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Serie "EKG in der Hausarztpraxis"Was tun bei rezidivierenden Synkopen?

Ein 65-Jähriger hat in den letzten Stunden mehrere Synkopen erlitten. Was steckt dahinter?

Die Diagnostik von Synkopen ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint.

Der 65-jährige Herr K.* kommt mit dem Rettungsdienst in die Notaufnahme. Nach Angaben der Ehefrau sei er in den letzten drei Stunden mehrfach synkopiert. Er selbst kann sich daran nicht erinnern und sagt, es gehe ihm gut. Er wirkt genervt und berichtet, seine Frau habe gegen seinen Willen beim Rettungsdienst angerufen.

Eine erste klinische Untersuchung ergibt einen hypertensiven Blutdruck von 170/100 mmHg sowie eine bradykarde rhythmische Herzfrequenz von 35 bis 40 Schlägen pro Minute. Die Auskultation von Herz und Lunge ergibt keinen pathologischen Befund. Die periphere Sauerstoffsättigung ist mit 99 Prozent normal. Klinische Zeichen einer Herzinsuffizienz wie periphere Ödeme bestehen nicht. Es wird ein EKG geschrieben (s. Abb. 1).

EKG-Befund

Auf den ersten Blick imponiert die bradykarde und relativ regelmäßige Herzfrequenz mit knapp 40/min. P-Wellen sind sichtbar. Die Frequenz der Vorhofaktionen lässt sich auf etwa 75 bis 80/min berechnen. Die P-Wellen stehen in keinem fixierten Verhältnis zu den QRS-Komplexen, sie sind dissoziiert. Die PQ-Zeiten sind in dem sichtbaren Abschnitt des EKG alle unterschiedlich und werden daher nicht berichtet. Die QRS-Komplexe haben eine normale Dauer. Es handelt sich hier um einen Steiltyp.

Die wahrscheinlichste Diagnose ist ein kompletter AV-Block (auch totaler AV-Block oder AV-Block Grad III). Ein schmaler QRS-Komplex tritt beim kompletten AV-Block eher seltener auf. Ein schmaler QRS-Komplex, der maximal 100 bis 120 Millisekunden lang ist, weist grundsätzlich darauf hin, dass das intrinsische Erregungsleitungssystem Teil der ventrikulären Erregungsausbreitung ist.

Im Fall des hier gezeigten kompletten AV-Blocks ist daher ein sogenannter hoher Ersatzrhythmus eingesprungen. Dieser Ersatzrhythmus kann seinen Ursprung zum Beispiel in inferioren Anteilen des AV-Knotens oder im His-Bündel haben. Da diese Konstellation eher seltener ist, sollte ein längerer Rhythmus-Streifen geschrieben werden, um die Differenzialdiagnose eines AV-Blocks zweiten Grades Typ Mobitz 1 zu erkennen.

Synkopen abklären

Die Diagnostik von Synkopen ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Nach aktueller Definition gilt ein kurzfristiger Bewusstseinsverlust mit kompletter anschließender Erholung als Synkope. Die gemeinsame pathophysiologische Endstrecke ist eine akute zerebrale Minderperfusion. Ab sechs Sekunden kann es bereits zur Bewusstseinstrübung kommen.

Synkopen werden in Abhängigkeit ihrer Pathophysiologie in drei unterschiedliche Klassen eingeteilt:

  1. Reflexsynkopen: Der Mechanismus ist eine parasympathische Überreaktion, die eine Bradykardie (Kardioinhibition) und/oder eine Vasodilatation hervorruft. Für Reflexsynkopen gibt es typische Auslöser, die psychogener (etwa Klaustrophobie) oder zum Teil auch somatischer Natur (zum Beispiel Schmerzen) sein können. Klinisch kommt es vor der Synkope in der Regel zu Symptomen wie aufsteigendes Hitzegefühl, Kaltschweißigkeit und Herzrasen, was als Prodromi zusammengefasst wird. Reflexsynkopen sind häufig und treten vor allem bei jungen, gesunden Personen auf.
  2. Orthostatische Synkopen: Hier spielt vor allem Physik und mangelnder peripherer Gefäßtonus eine Rolle. Durch die Schwerkraft fließt beim aufrecht stehenden Menschen das Blut von den oberen in die unteren Körperregionen. Bietet das Gefäßsystem insbesondere der unteren Extremitäten nicht genug Widerstand, fließt insgesamt zu wenig Blut zurück.
  3. Kardiogene Synkopen: Die Ursachen sind vielfältig. Es werden alle Zustände zusammengefasst, bei denen die kardiale Auswurfleistung zu gering ist. Häufige Ursachen sind Herzrhythmusstörungen, sowohl Bradykardien als auch Tachykardien.

