Gutachter- und SchlichtungsstellenZahl der Behandlungsfehler sinkt weiter

2017 haben Patienten wieder etwas weniger Behandlungsfehler an die Gutachter- und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft gemeldet. Die meisten betreffen orthopädische Eingriffe, Hausärzte liegen allerdings im ambulanten Bereich an zweiter Stelle.

Berlin. Die Zahl der Behandlungsfehler in Krankenhäusern und Praxen in Deutschland ist nach Daten der Bundesärztekammer (BÄK) in 2017 erneut leicht zurückgegangen. Festgestellt wurden Fehler in 2.213 Fällen nach 2.245 Fällen im Jahr zuvor, teilte die BÄK am Mittwoch (4. April) in Berlin mit. Ursache für einen Gesundheitsschaden waren solche Fehler oder Mängel in der Risikoaufklärung demnach in 1.783 Fällen – nach 1.845 im Jahr 2016. Angesichts von einer Milliarde Arztkontakten in den Praxen pro Jahr und 19,5 Millionen Behandlungsfällen in den Krankenhäusern liege die Zahl der festgestellten Fehler im “Promillebereich”, sagte Dr. Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der BÄK.

Die Zahl der Anträge hat mit 11.100 wieder das Niveau von 2011 erreicht. In 2012 lagen diese auf einem Höhepunkt (12.232), seitdem stellen von Jahr zu Jahr weniger Patienten Anträge. Insgesamt trafen die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft im vergangenen Jahr bundesweit 7.307 Entscheidungen zu mutmaßlichen Fehlern (2016: 7.639), von denen aber nur 1.783 auch begründet waren. In mehr als zwei Drittel der Fälle stellten die Kommissionen also keinen Behandungsfehler fest.

Hausärzte im ambulanten Bereich auf Platz 2

Lediglich ein Viertel der Fehler betraf niedergelassene Ärzte in Praxen und Medizinischen Versorgungszentren. Nach Unfallchirurgen und Orthopäden (486) liegen hier Allgemeinmediziner, hausärztlich tätige Internisten und praktische Ärzte mit 276 Fällen an zweiter Stelle.

Weiter am häufigsten beschwerten sich Patienten nach Behandlungen von Knie- und Hüftgelenksarthrosen sowie Brüchen von Unterschenkel und Sprunggelenk. In der ambulanten Versorgung wurden Fehler am häufigsten bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Brustkrebs, Karpaltunnelsyndrom, Unterarmfrakturen, Deformitäten an Zehen und Fingern sowie oberflächlichen Verletzungen und Rückenschmerzen festgestellt.

Am häufigsten unterliefen niedergelassenen Ärzten Fehler bei der Diagnostik mit bildgebenden Verfahren (144) sowie bei Anamnese und körperlicher Untersuchung (100). 

Neben der Ärzteschaft gehen auch die Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) Behandlungsfehlern nach. Im Jahr 2016 erstellten sie rund 15.000 Gutachten, in knapp jedem vierten Fall wurden Fehler bestätigt. Wie viele Patienten sich direkt an Gerichte, Anwälte oder Versicherungen wenden, ist unbekannt.

Aktionsbündnis: Zahlen sagen nichts über Patientensicherheit aus

Mehr Patienten als nötig werden aus Sicht des Aktionsbündnisses Patientensicherheit in Deutschland Opfer ärztlicher Behandlungsfehler. “Es gibt zu viele Fälle, und es gibt Instrumente dagegen, die wir anwenden können”, sagte der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Hardy Müller, am Mittwochmorgen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er betonte, dass die BÄK-Statistik keine Auskunft über den Stand der Patientensicherheit in Deutschland gebe. Die Zahlen zeigten vielmehr, in welchen Fällen Patienten am ehesten einen Fehler vermuteten und nach welchen Behandlungen sie sich am häufigsten auch tatsächlich beschweren.

Wie viele Patienten sich direkt an Gerichte, Anwälte oder Versicherungen wenden, ist unbekannt. In der Vergangenheit schätzten die Ärzte die Zahl der Beschwerden auf 40.000 pro Jahr insgesamt. Vermeidbare Fehler und Probleme bei Behandlungen gebe es aber weit öfter, sagte Müller. Schätzungen zufolge endeten rund 0,1 Prozent der Behandlungen in einem Krankenhaus vermeidbar tödlich. Das entspricht rund 20.000 Todesfällen.

Das sei eine weit größere Zahl als die offiziell – etwa von Gerichten – festgestellten vermeidbaren Todesfälle durch Behandlungsfehler. Wichtig sei, dass alle Beteiligten die Sicherheitskultur weiterentwickeln und Fehler vermeiden. Ein Streit über Zahlen helfe da nicht weiter, mahnte Müller.

Fehlerberichtssysteme nutzen

Ärzte ergriffen bereits viele Maßnahmen, um Fehlern vorzubeugen oder aus ihnen zu lernen, machte Crusius in Berlin deutlich. Dazu zählten etwa Qualitätszirkel, Peer-Reviews oder Konsile. Aber auch die Fortbildungspflicht für Ärzte und Quliatätsmanagementsysteme in Praxen tragen dazu bei. Zudem gibt es Fehlerberichts- und Lernsysteme, für die hausärztliche Versorgung zum Beispiel “Jeder Fehler zählt”. In einer Serie in “Der Hausarzt” stellt das Institut für Allgemeinmedizin der Uni Frankfurt anonym berichtete Fälle vor und was man aus ihnen für die eigene Hausarztpraxis lernen kann.

An die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern können Patienten kostenfrei einen formlosen Antrag stellen. Dies sei ein “patientenfreundlicher” und “sehr niedrigschwelliger” Zugang, lobte Rechtsanwalt Uwe Brocks bei der Vorstellung der Fehlerstatistik in Berlin. Die Anträge prüfen dann dafür qualifizierte Fachgutachter und Juristen, ob der Vorwurf gerechtfertigt ist. Die Stellen “vermitteln eine fachliche Expertise, die äußerst hochwertig ist und ihrem Nioveau nach den von einem gericht eingesetzten Gutachtern entspricht, gelegentlich sogar höher ist”, sagte Brocks.

Die Verfahren seien relativ schnell und Patienten bekämen ein Votum, das einen Fehler feststellt oder verneint. Ein Schadenersatz wird allerdings nicht festgestellt. Bundesweit gibt es acht Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen.

Quelle: dpa

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