Berlin. Bestimmte Varianten der Omikron-Sublinie BA.5 werden laut Robert Koch-Institut (RKI) zunehmend in Deutschland nachgewiesen. Seit Ende August/Anfang September verzeichne man einen deutlichen Anstieg des Anteils der Erreger BQ.1 und BQ.1.1 in Stichproben, heißt es im RKI-Wochenbericht von Donnerstagabend.
Dabei geht es bisher um Anstiege auf niedrigem Niveau: BQ.1 kommt auf gut zwei Prozent, BQ.1.1 auf knapp drei. Laut RKI nimmt mit BF.7 noch eine weitere BA.5-Sublinie stärker zu, und zwar auf einen Anteil von über 16 Prozent.
Aber: “Die RKI-Daten hängen der tatsächlichen Entwicklung hinterher. Der Anteil derzeit liegt unseren Berechnungen zufolge bei circa sechs Prozent für BQ.1 und bei sieben Prozent für BQ.1.1”, sagte Professor Moritz Gerstung vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg der dpa. Er forscht dort zur Evolution von Tumorzellen und widmet sich Sars-CoV-2 in einem Nebenprojekt. Für BQ.1.1 spricht er von einer Verdopplung des Anteils alle zehn Tage, dies werde sich sehr wahrscheinlich in den nächsten Wochen auch so fortsetzen.
Die europäische Seuchenbehörde ECDC hatte kürzlich vor BQ.1 und deren Abkömmling BQ.1.1 gewarnt: Diese Erreger ließen wahrscheinlich in der nächsten Zeit die Fallzahlen weiter steigen. Bereits bis Mitte November/Anfang Dezember könnten sie laut ECDC vorherrschend werden.
Welche Folgen werden erwartet?
Vorläufige Laborstudien in Asien deuteten darauf hin, dass BQ.1 sich der Immunreaktion stark entziehen kann, hieß es vom ECDC. Allerdings gebe es bisher keine Hinweise auf schwerere Verläufe im Vergleich zu BA.4 und BA.5.
BQ.1.1 habe im Vergleich zu BQ.1 eine bestimmte Mutation, die zu zusätzlicher Immunflucht führe, teilte Professor Richard Neher von der Universität Basel auf Anfrage mit. “Mehr Menschen könnten sich wieder infizieren, aber wie bei den früheren Omikron-Wellen sollte es nicht zu einer erhöhten Krankheitsschwere kommen”, fügt Professor Carsten Watzl von der Deutschen Gesellschaft für Immunologie hinzu. “Auch wenn BQ.1.1 eine gewisse Immunflucht hat, es kann der Immunität nie ganz entkommen.”
Wie gut sind Geimpfte und Genesene geschützt?
Auch Neher hält eher das Potenzial hoher Fallzahlen für relevant und nicht so sehr die Schwere der individuellen Fälle. Wer mit den ursprünglichen Corona-Impfstoffen geimpft sei oder eine Infektion mit Varianten vor Omikron durchgemacht habe, sei vor einer Ansteckung mit BQ.1.1 noch schlechter geschützt als vor einer Infektion mit BA.5, so Watzl.
Die meisten Antikörper würden nicht mehr an das Spike-Protein von BQ.1.1 binden. Bei Menschen mit einem der neuen angepassten Booster oder Omikron-Durchbruchinfektion – idealerweise BA.5 – erwartet der Immunologe aber einen “gewissen Schutz”.
Auch wenn die Namen anders klingen: BQ.1 und BQ.1.1 stammen von der Virusvariante BA.5 ab. “Aber man hat sich darauf geeinigt, dass es nicht mehr als drei Zahlen hinter dem Buchstaben geben soll. Daher wurde der Buchstabe von BA nach BQ geändert”, erläutert Watzl.
dpa/red