Die Ständige Impfkomission (STIKO) plädiert mitten in der laufenden Influenza-Saison, künftig die quadrivalenten Impfstoffe einzusetzen. Das teilte die Kommission am Mittwoch (29.11.) in Berlin in Form eines Vorabberichts mit. Offiziell soll die Empfehlung ab Mitte Januar gelten. Doch der Zeitpunkt der Veröffentlichung sorgt für Unruhe.
Aus wissenschaftlicher Sicht seien die tetravalenten gegenüber den trivalenten Vakzinen zu bevorzugen, erklärte das Robert-Koch-Institut (RKI) auf Anfrage von “Der Hausarzt”. An den bekannten Impfindikationen hat sich nichts geändert.
Ob diese Vierfachimpfstoffe jetzt auch dezidierte Kassenleistung werden, muss Anfang kommenden Jahres noch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entscheiden. Auch die wissenschaftliche Begründung der (neuen) Evidenzlage ist noch nicht publiziert.
In der aktuellen STIKO-Empfehlung vom August 2017 werden tri- und quadrivalente Impfstoffe noch gleichrangig genannt. Für die Schutzimpfung werden bisher üblicherweise trivalente Influenzaimpfstoffe eingesetzt. Die Vierfachimpfungen kamen erst 2013 auf den Markt.
Bislang konnten die Expertenkommissionen keine Vorteile gegenüber den Dreifach-Grippeimpfstoffen feststellen. Zudem hatten in der Vergangenheit viele Krankenkassen Rabattverträge für trivalente Vakzine abgeschlossen. Diese gelten teils immer noch, jedoch dürfen die Kassen keine neuen Vereinbarungen abschließen.
Für die laufende Saision auf der Nordhalbkugel hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO Anfang 2017 folgende Antigenkombinationen für trivalente Influenzaimpfstoffe empfohlen:
- A/Michigan/45/2015 (H1N1)pdm09-like
- A/Hong Kong/4801/2014 (H3N2)-like
- B/Brisbane/60/2008-like
Für quadrivalente Impfstoffe sollte zusätzlich enthalten sein:
- B/Phuket/3073/2013-like
Der in der Dreifachimpfung enthaltende B-Virus stammt von der sogenannten Victoria-Linie, der 2013er Phuket-Stamm von der Yamagata-Linie. Nach Angaben der WHO vom 27. November dominiert unter den Influenza-B-Viren derzeit allerdings deutlich die Yamagata-Linie (fast 80 Prozent). B-Stämme werdem in der Regel in gut einem Drittel aller Influenzaproben nachgewiesen.
Auch die europäische Seuchenkontrollbehörde ECDC in Stockholm verzeichnet einen höheren Yamagata-Anteil. Bis Mitte November machten diese Stämme fast alle Influenza-B-Nachweise aus (93,5 Prozent kumulativ in den Kalenderwochen 40 bis 47). Die trivalenten Impfstoffe könnten deshalb nur einen eng begrenzten Influenzaschutz bieten.
Allerdings betont das RKI, dass diese Anteile national deutlich unterschiedlich ausfällen können. So lagt der gesamte Influenza-B-Anteil in der vergangenen Saison unter zehn Prozent aller Proben.
Die neue STIKO-Empfehlung soll nach RKI-Angaben Anfang Januar offiziell veröffentlicht werden. Dann muss der G-BA entscheiden, ob er seine Schutzimpfungsrichtlinie erneut anpasst. Zuletzt hat das Gremium die Richtlinie am 17. November anhand der STIKO-Empfehlungen von August angepasst. Die Änderungen sind noch nicht in Kraft getreten.
Bisher hat der G-BA darauf verzichtet, in der Richtlinie explizit Impfstoffe zu nennen und schlicht auf die STIKO-Empfehlungen verwiesen. Vertragsärzte, die bekanntlich an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden sind, müssen deswegen auch etwaige Rabattverträge beachten. Zudem haben die Kassenärztlichen Vereinigungen bisher darauf hingewiesen, dass trivalente Vakzinen die “wirtschaftliche Alternative” wären.
STIKO-Vorabinformation vom 29.11.2017: http://hausarzt.link/lLue1