Asthma” über D wie “Dermatologie” und I wie “Infekt” bis zu N wie “Notfälle” und helfen, immer “up-to-date” zu bleiben.

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