Debatte um Stickoxid-GrenzwerteFrischer Wind aus beiden Lagern

Die Grenzwert-Kritiker erhalten Zulauf. Spitzenpolitiker von CDU und CSU sowie der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie plädierten am Wochenende dafür, die Grenzwerte zu überdenken. Deren Befürworter halten dagegen.

Stickoxid-Belastung: Die Grenzwert-Messung soll überprüft werden

Die Debatte, ob die den Fahrverboten zugrunde liegenden Grenzwerte zu hoch angesetzt sind, hat am Wochenende weitere Nahrung erhalten. Während CSU-Chef Markus Söder und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CDU)sowie Bernhardt Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Zweifel an der Richtigkeit der Grenzwerte äußerten, warnte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) davor, Fakten zu verdrehen und die Bürger zu verunsichern. Auch der EU-Umweltkommissar sieht keinen Grund an der Validität der Daten zu zweifeln. Rückendeckung gab es auch aus dem Lager der Lungenärzte.

Innovation statt Verbote

In Bayern werde das Landesamt eine Expertise erstellen, welche der Experten in der aktuellen Diskussion wirklich Recht hätten, sagte der bayerische Ministerpräsident am Montag nach einer Sitzung des CSU-Vorstandes in München. „Es braucht eine Klärung, ob die Messwerte, die wir haben, belastend sind oder nicht.“ Im Blick hat Söder dabei wirtschaftliche Interessen. Verbotsdebatten schadeten dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Das gelte auch für ein im Raum stehendes Tempolimit auf Autobahnen. Söder setzt dagegen auf Innovationskraft. Es brauche neue Ideen: „Wir brauchen Technologieführerschaft und nicht eine reine Grenzwert- und Messdiskussion“, so der CSU-Politiker.

Gedanken, die der Präsident des Automobilverbandes, Bernhardt Mattes, ähnlich äußerte. Zu einer guten Regulierung gehöre, Gesetze und ihre Anwendung immer wieder zu hinterfragen, so Mattes gegenüber dem „Handelsblatt“. Es sei richtig, dass in Deutschland eine intensive Debatte über die Angemessenheit der Fahrverbote geführt würde. Er sei überzeugt, dass es „intelligentere“ Lösungen gibt. Die bessere Option besteht für Mattes in der anhaltenden Bestandserneuerung, sprich in der Etablierung von Neuwagen mit umweltfreundlicheren Motoren wie dem Euro-6- Diesel.

Reine Atemluft ist nicht alles

Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer forderte nach Angaben der Deutschen Presseagentur (dpa) in München das Messverfahren und die „Logik der Grenzwerte“ zu hinterfragen. Die Bürger spürten Einschränkungen, daher bräuchten die Grenzwerte eine valide Grundlage und dürften nicht „Pi mal Daumen“ festgesetzt werden. Es äußerte Kritik an dem Diktum der Gesundheitsaspekte „Luftqualität ist Lebensqualität“, so Scheuer, „aber zu einer Lebensqualität gehört auch eine gute Mobilität“, sagte Scheuer.

Grenzwerte sind empirisch abgesichert

Das Umweltbundesministerium hält dagegen an den bisherigen Höchstgrenzen fest. „Grenzwerte sind eine gesellschaftliche Garantie für saubere Luft“, sagte Umweltministerin Schulze. Sie sehe keinen Anlass, das abzuschwächen. Schulze kritisierte den angestoßenen Diskurs. Die Debatte trage nicht zur Versachlichung bei, viele Fakten seien „in den letzten Tagen verdreht“ worden.

Auch die EU-Kommission, die Deutschland 2018 wegen Grenzwertüberschreitungen beim EuGH verklagt hatte (Aktenzeichen C-635/18), steht klar hinter den festgelegten Grenzwerten. Zwar sei eine Überprüfung der Richtlinie angestoßen worden und man bleibe „immer offen für neue Erkenntnisse“, wie ein Sprecher der Kommission auf Anfrage der dpa mitteilte. Dennoch basiere die EU-Grenzwert-Regelung auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen. Und die „ bestehenden Regeln bedeuten, dass bei einer Überschreitung der Grenzwerte dringendes Handeln zur Verbesserung der Luftqualität und zum Schutz der Gesundheit der Bürger geboten sind“, so der Kommissions-Sprecher.

Pneumologen wundern sich

Rückhalt erfährt die Kommission vom Groß der Lungenärzte. Laut Onlineumfrage des Pneumologen-Verbandes (BdP) sehen mehr als drei Viertel in Stickoxiden einen Marker für schlechte Luft, der stellvertretend auch für die übrigen, oft wesentlich gefährlicheren Schadstoffe stehe.

Eine Diskussion über die Methodik von Studien dürfe nicht zur Bagatellisierung der Auswirkungen von Luftverschmutzung führen, so der BdP.

Vielmehr müsse die umstrittene Beweislage zu verbesserten Beweisen führen. Jeder müsse ein Recht auf möglichst schadstoffarme Luft haben – schließlich sei ein freiwilliger Verzicht anders als etwa bei Zigaretten nicht möglich. Es sei „verstörend“, dass nicht alle Ärzte eindeutig für saubere Luft für Patienten und Gesunde einträten.

Mit Material von dpa

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