Berlin. Ständig chatten, posten und liken: Rund 100.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland sind nach einer repräsentativen Studie der Krankenkasse DAK und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) süchtig nach sozialen Medien. Für die Untersuchung ließ die Kasse 1.001 Jungen und Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren von Meinungsforschern befragen und rechnete die Ergebnisse auf die Bundesrepublik hoch. Das erläuterte DAK-Vorstandschef Andreas Storm am Donnerstag (1. März) bei der Präsentation der Studie in Berlin.
„Die Ergebnisse sind alarmierend”, betonte er. In der Studie zeigten 2,6 Prozent der Teenager ein Suchtverhalten nach sozialen Medien. Folgen sind nach Angaben der Forscher unter anderem Schlafmangel, Realitätsflucht und ein erhöhtes Risiko für Depressionen.
Ausgewählte Ergebnisse der Studie:
- Was heißt Social-Media-Sucht? Zu den Kriterien zählen die Forscher des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kinder- und Jugendalters ein ständiges Denken an Freunde-Netzwerke oder Messenger-Dienste im Internet. Dazu kommen Entzugserscheinungen wie Gereiztheit, Unruhe oder Traurigkeit, wenn das Handy oder andere Empfangsgeräte nicht in der Nähe sind. Unter Kontrollverlust verstehen die Wissenschaftler, dass Teenager unfähig sind, ihre Zeit für soziale Medien selbst zu begrenzen.
- Faktor Zeit: Die große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen (85 Prozent) ist laut Studie jeden Tag insgesamt knapp drei Stunden in sozialen Medien unterwegs – Mädchen mit 182 Minuten etwas häufiger als Jungen (151 Minuten). Abiturienten verbringen etwas weniger Zeit online (149 Minuten) als Teenager mit mittlerem oder niedrigerem Schulabschluss (207 Minuten). Am häufigsten nutzen die Befragten WhatsApp (66 Prozent), vor Instagram (14 Prozent), Snapchat (9 Prozent) und Facebook (2 Prozent).
- Psychische Probleme: Unter allen befragten Teenagern ergaben sich durch die Antworten für Forscher bei acht Prozent Hinweise auf eine depressive Neigung. Auffällig war, dass jeder dritte Betroffene mit eher depressiver Stimmung auch zu einer problematischen Nutzung sozialer Medien neigte.
Problem mit dem Hausarzt besprechen
Der Hausarzt kann beim Erkennen des problematischen Verhaltens, aber auch zur Orientierung durch die verschiedenen Hilfsangebote ein wichtiger Lotse sein. „Wenn die Entscheidung getroffen ist, mit einem professionellen Helfer über die Probleme im Zusammenhang mit dem Internet-/Computergebrauch zu sprechen, sollte jemand aufgesucht werden, der leicht und ohne längere Anmeldezeit erreichbar ist”, heißt es in der Studie. An erster Stelle wird dabei der Hausarzt oder die Hausärztin genannt.
Die Symptome einer Internetsucht zu kennen und aufmerksam zu beobachten, könne dabei helfen, frühzeitig erste Anzeichen für die Diagnose Internetsucht zu entdecken, erklärt die Kasse. Doch der Übergang von einem normalen Nutzungsverhalten hin zu einer suchtgetriebenen Aktivität tritt meist schleichend ein und ist nur schwer zu erkennen.
Helfen kann etwa der Selbsttest „Bin ich internetsüchtig?”, entwickelt vom Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ).Die DAK-Gesundheit schaltet zudem gemeinsam mit den Suchtexperten des UKE in Kürze eine kostenlose Hotline und einen Experten-Chat für Betroffene und Angehörige, aber auch für Ärzte, die Fragen zu dem Thema haben.
Quelle: dpa