Neben einer ausführlichen Anamnese und einem Orthostase-Test gehört das 12-Kanal-EKG daher bei Synkopen zur Standarddiagnostik. Ein Orthostase-Test, zum Beispiel nach Schellong, wird nur empfohlen, wenn der Patient kreislaufstabil ist und die Lösung nicht schon im EKG zu finden ist. In dem hier dargestellten Fall erklärt das EKG die Symptome vollständig.

AV-Block Grad III – was tun?

Ist eine Synkope eindeutig mit einem akuten AV-Block Grad III assoziiert, sprechen wir von einem Adams-Stokes-Anfall. In der Regel wird eine Bewusstlosigkeit durch Pausen des Herzschlags ab fünf bis zehn Sekunden hervorgerufen. Aber auch plötzlich einsetzende Herzrhythmusstörungen ohne Herzkreislaufstillstand können aufgrund der akuten und starken Reduktion der Herzleistung Synkopen verursachen.

Ein kompletter AV-Block wird immer als medizinischer Notfall behandelt. Sobald möglich sollte eine Monitorüberwachung, der Anschluss eines Defibrillators mit Möglichkeit zur externen Stimulation und die Verlegung auf eine Intensivstation erfolgen.

Eine externe Stimulation ist in der Regel sehr schmerzhaft, sodass normalerweise eine Sedierung notwendig wird. Auf der Intensivstation kann durch eine intravenöse Therapie mit Katecholaminen die Herzfrequenz gesteigert werden. Reicht das nicht aus, muss eventuell ein passagerer Schrittmacher über die Jugular- oder Femoralvene eingeschwemmt werden, bis die Implantation eines Herzschrittmachers als definitive Therapie erfolgt.

Mögliche Ursachen

Bei jedem höhergradigen AV-Block mit Synkope stellt der akute Myokardinfarkt eine mögliche Ursache dar. Liegt ein ventrikulärer Ersatzrhythmus vor, ist die Erregungsrückbildung im EKG nur sehr eingeschränkt beurteilbar. Die kardialen Enzyme wie Troponin T oder I und die Kreatinkinase sind daher essenzieller Bestandteil der Primärdiagnostik.

Bei der Interpretation der Herzenzyme gilt zu bedenken, dass eine kreislaufrelevante Bradykardie oder Pause auch ohne Vorhandensein von Koronarstenosen eine Myokardschädigung auslösen können.

Die Klärung der Ätiologie des AV-Blocks erfolgt durch umfassende kardiologische Diagnostik. Die möglichen Ursachen sind vielseitig. Beispiele sind eine idiopathische altersbedingte Degeneration des Reizleitungssystems, strukturelle Herzerkrankungen wie ischämische, hypertensive, hypertrophe oder dilatative Kardiomyopathien und Klappenvitien sowie infektiologische oder genetische Ursachen.

Eine persistierende Borrelieninfektion ist typischer Auslöser eines AV-Blocks, der nach antibiotischer Therapie reversibel sein kann.

Neben einer spezifischen Anamnese umfasst die erweiterte Diagnostik eine transthorakale Echokardiografie und eine Beurteilung der Koronardurchblutung. Hierfür stehen entweder nichtinvasive Verfahren wie Koronar-CT und Kardio-MRT oder die invasive Koronarangiografie zur Verfügung.

Ist beispielsweise die rechte Koronararterie (RCA) proximal verschlossen, kann die von der RCA abgehende AV-Knoten-Arterie mit betroffen sein.

Nach Wiederherstellung eines ausreichenden koronaren Flusses kann der AV-Block reversibel sein. Tatsächlich hat der infarktbedingte AV-Block eine gute Prognose, wenn eine zeitnahe Versorgung durch den Herzkatheter erfolgt. In diesem Fall kann mit der Implantation eines permanenten Herzschrittmachers noch abgewartet werden.

*Die Fälle der Serie werden teilweise aus akademischen Gründen etwas abgewandelt.

Quelle: Glikson M et al. 2021 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy. Eur Heart J. 2021 Sep 14;42(35):3427-3520.

Interessenkonflikte: Der Autor ist Gründer und Geschäftsführer der Doctopia GmbH.

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